Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)
Bildrechte: picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Enttäuschung nach ausgebliebener Kampfpanzer-Entscheidung

Deutschland liefert noch keine Kampfpanzer an die Ukraine – und gibt auch den Partnern keine Erlaubnis, ihre Leopard-2 Kiew zu Verfügung zu stellen. Die Enttäuschung ist groß, auch in Berlin. FDP-Politikerin Strack-Zimmermann spricht von Versagen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Seit Monaten wird über die Unterstützung der Ukraine mit schweren Kampfpanzern diskutiert. In Deutschland geht es dabei um den "Leopard 2", in den USA um den "Abrams" - auch als "M1" bezeichnet.Doch auch bei dem hochrangig besetzten Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz ist am Freitag keine Entscheidung zur Lieferung deutscher Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine gefallen. Politiker aus der Ampel-Koalition und der Union zeigten sich enttäuscht.

  • Zum Artikel: Leopard 2: Was kann er, wer liefert?

Strack-Zimmermann: "Deutschland hat leider gerade versagt"

"Zumindest wäre ein Signal richtig gewesen, den Partnern schon mal grünes Licht zu geben", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann im ZDF-"heute journal". "Die Geschichte schaut auf uns, und Deutschland hat leider gerade versagt", so Strack-Zimmermann.

Die Kommunikation insbesondere von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in dieser Frage sei eine "Katastrophe", denn einerseits unterstütze Deutschland die Ukraine massiv, durch die ausbleibende Entscheidung bei den Kampfpanzern entstehe aber ein anderer Eindruck.

Kiesewetter: Ergebnis ist eine Isolierung

Die Union befürchtet nun einen schweren außenpolitischen Schaden. "Deutschland hat der Ukraine und sich selbst für die künftige Position einen Bärendienst erwiesen", sagte der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter der "Augsburger Allgemeinen".

"Das Ergebnis des Ramstein-Treffens ist für Deutschland leider eine weitere Isolierung." CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter

Es mache ihn zudem sprachlos, dass erst der neue Verteidigungsminister eine Bestandsaufnahme der verfügbaren Leopard 1 und 2 in Bundeswehr- und Industriebeständen in Auftrag gegeben habe. "Es ist peinlich und erschreckend, dass Deutschland dies knapp ein Jahr nach Kriegsbeginn offenbar erst einfällt."

Mützenich: "Gemeinsam heißt: auch und vor allem mit den USA"

Auch die deutschen Grünen im Europaparlament äußerten sich kritisch: "Bundeskanzler Scholz vergrätzt mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber europäischen Initiativen zur Lieferung von Leopard-Panzern unsere europäischen Partner", sagte der Sprecher der deutschen Gruppe, Rasmus Andresen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich betonte, es sei bei dem Thema wichtig, im Gleichklang mit den USA zu handeln. "Es kommt darauf an, dass wir wichtige Schritte immer gemeinsam gehen", sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Gemeinsam heißt: auch und vor allem mit den USA. Die Lieferung von Kampfpanzern ist so ein Schritt."

Deutscher Bestand an Leopard-Panzern wird geprüft

Das Treffen von Vertretern der Nato-Staaten und anderer Unterstützerländer der Ukraine war mit Spannung erwartet worden. Zuvor war der Druck auf Deutschland gewachsen, der Ukraine Leopard-2-Kampfpanzer zu liefern oder zumindest anderen Ländern eine Lieferung der Panzer an Kiew zu ermöglichen. Doch der neue Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) teilte nach dem Treffen in Ramstein mit, es gebe hinsichtlich einer Lieferung bei den Ukraine-Unterstützerstaaten "kein einheitliches Meinungsbild".

Pistorius betonte allerdings, der Eindruck, es gebe "eine geschlossene Koalition und Deutschland steht im Weg, ist falsch". Die Bundesregierung werde eine Entscheidung über den Leopard in Abstimmung mit den Partnern "so bald wie möglich" fällen. Um auf ein mögliches grünes Licht für Leopard-Panzer vorbereitet zu sein, gab Pistorius nach eigenen Angaben am Freitagmorgen seinem Ministerium den Auftrag, den Bestand verschiedener Typen des Leopard bei der Bundeswehr und in der Industrie zu prüfen.

