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Kinder springen auf einer Hüpfburg und heben sich dabei als Schatten vom Himmel ab.

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Was das neue Milliardenpaket der GroKo für Familien bringt

Noch vor der Sommerpause hat das Bundeskabinett ein Paket geschnürt, das Familien ab 2019 mehr Geld bringen wird. Das sind die Einzelheiten. Von Judith Grindl

Das heute geschnürte "Familienentlastungspaket" soll beispielsweise Familien mit einem Bruttojahresgehalt von 60.000 Euro ab nächstem Jahr um rund 9 Prozent entlasten, das bedeutet für sie: circa 250 Euro mehr, die sie zur Verfügung haben. Die gesamte Entlastungssumme liegt bei 9,8 Milliarden Euro.

Das ist konkret geplant:

  • Kindergeld steigt

Es wird ab 1. Juli 2019 um 10 Euro pro Monat und pro Kind erhöht. Die Erhöhung erfolgt automatisch und unabhängig vom Einkommen der Eltern. Für das erste Kind gibt es dann 204 Euro, für das dritte 210 und für jedes weitere Kind 235 Euro (alles pro Monat).

  • Steuerliche Entlastungen beim Kinderfreibetrag und Erhöhung des Grundfreibetrags

Damit das erhöhte Kindergeld auch wirklich im Geldbeutel spürbar wird, muss auch der Kinderfreibetrag entsprechend angehoben werden. Das ist der Beitrag, der bei der Besteuerung nicht mitzählt, also freigestellt wird. Er wird stufenweise angehoben: Für 2019 und 2020 um je 192 Euro auf dann 7.812 Euro insgesamt.

Damit einher geht auch eine Erhöhung des Grundfreibetrags: Er soll um 132 Euro erhöht werden. Für 2020 ist eine weitere Anhebung vorgesehen, so dass der Freibetrag bei 9.408 Euro liegt.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) spricht von einem wichtigen Schritt zur Stärkung der Familien: 

"Die Erhöhung des Kindergeldes und des steuerlichen Kinderfreibetrages und die beschlossenen steuerlichen Entlastungen helfen vielen Familien ganz konkret im Portmonee. Daran werden wir in unserer Arbeit anknüpfen."

Franziska Giffey, Bundesfamilienministerin

  • Kinderzuschlag wird erhöht

Diese dritte Maßnahme soll armen Familien zugute kommen, in dem der Kinderzuschlag erhöht und vereinfacht werden soll. Den Kinderzuschlag bekommen Eltern mit geringem Einkommen, damit die Familie nicht in Hartz IV rutscht. Zusammen mit dem Kindergeld soll er dann das "sächliche Existenzminimum" in Höhe von 399 Euro absichern, also das Geld, das "cash" nach Abzug aller Steuern für das Kind vorhanden ist- Bisher war es ziemlich kompliziert, ihn zu beantragen, das soll jetzt vereinfacht werden.

Enttäuschung bei Sozialverbänden

Die Sozialverbände sind von diesem Familienentlastungspaket eher enttäuscht. Der Sprecher des Deutschen Kinderhilfswerks, Uwe Kamp moniert, dass Kinder, deren Eltern Hartz IV bekommen, nicht berücksichtigt werden:

"Diese Kinder haben nichts von dem Paket. Da das erhöhte Kindergeld dann wieder voll auf den Regelsatz angerechnet wird." Uwe Kamp, Deutsches Kinderhilfswerk

Auch Karin Jurczyk, Familienforscherin am Deutschen Jugendinstitut, ist enttäuscht, nicht nur von dem heute geschnürten Paket:

"Die neue Ministerin, die eigentlich für die Bekämpfung der Kinderarmut steht, bleibt bei der Umsetzung der im Koalitionsvertrag angekündigten Ziele verhalten." Karin Jurczyk, Deutsches Jugendinstitut

Eine extra Unterstützung: Baukindergeld

Nicht im Paket enthalten, sondern in einem anderen "Topf" steckt die Maßnahme des Baukindergeldes, vor allem der Union liegt viel an diesem Zuschuss.

Die Koalition will mit dem Geld Familien unter die Arme greifen, damit diese sich den Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen können. Für ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung soll es einen Zuschuss von 12.000 Euro in zehn Jahren pro Kind geben. Das zu versteuernde Einkommen muss bei 75.000 Euro liegen, die Kinder müssen unter 18 sein und noch daheim wohnen.

Die zwischenzeitlich angedachte Begrenzung auf eine bestimmte Quadratmeterzahl ist zwar vom Tisch, aber das Baukindergeld wird zeitlich befristet, rückwirkend vom 1. Januar 2018 bis Ende 2020. Der Grund für die Befristung: Es ist nicht mehr Geld da. Es wären 3,8 Milliarden Euro für den Bedarf nötig, zur Verfügung stehen aber nur zwei Milliarden Euro.

Familien, die in München und anderen teuren Städten wohnen, hilft das neue Baukindergeld wohl kaum. In München zahlt man beispielsweise bei einem Kaufpreis von 700.000 Euro eine Grunderwerbssteuer von 24.500 Euro. Das ist schon mehr als das Baukindergeld für zwei Kinder.

FDP und Grüne kritisieren Baukindergeld

Die FDP ist der Ansicht, man sollte eher bei der Grunderwerbssteuer ansetzen. Der Vorsitzende der Bayern-FDP Daniel Föst spricht von einer Milliardenverschwendung.

"Das Baukindergeld ist ein Rohrkrepierer: teuer, uneffektiv, ungerecht. Jetzt wurde solange daran rumgedoktert, bis es zu einem der absurdesten GroKo-Projekte überhaupt wurde. Wenn die Koalition es wirklich ernst meinen, brauchen wir zuerst einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer." Daniel Föst, Vorsitzender Bayern-FDP

Auch für die Fraktionsvorsitzende der Grünen Katrin Göring-Eckardt sieht das Baukindergeld nicht ausreichend: Es sei eine unsinnige und teure Subvention. "Einer Familie, die kaum die Miete aufbringen kann, wird auch ein Baukindergeld nichts nützen."

Sobald das Baukindergeld in Gesetzesform gegossen ist - man rechnet im Herbst damit - können Familien ihren Antrag auf Zuschuss bei der KfW-Förderbank stellen.

Komplizierte Förderangebote

Auch der Zugang zu staatlichen Leistungen wird kritisiert. Denn in Deutschland ist die Beantragung von familienpolitischen Zuschüssen kompliziert. Eltern müssen die unterschiedlichen Förderungen erst einmal kennen und dann bei unterschiedlichen Stellen beantragen. Karin Jurczyk vom Deutschen Jugendinstitut fordert deshalb eine Bündelung von Kindergeld, Kinderzuschlag, SGBII-Regelsatz für Kinder und weiterer staatlicher Leistungen:

"Viele Menschen haben keinen Überblick über Fördermöglichkeiten und die Antragsformulare sind kompliziert. Für die, die in Not sind - sei es, weil sie arm oder weniger gebildet sind, oder weil sie als Alleinerziehende unter Zeitdruck stehen, - ist das deutsche System der Familienförderung schwer durchschaubar." Karin Jurczyk, Deutsches Jugendinstitut