Gerhard Schröder (SPD), ehemaliger Bundeskanzler
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Die Altkanzlerlast – verliert Schröder seine Privilegien?

Ehemalige Kanzler werden gut versorgt und genießen derzeit lebenslang Privilegien. Die Debatte über den russlandfreundlichen Gerhard Schröder hat die Frage aufgeworfen: Ist das nötig? Nun könnte es erstmals ein Altkanzler-Gesetz geben.

Kann jemand, der einmal Kanzler war, wieder normaler Bürger werden? So wie unsere Demokratie angelegt ist, lautet die einfache Antwort: ja! Gewählt, um zu dienen und zu gehen, wenn sich das Land eines Septembers für eine neue Regierung entscheidet. Dann bleibt nichts von der Macht. Was aber bleibt, sind viele Privilegien: Dienstwagen mit Fahrer, Dienstwohnung, Personenschutz, Vergütung und Mitarbeiter plus Räumlichkeiten, oft noch Dienstreisen. Und zwar lebenslang.

407.000 Euro für Schröder-Mitarbeiter

Im Bundesministergesetz sind zwar einige Eckpunkte enthalten: dass ein Kanzler weiter Bezüge erhält, zum Beispiel, oder der "Anspruch auf eine Amtswohnung mit Ausstattung". Von Mitarbeitern und Büros steht da aber nichts. Und dieser Teil ist besonders teuer: 407.000 Euro kosteten laut Medienberichten die Mitarbeiter von Altkanzler Gerhard Schröder im Jahr 2021. Die Büros in einem zentralen Abgeordnetengebäude in Berlin gar nicht mitgerechnet. Es zahlen die Steuerzahler. Wie viel, bleibt meist intransparent.

Ausstattung steht weder in der Verfassung noch im Gesetz

Zwar hat der Großteil von Schröders Mitarbeitern seit Beginn des Ukraine-Kriegs gekündigt. Dass Schröder weiter seine Privilegien in Anspruch nimmt, sich dabei nicht von Putin distanziert, sondern die Arbeit für russische Staatskonzerne sogar noch ausweitet, hat die Debatte über die Amtsausstattung von Bundeskanzlern a.D. grundsätzlich zurück auf die Tagesordnung gebracht. Eine solche Ausstattung stehe "weder in der Verfassung noch in irgendeinem Gesetz", sagt der Verfassungsrechtler Prof. Roland Rixecker. Rixecker ist Präsident des Verfassungsgerichtshofs im Saarland und kennt sich aus im Umgang mit schwierigen Genossen. Er saß im Bundesschiedsgericht der SPD und war am Parteiausschluss von Thilo Sarrazin beteiligt.

17 Jahre Übergangszeit bei Schröder

Grundsätzlich habe die Ausstattung von Bundeskanzlern, die aus dem Dienst scheiden, einen Sinn, sagt Rixecker. "Für eine Übergangszeit." In der könnten die Nachwirkungen des Amts abgewickelt werden. Zum Beispiel Schirmherrschaften, Beantwortung von Bürgerfragen und ähnliches. Diese Übergangszeit dauere aber "bei Herrn Schröder schon 17 Jahre". Da dürfe man sich "völlig unabhängig von seiner Haltung zu Russland" fragen, ob es an der Zeit wäre, sich Gedanken zu machen. Schröder habe andere Einkünfte. Rixecker sieht "keinen Grund, Schröder diese Ausstattung zu belassen:"

Haushaltsausschuss bewilligt die Kanzlerversorgung

Zuständig für die Finanzierung von Bundeskanzlern außer Dienst ist der Haushaltsausschuss des Bundestags. Dort hält man aber wenig von einem Gesetz als Reaktion auf Schröder. Keine "Lex Schröder", will zum Beispiel Irene Mihalic von den Grünen. Willkürlich einem Kanzler Bezüge zu kürzen, sei keine Option. Ziemlich umstritten ist, ob Mittel wegen "fehlender Staatstreue" gekürzt werden dürfen. Andere Haushälter verweisen auf CDU-Kanzler Helmut Kohl, dem auch lebenslang Mitarbeiter bezahlt wurden, trotz seiner Spendenaffäre.

Regelung nächste Woche möglich

Allerdings wird hinter den Kulissen um eine grundsätzliche Lösung der Altkanzler-Finanzierung gerungen. Bereits nächste Woche zur Bereinigungssitzung, wo es um die Finalisierung des Bundeshaushalts geht, könnte ein Kompromiss vorliegen. Kanzler bräuchten direkt nach der Amtszeit Mitarbeiter, sagt Andreas Schwarz, Mitglied des Haushaltsausschusses von der Bayern-SPD. "Aber deren Zahl sollte nach und nach abgeschmolzen werden." Bis nach etwas 15 Jahren gar keine mehr nötig seien. Auch Bundesfinanzminister Linder (FDP) hatte sich offen für diese Idee gezeigt.

Bundesrechnungshof: Kanzler a.D. haben keine Aufgabe oder Kompetenz

Die Forderung nach einem Gesetz zur Altkanzler-Versorgung ist nicht neu. 2018 prüfte der Bundesrechnungshof die gängige Praxis und stellte profan fest: Bundeskanzler a.D. hätten keine Aufgabe oder Kompetenz. "Das besondere Amtsverhältnis eines Bundeskanzlers endet mit seiner Amtszeit. Dennoch wird davon ausgegangen, dass ein Bundeskanzler a. D. eine 'Amtsausstattung' erhält." Auch der Rechnungshof kritisierte, dass irgendwann die Überbleibsel aus der Amtszeit abgearbeitet seien, die Gründe für die Personalausstattung "gerieten in Vergessenheit".

AfD will festlegen, was Aufgabe von Altkanzlern ist

Der Gesetzentwurf der AfD, der am Donnerstagabend im Bundestag debattiert wurde, will die Amtsausstattung von Ex-Kanzlern und -Kanzlerinnen auf nur vier Jahre begrenzen. Sie nutzt den Entwurf zur Kritik an der Ausstattung von Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel (CDU), der neun Mitarbeiterstellen mit teils hoher Bezahlung genehmigt wurden. Die AfD will auch genau festlegen, was Aufgaben ehemaliger Bundekanzler sind. Der russlandfreundliche Kanzler a.D. Schröder findet hingegen in der Begründung keine Erwähnung.

Schröder-Debatte bringt Schwung in das Thema

Dass Schröder seine Privilegien entzogen werden, ist derzeit nicht absehbar. Es wird wohl keine "Lex Schröder" geben. Aber die Diskussion über den Altkanzler und seine Rolle im Ukraine-Konflikt führt dazu, dass die Ampelparteien tatsächlich eine gesetzliche Regelung zur Altkanzlerausstattung anstreben. Gültig für alle. Ein ziemlich grauer Bereich würde transparent. Es wäre ein wohl unbeabsichtigtes, spätes Verdienst eines Kanzlers a.D.

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