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Simon Verhoeven

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Verhoeven: Heftige Kritik an Dieter Wedel und der Filmbranche

Der Münchner Regisseur Simon Verhoeven hat nach den Vergewaltigungsvorwürfen gegen Dieter Wedel die gesamte Filmszene kritisiert. Die Verantwortlichen hätten jahrzehntelang geschwiegen. Derweil melden sich immer mehr Frauen zu Wort. Von Veronika Beer

Über dieses Thema berichtet: Sonntags-Stammtisch am .

Er könne nur jedem empfehlen, den Artikel über die neuesten Vorwürfe über Wedel in der "Zeit" zu lesen. So beginnt Simon Verhoeven seinen kritischen Post auf Facebook. Jeder, der eine Weile in der Filmbranche gearbeitet habe, wüsste, dass Wedel am Set "Schauspieler tyrannisiere, das er ein eitler, egomanischer Schreihals sei". Die Ausmaße, über die nun diskutiert werde, habe sich wohl niemand vorstellen wollen.

"Ich schäme mich für die Mechanismen meiner Branche." Simon Verhoeven auf Facebook

Macht und Erfolg

Die vielleicht deprimierendste Erkenntnis daran sei, dass man für einen Quotenerfolg mit einem "Monster" gearbeitet habe, schreibt Verhoeven, der Sohn von Schauspielerin Senta Berger. Er dankte den Frauen, die Mut bewiesen und ihre Scham überwunden hätten, um diesen Mann zu entlarven.

"Es wurde verharmlost, verdrängt, verschwiegen. Aus Angst. Aus Scham. Aus falsch verstandenem Respekt vor einem kranken Tyrannen und seiner Macht. Aber eben auch aus dem Wunsch, Erfolg zu haben." Simon Verhoeven

Verhoeven fordert Distanzierung

Der Filmemacher Verhoeven forderte von den Fernsehsendern, die mit Wedel in der Vergangenheit zusammengearbeitet haben, Untersuchungen anzustellen und offen zu sagen, was sie damals wussten.

"Es ist Zeit, sich von diesem Mann aufs deutlichste zu distanzieren. Seine Serien nie wieder auszustrahlen. Und sich bei den Opfern zu entschuldigen." Simon Verhoeven

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Wedel

Mehrere Frauen werfen Wedel vor, sie während der gemeinsamen Arbeit sexuell belästigt und sogar vergewaltigt zu haben. Der Regisseur wies alle Anschuldigungen zurück. Mehrere Sender leiteten interne Untersuchungen ein. Interne Recherchen des Saarländischen Rundfunks belegten offenbar den Vorwurf sexueller Übergriffe gegen den Regisseur. Intendant Thomas Kleist sagte in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", man habe bei einen Arztbericht gefunden, der bestätige, was die Frauen vorgetragen hätten. Der ARD-Chef Ulrich Wilhelm kündigte an, den Fall Wedel in der Intendantensitzung aufzugreifen, die in wenigen Tagen beginnt: "Wir nehmen die Diskussion um Missbrauchsvorwürfe sehr ernst."

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen den 75-Jährigen wegen einer mutmaßlichen Vergewaltigung der Schauspielerin Jany Tempel, die sich im Münchner Hotel "Vier Jahreszeiten" im Jahr 1996 abgespielt haben soll.

Das sagen Ferres, Maischberger & Co.

Zuletzt hatten Schauspielerinnen wie Esther Gemsch und Ute Christensen dem 75-Jährigen vorgeworfen, in den 80er-Jahren gewalttätig und sexuell übergriffig geworden zu sein. Schauspielerin Veronica Ferres hingegen sagte im BR-Sonntagsstammtisch, ihr sei nie etwas Schlimmes passiert. Ein Grund könnte sein, dass Ferres während der Dreharbeiten zum Wedel-Film "Mein alter Freund Fritz" mit Helmut Dietl zusammenlebte, der als Frauenversteher und noch größerer Star in der Branche galt.

"Mich hat er immer respektvoll behandelt." Veronica Ferres über Dieter Wedel

Ferres sagte aber auch, dass sie keinen Machtmissbrauch in der Branche beobachtet habe. Aber sie könne natürlich nicht für Andere sprechen.

TV-Moderatorin Sandra Maischberger nannte ihn in einer ihrer Dokumentationen laut "Spiegel" einen "Frauenverschlinger und Menschenschinder". Es entstand ein Porträt eines Menschen mit zwei Gesichtern, der charmant und witzig sein konnte, der aber vor allem seine Macht auslebte und gerne Frauen demütigte.

Viel Emotion, noch keine Wedel-Reaktion

Wedel ist nach Informationen der "Bild" weiterhin gesundheitlich angeschlagen und liegt im Krankenhaus. Er war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Simon Verhoevens Kritik an Wedel ist emotional, hart und teilweise beleidigend, wenig sachlich - das räumt er selbst ein. Es mache ihn schlichtweg wütend, dass "solche Menschen unsere ganze Branche mit Schmutz besudeln" und lange unbehelligt blieben, sagte er der "Bild"-Zeitung. "Aber besser spät als nie."