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Frank-Walter Steinmeier

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Frank-Walter Steinmeier: Präsident und Mittelfeldspieler

Der Bundespräsident hat die Parteichefs von CDU, CSU und SPD ins Schloss Bellevue eingeladen. Es ist sein ganzes diplomatisches Geschick gefragt. Etwas fußballerisches Können schadet aber auch nicht. Ein Porträt von Anita Fünffinger

Frank-Walter Steinmeier ist ein stoischer Mann. Im besten Sinne. Er strahlt Ruhe aus, wenn alle aufgeregt sind. Er redet auch dann noch mit seinem tiefen Timbre, wenn alle anderen längst ins Falsett gewechselt sind. Er macht keine hektischen Bewegungen, sondern schaut sich die Szene aus dem Augenwinkel an. Dann guckt er über den Rand seiner Brille, gern mit einem aufmerksamen Lächeln. Aber nicht immer. Es gibt Situationen, da kann er alle niederbrüllen. Und zwar richtig wütend. Als bei einer Wahlkampfveranstaltung der SPD am Berliner Alexanderplatz - im Mai 2014 mitten in der Ukraine-Krise - Demonstranten ihn als Kriegstreiber beschimpfen, lernen die ihn von einer anderen Seite kennen.

"Ihr solltet euch überlegen, wer hier die Kriegstreiber sind! Wer eine ganze Gesellschaft als Faschisten bezeichnet, der treibt den Krieg, der treibt den Konflikt!" Frank-Walter Steinmeier, 2014 als Außenminister

Die Macht des Bundespräsidenten

Als im Jahr 2014 nicht klar ist, was noch in der Ukraine passiert, wie Deutschland mit Russland umgehen soll, wohin der Euro treibt, wird Steinmeier neben Finanzminister Schäuble der wichtigste Mann für Angela Merkel. Also so wie heute auch. Noch nie hat die Bundeskanzlerin Frank-Walter Steinmeier so sehr gebraucht wie jetzt. Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte der Bundesrepublik muss der Bundespräsident aktiv gestalten, in den engen Grenzen, die ihm das Grundgesetz vorschreibt. Dass er genau das kann, daran hatte Angela Merkel offensichtlich nie einen Zweifel. Sie schlug den SPD-Mann vor, als sie in der eigenen Partei keinen fand, der das Amt des Bundespräsidenten ausfüllen könnte.

"Er hat in schwierigsten Situationen immer das Fingerspitzengefühl gehabt, Wege zu suchen und Lösungen zu finden." Bundeskanzlerin Angela Merkel

Erfahrung als Außenminister, Kanzleramtsminister, Fraktionschef und Mittelfeldspieler

In seiner Antrittsrede als Bundespräsident betonte Steinmeier, wie wichtig es sei, mutig zu sein. Man dürfe die Realität nicht leugnen, sondern man müsse sie verbessern wollen. Damit war natürlich die Solidarität und Gemeinschaft von 80 Millionen Bundesbürgern in Deutschland gemeint. Und dennoch gelten seine Worte vom Frühjahr auch für das heutige Treffen.

"Wir brauchen den Mut, einander zuzuhören, die Bereitschaft, das eigene Interesse nicht absolut zu setzen, das Ringen um Lösungen in einer Demokratie nicht als Schwäche zu empfinden." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Frank-Walter Steinmeier kann bei dem Treffen mit Angela Merkel, Horst Seehofer und Martin Schulz seine ganze Erfahrung in den Ring werfen. Moderieren wie ein Kanzleramtsminister, die hohe Diplomatie anwenden wie ein Außenminister, zur Disziplin mahnen wie ein Fraktionschef. Oder er kann einfach nur Fußballer sein, wie einst bei der TuS 08 Brakelsiek.

"Im Mittelfeld muss einer mit ganz viel Kondition sein." Fußballspieler Frank-Walter Steinmeier

Der Mittelfeldspieler sorgt hinten für Stabilität und hilft vorne, das Spiel aufzubauen. Nichts anderes macht Frank-Walter Steinmeier seit 50 Jahren.