Krise in Venezuela

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Venezuelas Opposition erhält Sacharow-Preis

Das EU-Parlament verleiht heute den Sacharow-Preis für geistige Freiheit. Preisträger ist dieses Jahr die demokratische Opposition in Venezuela. Mit der Verleihung will die EU ein politisches Signal der Unterstützung setzen. Von Stephan Lina

Präsident Nicolas Maduro will im kommenden Jahr große Teile der Opposition von der Präsidentschaftswahl ausschließen. Kritische Beobachter sprechen von einer Farce, Venezuelas Präsident Nicolas Maduro von einem Triumph: Am Wochenende verzeichnete seine Partei bei den Kommunalwahlen in dem südamerikanischen Land einen deutlichen Erfolg. Allerdings hatten die wichtigsten Oppositionsparteien das Votum boykottiert. Damit zeichnet sich der nächste Konflikt ab.

Opposition darf nicht an Wahl teilnehmen

Denn nach Einschätzung der Maduro-treuen Verfassungsgebenden Versammlung, die vor einigen Monaten de facto das gewählte Parlament ersetzt hat, dürfen die Oppositionellen im kommenden Jahr nicht an den angekündigten Präsidentschaftswahlen teilnehmen, so der Präsident im Staatsfernsehen.

"Sie haben sich heute verabschiedet. Denn wer heute nicht teilgenommen hat, der kann auch im kommenden Jahr nicht an den Wahlen teilnehmen. Das sind die Regeln. Und als Staatschef unterstütze ich diese Regeln. Deswegen werden sie nicht teilnehmen. Sie werden von der politischen Landkarte verschwinden." Nicolas Maduro, Präsident Venezuela

Opposition ohne Strategie

Aus Sicht von politischen Beobachtern fehlt der Opposition in Venezuela derzeit eine klare Strategie. So war im Vorfeld durchaus umstritten, ob man auf kommunaler Ebene gegen Gefolgsleute Maduros antreten sollte. Dessen Sympathiewerte sind in weiten Teilen der Bevölkerung am Boden. Das ölreiche Land ist herabgewirtschaftet, es fehlt vielen Menschen am Nötigsten. Die Regierungspartei macht dafür auch die Opposition verantwortlich. Diese sei eine Art verlängerter Arm Washingtons.

"Es ist eine Schande, wie sich die Opposition von der US-Regierung unter Donald Trump behandeln lässt. Das sind doch bezahlte Lakaien. Erst jetzt haben sie wieder eine Million Dollar erhalten. Dann sagen sie, sie kommen in die dominikanische Republik zum Verhandeln. Aber direkt mit mir verhandeln wollen sie auch nicht." Nicolas Maduro, Präsident Venezuela

So ist offen, ob es in den kommenden Tagen und Wochen zu den angekündigten Gesprächen kommt. Die Verleihung des Sacharow-Preises könnte der Opposition noch einmal Rückenwind geben. Viele Venezolaner hoffen, dass die Auszeichnung auch dazu motiviert, interne Grabenkämpfe zu beenden. Ihre Heimat brauche Einigkeit, sagen auch Intellektuelle wie der Star-Dirigent Gustavo Dudamel.

"Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr ich mit meinem Land leide. Wir erleben dort – um in der Sprache der Musik zu bleiben – Lärm, eine Kakophonie. Und eigentlich bräuchten wir für unsere Zukunft Harmonie." Gustavo Dudamel, Star-Dirigent

Davon aber ist Venezuela nach wie vor weit entfernt. Mit Sorge beobachten Hilfsorganisationen, wie sich Infrastruktur und medizinische Versorgung immer weiter verschlechtern, während der politische Widerstand teilweise mit Waffengewalt unterdrückt wird. So waren zum Beispiel jugendliche Demonstranten in den Augen der Regierung Maduro keine Fürsprecher für mehr Freiheit und Demokratie, sondern Terroristen.

"Wir wollen dass diese Regierung verschwindet. Wir wollen Arbeit. Wir wollen, dass wir mit unseren Abschlüssen etwas anfangen können. Wir sind doch keine Terroristen. Wir sind alle Studenten." Studenten in Venezuela

Das EU-Parlament hofft, mit der Verleihung des Sacharow-Preises die demokratischen Kräfte in Venezuela zu stärken. Zumindest als Symbol dürfte die Auszeichnung auch bei der Regierung des Landes verstanden werden.