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Recep Tayyip Erdogan

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Erdogan gesteht Fehler ein - Kritik aus Deutschland

Erdogan hat die Präsidentenwahl klar gewonnen. Auch bei der Parlamentswahl gab es die meisten Stimmen für Erdogans AKP. Die Opposition sprach von Manipulation, will die Wahl aber nicht anfechten. Erdogan gestand ein, Fehler gemacht zu haben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Nach seiner Wiederwahl zum türkischen Präsidenten hat Recep Tayyip Erdoganeingestanden, in der vorherigen Amtsperiode Fehler gemacht zu haben. In der Nacht sagte der AKP-Politiker in Ankara, seine Partei und er hätten die Botschaft der Wähler verstanden. Wie ein neuer Kurs der Partei aussehen könnte, sagte Erdogan allerdings nicht. Erdogan wird künftig Staats- und Regierungschef. Der 64-Jährige kündigte in seiner Siegesrede an, das neue System "schnell" umzusetzen. Nach Ansicht der Opposition wird damit die Demokratie untergraben und ein Ein-Mann-Regime zementiert.

Dagdelen: "Weder frei noch fair"

Deutsche Politiker kritisierten die Wahl und auch das Wahlverhalten vieler Türken in Deutschland: Die stellvertretende Linksfraktionschefin Sevim Dagdelen äußerte vor allem am Ablauf der Wahlen Kritik. Sie seien „weder frei noch fair“ gewesen, sagte die Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe im Bundestag. „Durch Manipulationen lange vor dem Wahltag hat Erdogan sein Ziel erreicht, ein autoritäres Präsidialsystem. Es ist zu befürchten, dass Erdogan die Türkei in eine neue Eskalation treibt.“ 

Özdemir kritisiert Wahlverhalten der Türken in Deutschland

Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte das Wahlverhalten der Türken in Deutschland. „Die feiernden deutsch-türkischen Erdogan-Anhänger jubeln nicht nur ihrem Alleinherrscher zu, sondern drücken damit zugleich ihre Ablehnung unserer liberalen Demokratie aus. Wie die AfD eben“, twitterte der Bundestagsabgeordnete. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe sprach im ARD-Morgenmagazin von einer "tiefen Spaltung" der türkischen Gesellschaft. Medienberichten zufolge votierten nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen der in Deutschland lebenden Türken rund 65 Prozent für Erdogan, mehr als in der Türkei. Für die Türkei sieht die Sozialdemokratin eine Entwicklung hin zu einem "autokratischen Staat". Der außenpolitische Sprecher der SPD, Rolf Mützenich, stellte klare Forderungen an Erdogan. So müsse unter anderem der Ausnahmezustand aufgehoben werden, sowie politische Gefangene wieder freigelassen werden, sagte der SPD-Politiker in einem Radio-Interview.

Türkische Gemeinde hofft auf weniger Spannungen

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hofft, dass die Spannungen zwischen den unterschiedlichen politischen Lagern nach den Wahlen in der Türkei nun abnehmen werden. „Seit Jahren dreht sich alles um Politik, die Menschen in der Türkei brauchen Ruhe und ein Ende des Ausnahmezustandes“, sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, der dpa. Auch viele der in Deutschland lebenden Menschen türkischer Herkunft hätten den Wunsch, nun „zum Alltag zurückzukehren“. Nach der Wiederwahl von Erdogan am Sonntag hatten Anhänger in Berlin und anderen Städten wie Duisburg auf den Straßen gefeiert.

Ergebnisse der Wahlkommission

Am frühen Morgen bestätigte der Chef der Wahlkommission Erdogans Sieg. Zu diesem Zeitpunkt waren laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu 99 Prozent der Wahlurnen geöffnet. Demnach lag Erdogan mit 52,5 Prozent vor Ince mit 31,5 Prozent. Selahattin Demirtas von der prokurdischen HDP landete mit 8,4 Prozent auf dem dritten Platz, obwohl er seit 2016 in Haft sitzt. Im Parlament eroberte die Volksallianz mit 53,6 Prozent die absolute Mehrheit, wobei die MHP mit 11,1 Prozent überraschend stark abschnitt, obwohl sich im vergangenen Jahr die IYI-Partei von ihr abgespalten hatte. Die oppositionelle Allianz der Nation aus CHP und IYI erhielt 34 Prozent. Die HDP gelangte mit 11,5 Prozent erneut über die Zehn-Prozent-Hürde ins Parlament. Zahlreiche HDP-Politiker sind inhaftiert.

Özdemir begrüßt HDP-Einzug ins Parlament

Özdemir würdigte, dass die pro-kurdische HDP die Zehn-Prozent-Hürde überprungen hat und damit wieder ins Parlament einzieht. „Ihr gutes Abschneiden und die Wechselstimmung der letzten Wochen zeigen, dass viele Menschen in der Türkei die Nase voll haben von Erdogans Angstregime“, sagte der Grünen-Politiker. „Wäre dieser Wahlkampf einigermaßen fair verlaufen, dann hätte Erdogan die Macht abgeben müssen.“ Es bleibe den Oppositionsparteien CHP und HDP nun zu wünschen, dass sie auch über den Wahlkampf hinaus „ein Stachel im Fleisch des Regimes bleiben und das Licht der Demokratie in der Türkei hochhalten“.

CHP will Wahl nicht anfechten

In sozialen Netzwerken wurden am Abend Videos veröffentlicht, auf denen offenbar zu sehen war, dass Personen in Suruc mehrere Stimmzettel in eine Wahlurne warfen. Der Hohe Wahlausschuss teilte mit, Verwaltungs- und strafrechtliche Verfahren seien eingeleitet worden. Trotz Manipulationsvorwürfen will die CHP darauf verzichten, die Wahl anzufechten.

Putin und Orban gratulieren Erdogan

Als erster Regierungschef eines EU-Landes gratulierte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban dem türkischen Staatspräsidenten zum Wahlsieg. „Die Stabilität der Türkei ist für ganz Europa eine gute Nachricht“, hieß es in dem Glückwunschschreiben. Russlands Präsident Wladimir Putin würdigte die "große politische Autorität" des wiedergewählten türkischen Staatschefs. Erdogan ist seit 15 Jahren an der Macht. Der 64-Jährige hat nun eine weitere fünfjährige Amtszeit als Präsident vor sich und kann danach noch eine zweite Amtsperiode absolvieren.

Türkische Lira legt zu

Nach dem Sieg Erdogans legte die türkische Lira deutlich zu. Die Währung gewann knapp drei Prozent an Wert gegenüber dem Dollar. Die Talfahrt der türkischen Währung hatte in den vergangenen Monaten für Nervosität gesorgt.