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Radfahrer auf einem Radschnellweg

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Deutscher Städtetag fordert eine Verkehrswende

Der Deutsche Städtetag fordert eine neue Verkehrspolitik - mit weniger Platz für Autos, einem massiven Ausbau von ÖPNV und intelligenten Verkehrskonzepten. Ein entsprechendes Positionspapier legte der Verband jetzt vor. Von Alex Krämer

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Der Sound der Stadt - den Bürgermeistern, die im Deutschen Städtetag organisiert sind, gefällt er nicht. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy sagt, so gehe es nicht mehr weiter.

"Die Städte ersticken teilweise im Verkehr. Wir müssen hinkommen zu einer Verkehrswende, zu einer grundlegenden Umorientierung im Verkehr der Städte." Helmut Dedy, Deutscher Städtetag

Auf gut 30 Seiten haben die Städte aufgelistet, wie diese Neuorientierung aussehen soll. Parteiübergreifend übrigens, sagt Markus Lewe, CDU-Oberbürgermeister von Münster und Präsident des Städtetages. Es gehe nicht um Ideologie, sondern um entscheidende Fragen, die alle deutschen Städte betreffen.

"Wie kriege ich die Verkehre vernünftig gesteuert? Wie kriege ich den Stadtraum wieder so, dass er wieder ein Lebensraum wird, wo eben nicht nur Blechhaufen herumstehen, sondern wo Menschen sich begegnen können? Wie kriege ich hin, dass ich integrierte Konzepte entwickle, dass eben vernünftige Fahrradstrecken da sind - und dass man auch umsteigen kann vom Fahrrad auf die Bahn." Markus Lewe (CDU), Oberbürgermeister von Münster

Mehr Geld für den Nahverkehr

Lewe zufolge muss massiv investiert werden: zwei Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr von Bund und Ländern, 20 Milliarden in den kommenden 10 Jahren. Geld, das vor allem in den Nahverkehr fließen soll. Dafür, so Lewe, müssten nicht mal groß neue Linien geschaffen werden. Es gehe darum, die Nahverkehrsnetze am Rande der Belastbarkeit wieder zu ertüchtigen. Jede kleine Störung führe dazu, dass es zu massiven Verspätungen kommt. "Und dann sind die Leute gefrustet und steigen doch wieder um aufs Auto."

Mehr Platz für Radler und neue Verkehrssysteme

Das aber ist, was Lewe nicht will - weshalb er für eine andere Verkehrsplanung plädiert, die die autogerechte Stadt der 1960er-Jahre in eine zukunftsfähige Stadt verwandelt. Wichtige Voraussetzung: Der Raum müsste anders verteilt und beispielsweise Radfahrern mehr Platz eingeräumt werden.

Die Digitalisierung biete große Chancen für intelligentere Verkehrssysteme, meinen die Städte - etwa mehr Auto-Teilen statt eigener Autos. Dafür müssten Gesetze geändert werden: Noch sei es zum Beispiel schwer, Parkplätze speziell für Car-Sharing-Autos auszuweisen. Selbst einen Zebrastreifen könnten die Kommunen nicht überall einrichten, wo es nötig sei.

Wenn der Postmann zu oft klingelt

Ein weiterer wichtiger Punkt: die Paketdienste, der Boom des Onlinehandels von Amazon bis zum Pizzadienst. Städtetag-Geschäftsführer Helmut Dedy berichtet über verkehrsberuhigten Zonen, wo ein Lieferfahrzeug nach dem anderen kommt und jede Straße verstopft. In Berlin läuft gerade ein Modellversuch, die Post per Straßenbahn auszuliefern. Helmut Dedys Vorschlag: die Lieferfirmen dazu verpflichten, auf der letzten Meile zu kooperieren, also gemeinsam auszuliefern.

"Die Bundesregierung drückt sich"

Was die aktuelle Debatte rund um Diesel angeht, bekräftigt der Städtetag seine Forderung: Die Motoren auf Kosten der Autoindustrie nachrüsten. Eine blaue Plakette, um von Gerichten verhängte Fahrverbote auch kontrollieren zu können. Die Bundesregierung, so der Vorwurf, drücke sich vor Entscheidungen und lade das Problem einfach in den Rathäusern ab. Dabei werde es schon im Herbst zahlreiche Gerichtsurteile zu Fahrverboten geben.