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Prostituiertengesetz nicht ausreichend

Das neue Prostituiertenschutzgesetz ist ein stumpfes Schwert. Experten wie Soni Unterreithmeier von der Hilfsorganisation Solwodi hatten im Verbund mit der Polizei auf eine strengere Neufassung hingearbeitet. Von Barbara Leinfelder

Die Expertin, die sich seit Jahren um Prostituierte kümmert, hatte im Verbund mit der Polizei auf eine strengere Neufassung hingearbeitet. "Doch leider wurden unsere Vorschläge nicht ausreichend berücksichtigt", so Soni Unterreithmeier im Gespräch mit dem BR.

Beratungsgespräch statt Pflichtuntersuchung

Soldwodi hatte regelmäßige Pflichtuntersuchungen beim örtlichen Gesundheitsamt angeregt, damit die Frauen im Bedarfsfall behandelt werden könnten. Doch stattdessen sieht das Gesetz nun lediglich Beratungsgespräche vor, in denen etwa auf die Kondompflicht in Bayern hingewiesen wird. Das sei immerhin ein Schritt dahin, dass die oft in totaler Isolation lebenden Frauen eine Anlaufstelle bei einer Behörde hätten, wo sie Hilfe suchen könnten.

"Viele der Frauen kommen aus den Armenhäusern Europas, sind noch sehr jung, kaum gebildet und wissen oft nicht, in welcher Stadt sie grade sind." Soni Unterreithmeier, Solwodi Augsburg

Unterreithmeier hatte daher auch eine Altersgrenze von 21 Jahren gefordert, doch das habe das neue Gesetz nicht berücksichtigt. Von der Neufassung des Prostitutionsgesetz sei sie deshalb "sehr enttäuscht", auch wenn Bordelle jetzt immerhin wieder stärker kontrolliert werden sollen. Das sei "eine gute Sache". Was ebenso wie vor fehle, sei eine verpflichtende Anmeldung der Frauen in ein Bundesregister. Die Frauen müssen sich lediglich in der jeweiligen Stadt anmelden, in der sie arbeiten. Eigentlich müssten sich bis zum 31.12.17 alle Liebesdamen anmelden, bislang "haben das aber nur wenige getan", weiß Unterreithmeier.

Zusammenarbeit mit Polizei ist gut

In Augsburg stammten 75 Prozent der Frauen aus Rumänien, über 1.500 Frauen sind laut Solwodi in Augsburg jährlich in der Prostitution tätig. Dass die Stadt oft als "Puff-Hauptstadt" gehandelt werde, sei leicht zu erklären, sagt Soni Unterreithmeier, auch wenn es paradox klinge: "Es gibt da viel Prostitution, wo die Polizei viel nachschaut und kontrolliert", die Augsburger Kripo mache einfach eine hervorragende Arbeit. Die Frauenrechtlerin bezeichnet die Zusammenarbeit mit der Augsburger Polizei als beispielhaft, Helfer aus anderen Städte würden "neidisch auf Augsburg" schauen.

Gerichtsprozess in Augsburg

Auch die Stadtverwaltung beteilige sich stark, der Stadtrat habe sich entschieden, etwa die aufsuchende Milieusozialarbeit zu unterstützen, wo Sozialarbeiterinnen die Prostituierten vor Ort besuchen und ihre Hilfe anbieten, denn "wir erleben das nicht, dass die Frauen selbstbestimmt arbeiten" so Soni Unterreithmeier von der Hilfsorganisation Solwodi in Augsburg. Vor dem Augsburger Amtsgericht findet heute ein Verfahren wegen schweren Menschenhandels Körperverletzung und Zuhälterei gegen einen Mann aus Rumänien statt. Der 31-Jährige soll eine Landsfrau misshandelt, bedroht und zur Prostitution gezwungen haben.