FPÖ-Parteichef Herbert Kickl
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FPÖ-Parteichef Herbert Kickl nannte die Identitären sogar 2021 eine "NGO von rechts".

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Österreich: Wie "identitär" ist die FPÖ?

Wie die AfD hat sich auch die FPÖ im Nachbarland Österreich radikalisiert. Dazu gehört ein Zusammenrücken mit sogenannten "Vorfeldorganisationen" wie der "Identitären Bewegung". Eine Analyse.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Bernhard Weidinger ist Rechtsextremismus-Forscher im Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands in Wien. Er beobachtet eine zunehmende Verschmelzung von Parteien und rechtsextremer Szene. Am offensichtlichsten sei das bei der Jugendorganisation der FPÖ, der Freiheitlichen Jugend. "Die inzwischen wirklich aussieht, spricht, handelt, wie die Identitären", so Weidinger. "Ich bin nicht mehr in der Lage, einen maßgeblichen Unterschied zu benennen."

Die Vernetzung findet auf Demos statt, in rechten Medien und bei persönlichen Treffen. Ein Ort für solche Treffen ist das sogenannte "Castell Aurora", ein Haus in Steyregg bei Linz, nahe der deutsch-österreichischen Grenze. Götz Kubitschek, der führende Stratege der extremen Neuen Rechten in Deutschland, hat hier schon Vorträge gehalten. Auch der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete Franz Schmid nahm hier schon an einer Diskussionsveranstaltung teil.

Vernetzung über Grenzen hinweg

Vor Ort werden die Veranstaltungen im "Castell Aurora" von der Bürgerinitiative "Steyregg ist bunt" protokolliert. In der Gegend gibt es ein breites Netz an aktiven Menschen, die den rechten Vernetzungstreffen etwas entgegensetzen. Dazu gehört Uwe Sailer, ein pensionierter Kriminalbeamter aus Linz. Er hat sich in seiner Polizei-Laufbahn intensiv mit rechten und rechtsextremen Umtrieben in Österreich auseinandergesetzt. Das "Castell Aurora" hat ihm zufolge ein Einzugsgebiet von der Schweiz bis Ungarn, über Deutschland und Österreich. "Und das ist eine Vermischung von rechtsextremem Gedankengut, von AfD-Politikern, von FPÖ-Politikern und von Burschenschaften."

Kickl: Identitäre sind "NGO von rechts"

Die Neue Rechte bekommt mehr Zugang zur parlamentarischen Rechten als die alte Rechte, die neonazistische Szene. FPÖ-Parteichef Herbert Kickl nannte die Identitären sogar 2021 eine "NGO von rechts". Die schwindende Abgrenzung durch die Parteien dürfte auch damit zu tun haben, dass die Identitären nach Einschätzung von Expert:innen die Grenzen des Legalen ganz genau kennen und darauf achten, diese nicht zu überschreiten. Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl nennt als Beispiel den Umgang mit dem Holocaust: "Neonazis werden es noch immer leugnen. Die 'Neue Rechte' ist übergegangen zum Relativieren, bzw. schon zum Instrumentalisieren."

FPÖ trägt rechtsextreme Begriffe in die Parlamente

Der Umgang mit Sprache ist zentral. Vermeintlich harmlose Begrifflichkeiten wie "Remigration" werden umgedeutet und ventiliert, um die dahinterstehenden Konzepte in den Diskurs einzubringen. Zunehmend mit Erfolg: Rechtsextremismus-Forscher Bernhard Weidinger beobachtet, dass die FPÖ "die Rolle annimmt, die ihr von der außerparlamentarischen extremen Rechten zugedacht wird. Nämlich eben die als ein parlamentarischer Arm einer Gesamtbewegung, die sozusagen arbeitsteilig operiert." Der FPÖ kommt also die Aufgabe zu, Begriffe aus dem rechtsextremen Milieu in die Öffentlichkeit und die Parlamente zu tragen.

Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl beobachtet, dass die ständigen Tabubrüche der Partei Menschen nicht mehr abschrecken: "Dann ist man halt rechtsextrem, aber Hauptsache, man ist dagegen. Weil das dagegen so viel wichtiger ist als alles andere." Die FPÖ etwa ist in Österreich so erfolgreich wie lange nicht mehr. Zuletzt schaffte sie es in mehrere Landesregierungen. Im Herbst wird außerdem ein neuer Nationalrat gewählt, also das Parlament auf Bundesebene. Die Umfragen für die Wahl führt die FPÖ seit Monaten an, mit rund 30 Prozent.

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