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Heinz-Christian Strache und Sebastian Kurz

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Österreich: Straches FPÖ ist am Ziel

Die neue Regierung in Österreich wird heute vereidigt. An der Seite des künftigen ÖVP-Kanzlers Sebastian Kurz haben die Rechtspopulisten um Heinz-Christian Strache ihr Ziel erreicht. Von Andrea Beer

Wenn Bundespräsident Van der Bellen in der Wiener Hofburg die neue Regierung vereidigt, dann ist die FPÖ am Ziel und mit ihr auch Parteichef Heinz-Christian Strache. Seit zwölf Jahren steht der 47-Jährige an der Spitze der Rechtspopulisten und hat nun den ersehnten Schritt in eine Regierung geschafft. An der Seite des künftigen ÖVP-Kanzlers Sebastian Kurz skizzierte Strache am Wochenende das künftige Regieren.

Gemäßigtere EU-Politik?

Man wolle nicht alles anders, aber vieles besser machen, so Strache, der nun zum blauen Vizekanzler aufsteigt. Bei der Vorstellung ihrer Regierungspläne bemühten sich sowohl der künftige Kanzler Sebastian Kurz also auch FPÖ-Chef Strache, die Vorbehalte gegen schwarz-blau zu entkräften. Etwa beim Thema Europakritik der FPÖ.

Mit dem bisherigen Außenminister Kurz wechselt die EU-Zuständigkeit zwar ins Kanzleramt. Im EU-Parlament sitzt die FPÖ aber weiter mit dem rechtsextremen Front National und anderen in der Fraktion "Europa der Nationen und Freiheit", ENF. Deren Mitglieder geißelten am Wochenende in Prag die EU als existenzielle Gefahr für Nationalstaaten. Und Front National Chefin Marine le Pen nannte die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich "eine sehr gute Nachricht für Europa". Die FPÖ reiste nicht nach Prag und deutete an, die ENF-Fraktion nach der Europawahl 2019 möglicherweise zu verlassen.

Proteste gegen FPÖ

Auch beim Ausbau direkter Demokratie ruderte die FPÖ vorerst zurück. Erst wenn 900.000 Wahlberechtigte ein Volksbegehren unterzeichnen, soll es eine Volksabstimmung geben und über einen EU-Austritt darf nicht abgestimmt werden. Die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP verliefen in guter Atmosphäre, betonte Parteichef Strache immer wieder und auch Beobachter bewerteten sie als professionell.

Der Wiener Musikpädagoge Gerald Specht bedauert, dass die Rechten in der Gesellschaft normaler geworden sind. Er war auch vor 17 Jahren unter den Protestlern, als ÖVP und FPÖ das erste Mal zusammen regierten. Von 2000 bis 2006 unter dem ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel.

Auch für heute haben mehrere Organisationen zu Protesten aufgerufen. Auch Alexander Pollack von SOS Mitmensch wird mitlaufen. Österreich sei eine gefestigte Demokratie, die nicht so schnell wanke, ist sich Pollack sicher. Ihn stört vor allem, dass fast die Hälfte der FPÖ-Nationalratsabgeordneten Burschenschafter sind, deren Verbindungen von Experten teilweise als rechtsextrem eingestuft werden.

Machtfülle in sensbilem Bereich

Die Proteste gegen schwarz-blau werden aber keine Minister verhindern. Sechs von dreizehn Ressort gehen an die FPÖ, darunter Schlüsselressorts wie das Außen-, Verteidigungs- und Innenministerium. Dieses Ressort bekommt Herbert Kickl. Parteistratege, bisher FPÖ-Generalsekretär und früher offen antisemitischer Redenschreiber von Jörg Haider. Auch das Verteidigungsministerium wird blau und dass beide Posten an Freiheitliche gehen, sorgt für Kritik an einer Machtfülle in einem sensiblen Bereich. Ganz grundsätzlich bedürfe es mehr Machtverteilung, meint der Politanalyst Peter Filzmaier.

Die FPÖ sei bisher eine Dagegen-Partei gewesen. Aber vieles müsse man nun abwarten, sagt der ausgewiesene FPÖ-Kenner und langjährige Kritiker der Rechtspopulisten Anton Pelinka.

Kritik an Asyl- und Integrationspolitik

Nicht nur die FPÖ-Wählerinnen und -Wähler, auch die Zivilgesellschaft wird die schwarz-blaue Regierung kritisch begleiten – sei es bei der angekündigten Deliberalisierung des Arbeitsmarkts, der Digitalisierung oder der Asyl- und Integrationspolitik. Doch die Freiheitliche Partei Österreichs wird als Regierungspartei heute vereidigt und ist damit erst einmal am Ziel.