Lob dafür bekommt er von dem Vorsitzenden der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe, Robin Wagener (Grüne): "Dass der neue Verteidigungsminister endlich eine Inventur vornimmt, um zu prüfen, was wir weiter liefern können, ist ein später aber richtiger Schritt", teilte er mit. "Ich gehe davon aus, dass Deutschland auf dieser Grundlage schnell seinen Impuls zur abgestimmten Lieferung von Kampfpanzern geben wird."

Leopard-2-Kampfpanzer - Deutschland steht unter Druck

In den Beratungen steht Deutschland unter Druck, Leopard-Kampfpanzer zu liefern oder zumindest der Lieferung durch andere Staaten zuzustimmen. Die USA hatten es zuletzt abgelehnt, der Ukraine Abrams-Kampfpanzer aus eigener Produktion zu liefern, weil deren Wartung teuer und kompliziert sei.

  • Zum Artikel: Leopard 2 oder Abrams-Panzer: Auf den Nachschub kommt es an

Polen hat der Ukraine 14 Kampfpanzer vom Typ Leopard zugesagt unter der Bedingung, dass andere Länder auch solche Panzer bereitstellen. Blaszczak sagte, 15 Länder, die über den Panzer deutscher Produktion verfügen, hätten das Thema erörtert. Als Produktionsland nimmt Deutschland eine Schlüsselrolle ein. Jede Weitergabe der Panzer an die Ukraine durch andere Länder muss von der Bundesregierung genehmigt werden.

Selenskyj: "Es gibt keine Alternative"

Nach der Ukraine-Konferenz will Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew weiter für eine rasche Lieferung von deutschen Leopard-2-Panzern an sein Land kämpfen. Er habe bei den Gesprächen viel Verständnis für die Erfordernisse der von Russland angegriffenen Ukraine gehört, sagte Selenskyj. "Ja, wir werden noch kämpfen müssen um die Lieferung moderner Panzer, aber mit jedem Tag machen wir es noch offenkundiger, dass es keine Alternative gibt zu der Entscheidung für Panzer."

US-Verteidigungsminister: "Deutschland zuverlässiger Verbündeter"

Die ungelöste Leopard-Frage überschattete neue Zusagen der Verbündeten an die Ukraine. Pistorius kündigte etwa ein "Frühjahrspaket" im Umfang von einer Milliarde Euro an, wodurch der Gesamtumfang der deutschen Militärhilfe seit Beginn des Kriegs auf 3,3 Milliarden Euro steige.

Die Bundesregierung habe bereits viel beigetragen zur Unterstützung der Ukraine, lobte sein US-Kollege Austin. Deutschland sei "ein zuverlässiger Verbündeter. Das sind sie schon seit sehr, sehr langer Zeit", sagte Austin. Auf die Frage, ob Deutschland seiner Führungsrolle in Europa angesichts der Zögerlichkeit bei den Panzern gerecht werde, sagte Austin: "Ja, aber wir können alle mehr tun."

  • Zum Artikel: Kreml droht: Westliche Panzer in der Ukraine werden "brennen"
Interview mit dem Militärexperten Gustav Gressel zur Rolle von deutschen Leopard-2-Panzern in der Ukraine
Bildrechte: BR
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Interview mit dem Militärexperten Gustav Gressel zur Rolle von deutschen Leopard-2-Panzern in der Ukraine

So unterstützen die Verbündeten die Ukraine - ein Überblick

Seit beinahe einem Jahr dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine an. Kiew hat zuletzt immer wieder betont, es brauche mehr Militärhilfe, um gegen Russland bestehen zu können. Anlässlich des Treffens der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe haben zahlreiche Länder neue Waffenpakete geschnürt. Ein Überblick:

