Erst vor wenigen Tagen war Präsident Ali Bongo Ondimba durch die Präsidentschaftswahl im Amt bestätigt worden. Doch das Militär hat eigenen Angaben zufolge die Macht in dem zentralafrikanischen Küstenstaat an sich gerissen.
Die Wahlergebnisse seien gefälscht, sagte eine Gruppe von Offizieren im Staatsfernsehen. Staatliche Institutionen seien ab sofort aufgelöst, die Wahlergebnisse annulliert und die Grenzen des Landes geschlossen, hieß es vonseiten der Gruppe, die sich als Ausschuss für Übergang und Wiederherstellung von Institutionen (CTRI) bezeichnete. Die CTRI habe beschlossen, dem "derzeitigen Regime ein Ende zu setzen", sagte einer der Offiziere im Sender Gabon 24.
Internet- und Ausgangssperre: Abstimmung hatte für Kritik gesorgt
Wenige Stunden zuvor hatte die Wahlbehörde Bongo mit 64,27 Prozent der Stimmen zum Sieger der Wahl erklärt. Bongos größter Herausforderer, Albert Ondo Ossa, erhielt demnach 30,77 Prozent der Stimmen. Es würde sich um die dritte Amtszeit Bongos handeln, dessen Familie seit mehr als 50 Jahren regiert. Ali Bongo hatte das Amt 2009 von seinem Vater Omar Bongo übernommen, der von 1967 bis zu seinem Tod regiert hatte. Die Bevölkerung Gabuns, etwa 2,3 Millionen Menschen, lebt trotz Öl-Reichtums größtenteils in Armut.
Die Abstimmung vom 26. August hatte für Kritik gesorgt. Während der Auszählung der Stimmen hatte die Regierung am Wochenende den Internetzugang gesperrt, eine Ausgangssperre von 19.00 bis 6.00 Uhr verhängt und mehreren französischen Rundfunksendern die Ausstrahlung verboten. Die Wahl war zudem durch das Fehlen internationaler Beobachter geprägt. Anfragen ausländischer Journalisten auf Akkreditierung wurden systematisch abgelehnt.
Präsident Bongo offenbar unter Hausarrest
Der bisherige Präsident Ali Bongo Ondimba ist indes offenbar festgesetzt worden. Bongo befinde sich im Kreise seiner Familie und Ärzte im Hausarrest, teilten die Anführer des Staatsstreichs im Staatsfernsehen mit. Einer seiner Söhne sei wegen "Hochverrats" festgenommen worden, gaben sie weiter bekannt. Zudem hieß es, dass weitere Vertreter der Regierung unter verschiedenen Anschuldigungen festgenommen worden seien.
Erst vor knapp einem Monat hatte die Präsidentengarde im Niger den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum abgesetzt. Zuvor hatte in der Sahelzone auch in Mali und Burkina Faso das Militär die Macht übernommen.
Frankreich verurteilt Militärputsch - Russland "zutiefst besorgt"
Die französische Regierung hat den laufenden Militärputsch verurteilt. Frankreich bekräftige seinen Wunsch, dass die Ergebnisse der Wahlen vom vergangenen Wochenende in Gabun "respektiert werden können, sobald sie bekannt sind", erklärte Regierungssprecher Olivier Véran in Paris. "Zutiefst besorgt" wegen des Staatsstreichs in Gabun zeigte sich auch Russland. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, Russland "verfolgt genau, was dort passiert".
"Sehr schwierige Situation": EU-Außenbeauftragter besorgt
Der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, hat sich besorgt geäußert. Ein weiterer Militärcoup werde die Instabilität in der ganzen Region erhöhen, sagte Borrell vor Beginn eines informellen Treffens der Verteidigungs- und Außenminister der EU im spanischen Toledo. Zugleich betonte er, die Lage sei noch unklar.
Die Ereignisse in dem westafrikanischen Staat kämen zweifellos auf den Tisch, so Borrell. Das gesamte Subsahara-Gebiet beginnend mit der Zentralafrikanischen Republik, dann Mali, Burkina Faso, Niger und jetzt möglicherweise Gabun sei "in einer sehr schwierigen Situation". Die EU-Regierungsvertreter müssten darüber nachdenken, wie sie ihre Politik gegenüber diesen Staaten verbessern könnten. "Das ist ein großes Thema für Europa", sagte Borrell.
Ukraine-Hilfe und Lage im Sahel waren als Themen des Treffens geplant
Nach Worten des Außenbeauftragten sollte es bei der zweitägigen Begegnung zum Auftakt der spanischen EU-Ratspräsidentschaft vor allem um Militärhilfe für die Ukraine und um die Lage im Sahel gehen. Dabei wolle er mögliche Sanktionen gegen die Putschisten in Niger zur Diskussion stellen, sagte Borrell. Leitgedanke sei eine Unterstützung der westafrikanischen Staatengemeinschaft bei "afrikanischen Lösungen für afrikanische Probleme".
Mit Informationen von AFP, AP, dpa und KNA
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