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Winfried Bausback (CSU), Justizminister in Bayern, spricht im Plenum des Bundesrats.

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Werbeverbot für Abtreibungen: Bundesrat uneins bei Paragraf 219a

Wo endet reine Information? Wo beginnt Werbung? Dieser Frage hat sich heute der Bundesrat gewidmet: Einige Länder fordern die Abschaffung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche, Bayern hält dagegen. Von Achim Wendler

Die "taz" aus Berlin widmet dem Paragrafen 219a des Strafgesetzbuches heute eine ganze Seite: Drei Ärzte berichten von Anzeigen und Ermittlungen, denen sie sich ausgesetzt sehen, wegen "Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche.

Die Berichterstattung kommt dem Berliner Justizsenator wie gerufen. Dirk Behrendt von den Grünen warb im Bundesrat dafür, das Werbeverbot zu kippen. Wie dringlich das sei, zeigten die Schilderungen der drei Ärzte in der "taz". Es gebe inzwischen eine "breite gesellschaftliche Unterstützung" für die Abschaffung.

Neben Berlin fordern das im Bundesrat die Länder Hamburg, Thüringen, Bremen und Brandenburg. Ihr wichtigstes Argument: Der Paragraf 219a stelle in Wirklichkeit nicht nur Werbung unter Strafe, sondern auch sachliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche. Ärzte dürften aber nicht kriminalisiert werden, sagte Berlins Senator Behrendt.

Ihm sprang die Thüringer Gesundheitsministerin Heike Werner von den Linken bei. Der Paragraf 219a sei nicht nur für Ärzte ein Problem, sondern auch für Schwangere:

"Wir sind der Auffassung, dass eine sachliche Information über Ärztinnen und Ärzte, an die sich Frauen in entsprechenden Konfliktsituationen wenden können, nichts mit Werbung in einem anpreisenden Sinne zu tun hat." Heike Werner, Gesundheitsministerin Thüringen

Bausback gegen Änderung von Paragraf 219a

Dagegen hielt der bayerische Justizminister Winfried Bausback. Dem CSU-Politiker zufolge ist 219a tatsächlich ein Werbe-, aber kein Informationsverbot:

"Paragraf 219a schränkt eine neutrale, von Erwerbsinteressen unabhängige Information in keiner Weise ein." Winfried Bausback, Justizminister Bayern

Bausback wiederholte im Bundesrat eine Sorge, die viele Unionspolitiker hegen: Die Änderung des Werbeverbots würde die Axt an das gesamte Regelwerk zu Schwangerschaftsabbrüchen legen. Dieses Regelwerk ist im Paragrafen 218 enthalten. Er ist Ergebnis eines jahrelangen gesellschaftlichen und politischen Ringens. Sein Prinzip sei, so Bausback, der Schutz des ungeborenen Lebens durch Beratung. Dieses Prinzip sieht der bayerische Minister nun in Gefahr. Durch Werbung könnte "der Wille zum Schwangerschaftswerbung bestärkt oder überhaupt erst hervorgerufen werden". Deshalb dürfe der Paragraf nicht aufgehoben werden.

Kompromissvorschlag der Bundesminister nicht in Sicht

Entschieden hat der Bundesrat nicht. Der Gesetzentwurf wird im Rechtsausschuss weiter diskutiert. Ohnehin richten sich die größeren Erwartungen in diesem Streit an die Bundesregierung. Kanzlerin Angela Merkel hatte den Sozialdemokraten versprochen, ihre Minister würden einen Kompromissvorschlag zum Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche erarbeiten. Der jüngste Versuch dazu scheiterte am Mittwoch: Nach der Kabinettssitzung trafen sich die zuständigen Bundesminister ohne Ergebnis. Es sei "schwierig", Union und SPD lägen "deutlich auseinander", sagt ein Sprecher der federführenden SPD-Justizministerin Katarina Barley.

Noch drängt die Zeit zwar nicht. Aber im Herbst endet eine Frist des SPD-Vorstands. Dann wollen die Sozialdemokraten notfalls aus der Koalition ausscheren und den ungeliebten Paragraf 219a mit Abgeordneten anderer Fraktionen ändern. Unionsabgeordneten ärgern sich über diese Fristsetzung, verweisen aber auf die Regierung.

Begonnen hat die ganze Debatte mit dem Urteil gegen die Gießener Frauenärztin Kristina Hänel im November. Sie hatte Informationen zu Abtreibungen auf ihre Internetseite gestellt und soll eine Geldbuße zahlen.