  • USA: Die Vereinigten Staaten haben weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Umfang von 2,5 Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro) angekündigt. Zum jüngsten Hilfspaket gehören laut US-Verteidigungsministerium zwar keine Kampfpanzer, aber weitere 59 Panzer vom Typ Bradley, 90 gepanzerte Fahrzeuge vom Typ Stryker, Luftabwehrsysteme vom Typ Avenger sowie tausende Schuss Munition. Mit diesem Paket belaufen sich die Militärhilfen des Landes für Kiew seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar vergangenen Jahres auf insgesamt mehr als 26,7 Milliarden Dollar.
  • Großbritannien: Nur wenige Tage nach der Ankündigung, schwere Kampfpanzer vom Typ Challenger 2 an die Ukraine zu liefern, hat London bei der Militärhilfe für Kiew noch einmal nachgelegt. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace kündigte an, 600 Raketen vom Typ Brimstone an die Ukraine zu senden. Dabei handelt es sich um Luft-Boden-Raketen, die für den Einsatz gegen gepanzerte Fahrzeuge und Panzer gedacht sind.
  • Deutschland: Die Bundesregierung hat der Ukraine Anfang Januar die Lieferung von 40 Marder-Schützenpanzern sowie eine Patriot-Flugabwehrraketenbatterie zugesagt. Zudem sollen laut Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bis Februar sieben weiter Flak-Panzer vom Typ Gepard geliefert werden, so dass die Ukraine dann über 37 dieser Panzer verfügt. In den kommenden Wochen sollen außerdem weitere Lenkflugkörper der Variante Iris-T SLM geliefert werden, im Frühjahr dann ein weiteres Iris-T SLM Gesamtsystem. Die deutsche Unterstützung seit Beginn des russischen Angriffskrieges Ende Februar beläuft sich demnach auf 3,3 Milliarden Euro. Bestimmt wird die Debatte aber von der Forderung aus dem In- und Ausland, Kiew auch mit dem Kampfpanzer Leopard 2 zu versorgen oder zumindest verbündeten Ländern zu erlauben, die Panzer deutscher Herstellung zu liefern.
  • Frankreich: Paris will leichte Kampfpanzer vom Typ AMX-10 RC in die Ukraine schicken. Wann und wie viele der leichter als schwere Kampfpanzer zu manövrierenden Fahrzeuge geliefert werden sollen, bleibt jedoch unklar.
  • Kanada: Kanada gibt der Ukraine 200 gepanzerte Mannschaftstransportwagen. Die Lieferung ist Teil eines im November angekündigten Militärhilfspakets im Wert von umgerechnet etwa 343 Millionen Euro. Insgesamt hat Kanada Militärhilfen im Wert von 920 Millionen Euro an Kiew zugesagt, darunter gepanzerte Fahrzeuge, Haubitzen, Winterkleidung, Kameradrohnen und Munition.
  • Schweden: Schweden will der Ukraine das Artilleriesystem Archer zur Verfügung stellen. Wie viele der Haubitzensysteme geliefert werden sollen, blieb zunächst unklar. Schweden plant laut Regierungschef Ulf Kristersson zudem, der Ukraine 50 Schützenpanzer vom Typ CV-90 und NLAW-Panzerabwehrwaffen zu schicken. Schweden rückt mit den geplanten Lieferungen von seiner Haltung ab, keine Waffen an ein Land zu liefern, das sich im Krieg befindet.
  • Niederlande: Die Niederlande schließt sich nach eigenen Angaben einem "Kooperationsprojekt mit den USA und Deutschland" über die gemeinsame Lieferung von Patriot-Flugabwehrsystemen an die Ukraine an. Es geht demnach um zwei Raketenwerfer und um Raketen. Die Niederlande kündigten zudem an, die Verantwortung für die Ausbildung ukrainischer Soldaten zu übernehmen und 100 aus Tschechien gekaufte Fahrzeuge bereitzustellen, die mit Flugabwehrkanonen ausgerüstet sind.
  • Dänemark: Dänemark spendet nach eigenen Angaben 19 Caesar-Haubitzen französischer Herstellung an die Ukraine. Kiew habe die Artillerie trotz gewisser technischer Herausforderungen angefragt, hieß es vom dänischen Verteidigungsministerium. Allerdings sind bisher erst einige der Haubitzen aus Frankreich an Kopenhagen geliefert worden.
  • Finnland: Helsinki hat Kiew weitere Militärhilfe im Wert von 400 Millionen Euro zugesagt. Darin sind nach Angaben des finnischen Verteidigungsministers Mikko Savola schwere Artillerie und Munition enthalten. Es ist die bisher größte Lieferung aus Finnland in die Ukraine. Die vorhergehenden Zusagen hatten einen Gesamtwert von 190 Millionen Euro.
  • Estland: Unter den zuletzt zugesagten Rüstungsgütern im Gesamtwert von etwa 113 Millionen Euro sind laut estnischer Regierung Panzerabwehr-Waffen sowie Munition. Mit dem Paket steige die estnische Militärhilfe für die Ukraine auf 370 Millionen Euro "oder etwas mehr als ein Prozent von Estlands Bruttoinlandsprodukt", hieß es.
Leopard-Kampfpanzer
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Csaba Krizsan
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Pistorius: Prüfen Leopard-Panzer-Bestände für mögliche Lieferung

Mit Informationen von AFP und dpa

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!