Junges, küssendes Paar

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Schwedisches Sexualstrafrecht soll verschärft werden

Schweden will per Gesetz festlegen, dass man künftig aktiv um Erlaubnis für Geschlechtsverkehr bitten muss. Sonst droht eine Verurteilung wegen Vergewaltigung. Von Carsten Schmiester

Seit #MeToo ist Schweden irgendwie nicht mehr cool, nicht mehr ruhig oder gelassen, also so, wie man und frau das Land eigentlich kennt. Und es scheint auch nicht mehr so sehr von sich überzeugt zu sein.

Neuer Gesetzentwurf war schon lange in der Schublade

Was helfen die angeblich einzig feministische Regierung der Welt und das immer wieder gepredigte Gleichheitsgebot der Geschlechter, wenn Tausende Schwedinnen im Zuge der #MeToo-Kampagne öffentlich über sexuelle Belästigung und sexuellen Missbrauch berichten? Erst gestern hat die Polizei in Malmö die Aufforderung an Frauen, sie möchten nach der Vergewaltigung einer 17jährigen im Stadtzentrum nachts nicht mehr alleine auf die Straßen gehen, zurückgezogen. Wohl aus Angst, die aktuell extrem gereizte Stimmung im Land weiter anzuheizen, Wut und Verunsicherung zu schüren. Oder auf Druck der Politik? Die ist nämlich selbst unter Druck geraten und reagiert mit einem angeblich schon lange vorbereiteten Gesetzentwurf zur Verschärfung des Sexualstrafrechts.

"Dies ist ein historischer Gesetzesvorschlag, der immer die Zustimmung beider Sexualpartner einfordert. Er regelt das, was eigentlich selbstverständlich ist,  dass Sex freiwillig sein sollte. Ist er es nicht, dann ist er strafbar." Stefan Löfven, Chef der rot-grünen Minderheitsregierung

Zustimmung aller Beteiligten erforderlich

Das Gesetz soll noch vor der Wahl im Herbst vom Reichstag verabschiedet werden und möglichst zum 1. Juli in Kraft treten. Sex wäre dann nur nach der ausdrücklichen Zustimmung aller Beteiligten erlaubt. Bisher wird erst im Fall nachgewiesener Androhung oder Anwendung körperlicher Gewalt etwa in Sachen Vergewaltigung verurteilt. Auch das Strafmaß soll zum Sommer erhöht werden. Mindestens fünf statt bisher vier Jahre Haft zum Beispiel für schwere Vergewaltigung.

"Alle Mädchen und Frauen, die sexueller Belästigung oder Gewalt ausgesetzt sind, sollen wissen, dass wir kompromisslos gegenüber Sexualverbrechen sind. Die Gesellschaft steht auf eurer Seite."
Stefan Löfven, Chef der rot-grünen Minderheitsregierung

Die Schweden stehen dem positiv gegenüber

Das sagen auch die Parteien der bürgerlichen Opposition. Kritik kommt unter anderem von Rechtsexperten: Die schwedische Anwaltskammer spricht von politischem Populismus und bezweifelt, dass sich vor Gericht wirklich etwas ändern würde. Das Problem bei sexuellem Missbrauch sei und bleibe die Beweisführung. Wenn, dann könne ein schärferes Sexualstrafrecht allenfalls das öffentliche Bewusstsein schärfen und mehr als bisher zeigen, dass die Gesellschaft derlei Fehlverhalten und Straftaten nicht akzeptiert. So sehen das auch die meisten Schweden.

"Es klingt vernünftig, auch wenn es schwer wäre, vor Gericht etwas zu beweisen. Aber ich stehe absolut dahinter", so meint auch ein junger Mann aus Stockholm und er spricht für die Mehrheit seiner Landsleute. Nach einer Umfrage des schwedischen Radiosenders P3 haben sich etwa drei Viertel von gut 1.000 Befragten im Alter zwischen 18 und 29 Jahren positiv zur Gesetzesinitiative geäußert. Allerdings haben laut derselben Umfrage zwei Drittel Zweifel daran, dass damit die Zahl der Sexualverbrechen im Land verringert werden kann.