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Tausende Menschen protestieren in Barcelona für die Unabhängigkeit Kataloniens

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Puigdemont will Entscheidung nicht hinnehmen

Der katalanische Regional-Regierungschef Puigdemont will seine angestoßene Entmachtung nicht hinnehmen. Neben anderen Zwangsmaßnahmen soll er selbst abgesetzt werden. Aus Protest gingen Hunderttausende in Barcelona auf die Straße. Von Marc Dugge

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Drei Wochen nach dem umstrittenen Referendum in Katalonien will Spaniens Ministerpräsident Rajoy jetzt hart gegen die Regionalregierung vorgehen. Dort sorgt das bei vielen Menschen für Empörung. Lange hat Mariano Rajoy gezögert, ob er gegen die katalanische Regierung vorgehen soll. Das Zögern ist spätestens seit diesem Wochenende vorbei, der Geduldsfaden endgültig gerissen. "Keine Regierung, in keinem demokratischen Land auf der Welt, kann zulassen, dass das Gesetz verletzt, ignoriert oder einfach umgeschrieben wird", rechtfertigt Rajoy seine Entscheidung.

Rajoy macht jetzt Ernst: Er will den Artikel 155 der spanischen Verfassung  aktivieren. Und damit die Regierung Kataloniens entmachten. Die dortige Verwaltung will er unter die Aufsicht seiner Zentralregierung stellen, das Parlament in Barcelona seinen Rechten beschneiden. Alles vorübergehend, versteht sich. Und er will Neuwahlen in Katalonien – und zwar möglichst schnell.

Proteste in Barcelona gegen Rajoys Entscheidung

Den Zehntausenden Demonstranten, die nach Barcelona gekommen sind, ist nicht nach Ruhe zumute. Als ein Polizeihubschrauber über sie fliegt, pfeift die Menge. Viele strecken dem Helikopter den ausgestreckten Mittelfinger entgegen.

Es sind keine Autonomen, die hier die Polizei auspfeifen, die den Journalisten "Lügenpresse" in die Kamera brüllen. Es sind Familienväter und Hausfrauen, Junge und Alte. Viele sind von außerhalb gekommen, aus den Dörfern und Vorstädten. Sie fordern die Freilassung von zwei Separatistenführern, die in Madrid in Untersuchungshaft sitzen.

Die Konsequenzen einer Autonomie

Rund zweihundert Meter weiter, an der Plaza Catalunya, ist gemütlicher Samstagnachmittag angesagt. Reporter gibt es hier kaum, dafür umso mehr Touristen in Straßencafés. Luis aus Barcelona hat sich Zeit für seinen Sohn Samuel genommen. Von der Demonstration hält er sich fern.

"Das ist doch absurd, diese Unabhängigkeit! Die Separatisten haben die Menschen überhaupt nicht informiert. Sie haben ihnen nicht gesagt, dass wir aus der EU ausscheiden werden, welches Geld wir haben werden, wer ihnen die Pensionen bezahlt. Nichts."Luis

Der spanische Senat muss Rajoys Wunschliste jetzt diskutieren und dann beschließen. Am Freitag soll es soweit sein. Die Katalanen rief Rajoy dazu auf, gelassen zu bleiben und Ruhe zu bewahren.

Carles Puigdemont kündigt Gegenmaßnahmen an

Puigdemont wies am späten Abend die Maßnahmen als "Putsch" sowie als "inakzeptablen Angriff auf die Demokratie" zurück. In einer TV-Ansprache beteuerte der Separatist, man werde "weiter kämpfen". Das Regionalparlament werde "eine Antwort" erarbeiten. Bei der Zurückweisung eines letzten Ultimatums aus Madrid hatte Puigdemont am Donnerstag gewarnt, die Anwendung von Zwangsmaßnahmen könne Katalonien zu einer Unabhängigkeitserklärung bewegen.