Ariane Kari (r), erste Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung und Cem Özdemir (Grüne), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft
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Ariane Kari (r), erste Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung und Cem Özdemir (Grüne), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft

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Tierschutzbeauftragte des Bundes – Lob und Kritik für neues Amt

Ariane Kari ist die Tierschutzbeauftragte der Bundesregierung – die erste überhaupt. Noch bevor ihre Arbeit beginnt, ist klar: Es wird herausfordernd. Das neue Amt ist Union und Landwirten ein Dorn im Auge, Tierschützern geht es nicht weit genug.

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Bereits zu ihrem Amtsantritt als Tierschutzbeauftragte ist Ariane Kari mittendrin im Spannungsverhältnis von Landwirtschaft, Tierhaltung und Verbrauchern. Vor der Presse wirkt die gebürtige Baden-Württembergerin nervös, liest ihr Ziel von einem Zettel ab: "Ich will den Tieren in der Bundespolitik eine Stimme geben." Ihr Amt solle ein Versprechen der Koalitionsvereinbarung einlösen, den Tierschutz weiter zu stärken, so Bundesagrarminister Cem Özdemir von den Grünen. Erstmals tauchte der Tierschutz vor 20 Jahren im Grundgesetz auf, seitdem habe sich einiges getan, Tiere seien Mitgeschöpfe, so der Minister: "Tierschutz ist kein Nischenthema mehr."

Und Ariane Kari – gelernte Tierärztin, die bisher stellvertretende Landestierschutzbeauftragte in Baden-Württemberg war – ist jetzt dafür zuständig: Künftig wird sie politisch und fachlich unabhängig arbeiten, nicht nur Landwirtschaftsminister Özdemir, sondern die gesamte Bundesregierung beraten sowie im Austausch mit bundes- und landesweit tätigen Tierschutz- und Tierhalterorganisationen stehen.

Tierschutzbeauftragte: "Wissen schützt Tiere"

Bei ihrer Amtseinführung machte sie klar, was ihr wichtig ist: Der Öffentlichkeit mehr Wissen über tierische Bedürfnisse und Tierschutz vermitteln. Denn: "Wissen schützt Tiere", so Ariane Kari, die einiges auf ihrer To-Do-Liste notiert hat: eine Jahrestagung für im Tierschutzrecht arbeitende Tierärzte und Juristen organisieren, ein Verbandsklagerecht auf Bundesebene anstreben, damit NGOs mit besseren Rechten ausgestattet sind, sowie rechtliche Rahmenbedingungen für die Haus- und Nutztierhaltung schaffen. Wie viel Geld ihre Vorhaben sowie ihr Amt kosten – darüber wird geschwiegen. Nur so viel: Die neue Tierschutzbeauftragte arbeitet im Team mit vier weiteren Mitarbeitenden.

Union und Landwirte finden neuen Posten überflüssig

Das neue Amt stößt beim agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Albert Stegemann, auf Kritik. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er: "Unsere landwirtschaftlichen Tierhalter brauchen keine neue kostspielige Stelle in der Bundesregierung, die ihnen reinredet." Auch der Deutsche Bauernverband hält das Amt für "nicht erforderlich", wie es auf BR24-Anfrage heißt. Es gebe bereits eine Tierschutzkommission. Anstelle des neuen Amtes wäre aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes "eine stärkere Unterstützung und Förderung der Umstellung auf höhere Tierwohlstandards notwendig".

Auch Josef Hackl, Landwirt im Bayerischen Wald, äußerte sich im BR24-Gespräch skeptisch: Er selbst betreibt eine Landwirtschaft mit 30 Kühen und macht sich Sorgen vor "überzogenen Gesetzen, die ausschließlich das Tierwohl im Blick haben, nicht aber die Sicht der Landwirte, die davon leben". Ihn treiben Existenz- und Nachfolgesorgen um, ebenso Verbraucher, "die schärfere Vorschriften letztlich an der Kasse nicht honorieren", so der Landwirt.

Tierschützer setzen Hoffnung in neues Amt

Ganz anders sehen das Tierschützer – sie begrüßen den Amtsantritt der Bundestierschutzbeauftragten: "Damit bekommt der Tierschutz die dringend benötigte unabhängige Stimme im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft", so Rüdiger Jürgensen aus der Geschäftsleitung der Tierschutzorganisation "Vier Pfoten". Es sei gut, dass die Bundesregierung ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlöse und dieses wichtige Amt besetze.

Auch Ilona Wojahn, Präsidentin des Landesverbands Bayern des Deutschen Tierschutzbundes, setzt große Hoffnung in Ariane Kari, wie sie im BR24-Gespräch sagte: "Wir haben die Hoffnung, dass sie sich verstärkt für Gesetzesveränderungen einsetzt, dass das Tierschutzgesetz bearbeitet wird." Wojahn würde sich aber wünschen, dass es in jedem Bundesland Tierschutzbeauftragte als Ansprechpartner direkt vor Ort gebe. Mit dem Posten von Kari sei jedoch ein erster, richtiger Schritt unternommen worden, "der lange überfällig war".

Tierschutzbeauftragte: Mehr Tierwohl, bessere Entlohnung

Ariane Kari – die selbst niemals Pelz tragen würde und in deren Teich Goldfische schwimmen – will sich jetzt erst einmal einen Überblick verschaffen, ihr Team aufbauen, sich mit Zuständigen austauschen. Sie wünscht sich, dass sich Verbraucher mithilfe ihrer Arbeit für Produkte entscheiden, die den Tieren zugutekommen – und letztlich Landwirte, "die den Schritt zu mehr Tierwohl wagen, auch besser entlohnt werden".

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