Polens designierter Ministerpräsident Donald Tusk
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Polens künftiger Regierungschef Tusk will sein Land wieder an EU heranführen

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Tusk gewinnt Vertrauensfrage - "Führung in EU zurückgewinnen"

Polens Parlament hat die neue Regierung von Donald Tusk bestätigt. Der zukünftige Regierungschef will sein Land wieder näher an die EU heranführen. Man wolle ein zuverlässiger Bestandteil des Bündnisses sein, sagte er bei seiner Regierungserklärung.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Zwei Monate nach der Wahl in Polen ist Donald Tusk am Ziel. Polens Parlament hat die neue proeuropäische Regierung bestätigt. In einer Vertrauensabstimmung votierten am Dienstag 248 von 449 Abgeordneten für Tusks Kabinett. 201 stimmten dagegen. Am Mittwoch will Präsident Andrzej Duda den Regierungschef und seine Minister vereidigen.

Am Vormittag hatte der designierte Ministerpräsident Polens, der ehemalige EU-Ratspräsident Donald Tusk, in seiner ersten Regierungserklärung seinen Willen zum Ausdruck gebracht, sein Land wieder zurück ins Zentrum der Europäischen Union führen zu wollen. Man wolle wieder den Platz einnehmen, der dem Land zustehe. Wer Polens Platz in der EU infrage stelle, schädige die Interessen des Landes. Ein isoliertes Polen sei größten Risiken ausgesetzt, sagte Tusk. Der künftige Regierungschef kündigte außerdem an, Polen werde ein starker Teil der Nato und ein starker Verbündeter der USA sein.

Tusk will sich für Ukraine-Hilfen einsetzen

Er wolle mit Nachdruck weiter für die militärische Unterstützung der Ukraine werben, sagte Tusk. Er könne es nicht mehr hören, wenn manche westlichen Politiker von einer Ermüdung durch die Situation in der Ukraine sprechen würden. "Wir werden laut und entschieden die volle Mobilisierung der freien westlichen Welt für die Unterstützung der Ukraine in diesem Krieg verlangen." Beim EU-Gipfel in Brüssel wolle er "anders als bisher" Wege finden, um Polens traditionelle Verbündeten von der Notwendigkeit der Hilfe zu überzeugen, sagte Tusk weiter.

Parlament entzieht Morawiecki das Vertrauen

Der amtierende Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte am Montag erwartungsgemäß die Vertrauensabstimmung im Parlament verloren. Seine nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte bei den vergangenen Parlamentswahlen ihre absolute Mehrheit verloren, blieb aber stärkste Fraktion. Morawiecki erhielt den Auftrag zur Regierungsbildung von Präsident Andrzej Duda, der auch aus den Reihen der PiS stammt und ein Gegner des Regierungswechsels ist. Bei der Vertrauensfrage verpasste Morawiecki aber die nötige Mehrheit. Er erhielt nur 190 Stimmen, während 266 Abgeordnete gegen ihn votierten.

Am Abend nominierte Polens Parlament Tusk zum künftigen Regierungschef. Für den Chef der liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO) stimmten am Montag 248 der 449 anwesenden Abgeordneten. Tusks Dreier-Bündnis zusammen mit dem Dritten Wege und der Neuen Linken hat seit der Wahl vom 15. Oktober die Mehrheit im Parlament.

Tusks Kabinett soll am Mittwoch vereidigt werden, sodass er als neuer polnischer Ministerpräsident am EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag und Freitag teilnehmen könnte.

Hoffnung auf ein Ende des Streits um Justizreform

Mit der neuen Regierung könnte auch der Streit zwischen der EU und Polen etwa über die Justizreform und die Zuteilung von eingefrorenen EU-Mitteln enden. Das umstrittene polnische Verfassungsgericht hatte am Montag vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen Polen verhängte Zwangsgelder für verfassungswidrig erklärt. Die vom EuGH angeordneten Zwangsgelder wegen der umstrittenen polnischen Justizreform und nicht eingehaltener Umweltauflagen beim Kohle-Abbau "stehen im Widerspruch zur polnischen Verfassung", urteilte das Gericht am Montag. Das polnische Verfassungsgericht steht unter dem Einfluss der nationalkonservativen Partei PiS.

Brüssel zufolge erfüllt das polnische Verfassungsgericht nicht mehr die Anforderungen an eine unabhängige Justiz. Grund dafür war unter anderem ein Urteil des Gerichts aus dem Oktober 2021, bei dem es den Vorrang von Europa-Recht gegenüber nationalem Recht infrage gestellt hatte. Der nationalkonservativen Regierungspartei PiS wird unter anderem vorgeworfen, am Verfassungsgericht regierungstreue Richter installiert zu haben. Die EU-Kommission hat verschiedene Vertragsverletzungsverfahren angestrengt, die teils in Klagen vor dem EuGH mündeten. Der Gerichtshof in Luxemburg verurteilte Polen zur Zahlung von Zwangsgeldern.

Im Video: Donald Tusk bekennt sich zu starker EU

Man wolle wieder den Platz einnehmen, der dem Land zustehe. Wer Polens Platz in der EU infrage stelle, schädige die Interessen des Landes.
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Donald Tust will sein Land wieder näher an die EU heranführen.

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