Gestapelte volle Bierkisten in einem Getränkemarkt.
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Zehn Euro Pfand pro Kasten Bier - das hatte der Chef der Augsburger Brauerei Riegele, Sebastian Priller, kürzlich gefordert. (Symbolbild)

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Pfandpreise: Wenn der Bierkasten plötzlich zehn Euro teurer ist

Bierbrauer klagen einerseits über fehlende leere Flaschen. Das Pfand wollen viele andererseits aber auch nicht erhöhen. Bis zu 25 Cent pro Flasche stehen zur Diskussion – und die stetig sinkende Mehrwegquote.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Seit Jahren ereilt Deutschland jährlich ein Hilferuf. Mit schöner Regelmäßigkeit, zwischen Mai und September, klagen die Bierbrauer über zu wenig Leergut. Fehlende leere Pfandflaschen, die nicht gereinigt und dann wieder neu mit Bier befüllt werden können. Spätestens im Herbst ebbt die Panik dann wieder ab, um im Jahr darauf wieder von neuem angefacht zu werden.

Auch derzeit wird in der Braubranche wieder kontrovers über eine Erhöhung des Pfands für Mehrweg-Glasflaschen diskutiert. Läppische acht Cent? Dafür, so scheint es, tragen immer weniger Biertrinker ihre leere Flasche zurück zum Pfandautomaten. Doch eine neue Glasflasche herzustellen, ist mittlerweile um ein Vielfaches teurer geworden, als sie wieder aufzufüllen.

  • Zum Artikel: Zehn Euro pro Kasten? Augsburger Brauer fordert höheres Pfand

Höheres Pfand? Schwierig für manche Brauerei

Auch wenn es sich komisch anhört: Ein erhöhtes Pfand auf die Bierflasche, bedeutet für die Brauereien erstmal einen Verlust. Zumindest für einen gewissen Zeitraum. Schließlich müsste – sofort mit der Umstellung – auch für "alte" Kisten und Flaschen, die bereits im Umlauf sind, mehr Pfand gezahlt werden. Allein bei einer Verdopplung des Pfands rechnet der Deutsche Brauerbund mit knapp 300 Millionen Euro, die von den Brauereien zunächst an Überbrückungskosten zurückgestellt werden müssten.

Würde, wie der Chef der Augsburger Brauerei Riegele, Sebastian Priller, kürzlich unter anderem in der "Augsburger Allgemeinen" gefordert hat, der Kasten Bier samt 20 Flaschen mit satten zehn Euro bepfandet, wäre der temporäre, finanzielle Mehraufwand schon mehr als dreimal so hoch. Großbrauereien wie Veltins haben da gleich müde abgewinkt.

Der Bayerische Brauerbund gibt sich immerhin etwas aufgeschlossener, auch wenn 25 Cent Pfand pro Bierflasche auch hier auf taube Ohren stoßen. "In den vergangenen Jahren war der Leidensdruck durch das objektiv zu niedrige Pfand nicht so hoch, dass die Branche bereit gewesen wäre, die Kosten und Schwierigkeiten einer Umstellung auf sich zu nehmen", sagt Hauptgeschäftsführer Lothar Ebbertz.

Teures Pfand als Anreiz?

Ob 15, 20 oder 25 Cent Pfand pro leerer Bierflasche überhaupt etwas bringen, stellt der Bundesverband gleich mit einer eigens in Auftrag gegebenen Umfrage wieder in Frage: Nur 22 Prozent würden demnach ihr Leergut schneller zurückbringen, heißt es da. Dass in der Praxis jedoch ein paar Cent mehr durchaus helfen können. die eigene Bequemlichkeit der Verbraucher zu überwinden, hat sich in den letzten Jahren durch die Schließung der letzten Lücken beim Pfand auf Einwegplastikflaschen und Dosen gezeigt.

Was viele Brauereien unbedingt vermeiden möchten: Dass der Bierpreis "gefühlt" (durch das höhere Pfand auf Kasten samt Flaschen) steigen könnte. Schließlich hat sich das Einkaufsverhalten der Biertrinker durchaus verändert. Immer mehr Menschen kaufen ihr Bier im Discounter und eben nicht mehr im Getränkemarkt. Dort gibt es nur Einweg-Verpackungen wie Dosen oder Einweg-Plastikflaschen. Das führt ebenfalls dazu, dass immer weniger Mehrweg-Glasflaschen im Umlauf sind, was dann die Beschaffungskosten für die Brauereien erhöht.

Ein Problem: Individuelles Flaschendesign

Lag die Mehrwegquote beim Bier über Jahre solide bei mehr als 80 Prozent, kam sie zuletzt (2020) nicht mehr über diese Marke. Vor allem Biermischgetränke werden zunehmend nicht mehr ganz so häufig in Pfandflaschen gekauft (77,2 Prozent). Dabei ist das Leergut beim Bier die wesentliche Stütze der ausgegebenen Mehrweglosung der vergangenen Bundesregierung geworden: Schon im Verpackungsgesetz von 2019 (VerpackG), wird ein Mehrwegziel von 70 Prozent für Getränkeverpackungen ausgerufen. Klang gut und vielversprechend.

Mittlerweile ist klar: Das ist reines Wunschdenken. Der Mineralwassermarkt ist durch Dumpingpreise zu fast zwei Dritteln in der Hand von Discountern wie Aldi oder Lidl. Auch hier wird Wasser nur in Einwegflaschen mit Pfand angeboten. Deshalb dümpelt gerade beim Mineralwasser die Mehrwegquote nur noch bei gut 38 Prozent dahin.

Die Bierbrauer machten sich wiederum, beispielsweise durch individuelle Flaschendesigns, selbst das Mehrwegleben schwer. Die allseits bekannte braune oder auch grüne Standard-Mehrwegflasche beim Bier kann in Poollösungen von allen Brauereien verwendet werden. Spezielle Flaschenkörper, die den hippen Charakter nur einer Marke unterstreichen sollen, sind dafür nicht geeignet. Im Bereich Bier, hieß es 2021 vom Bundesumweltministerium, habe deshalb auch die Politik lenkend eingegriffen: "Denn vier große Brauereien in Deutschland haben sich zusammengeschlossen, um eine gemeinsame Einheitsflasche zu nutzen. So müssen weniger Flaschen sortiert und über lange Strecken transportiert werden."

Ausblick: Leergutmangel auch 2024?

Die entscheidende Frage dürfte sein: Wie hoch ist der Leidensdruck der großen und vor allem kleinen Brauereien wirklich? Gestiegene Material- und Energiekosten bei der Produktion neuer Flaschen versus Ausfall durch nicht zurückgegebenes Leergut.

Schon jetzt stehen acht Cent Pfand für die Bierflasche in keinem Verhältnis mehr zum sonst üblichen Pfand von 15 Cent für Mehrwegflaschen aus Glas oder PET. Irgendwann werden die Brauereien sowieso das Pfand erhöhen müssen und Geld für eine Umstellung zurückstellen. Im Sommer 2023 wird es aber wohl wieder Alarm geben, weil es an Leergut in der Braubranche fehlt.

Audio: Augsburger Brauerei fordert höheres Pfand

Riegele-Chef Sebastian Priller mit leerem Bierkasten
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Riegele-Chef Sebastian Priller mit leerem Bierkasten

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