Eine Frau fischt Lebensmittel aus einer Mülltonne eines Supermarkts.
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Nach geltender Rechtslage kann "Containern" strafbar sein - ändert sich das?

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Minister Özdemir fordert Straffreiheit für "Containern"

Menschen, die "containern", retten ihrer Ansicht nach Essen aus dem Abfallcontainer. Der Gesetzgeber sieht darin Diebstahl. Lebensmittel aus dem Supermarktmüll mitzunehmen, ist strafbar. Der Bundeslandwirtschaftsminister greift das Thema wieder auf.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Debatte um das sogenannte Containern zieht sich auch ins Jahr 2023: Nach Ansicht von Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft (Grüne), sollte es straffrei sein. "Wer noch verzehrfähige Lebensmittel aus Abfallbehältern retten will, sollte dafür nicht belangt werden", sagte er der "Rheinischen Post". "Ich glaube, wir alle wünschen uns, dass sich unsere Polizei und Gerichte stattdessen um Verbrecherinnen und Verbrecher kümmern."

In Deutschland würden "viel zu viele Lebensmittel im Müll" landen, sagte Özdemir in einem Interview - insgesamt rund elf Millionen Tonnen pro Jahr. "Es gibt deshalb nicht die eine Lösung, um das Problem der Lebensmittelverschwendung mit einem Schlag zu lösen. Wir müssen deshalb pragmatisch schauen, wo wir ansetzen können."

Diebstahl und Hausfriedensbruch - Containern ist strafbar

Wer für den eigenen Bedarf weggeworfene, aber noch immer genießbare Lebensmittel aus dem Abfallcontainer beispielsweise eines Supermarktes holt, der "containert". Seit vielen Jahren wird darüber gestritten, dieses Vorgehen zu legalisieren. Doch bislang konnten sich Initiativen dafür nicht durchsetzen.

Containern ist weiterhin strafbar. Personen riskieren eine Verurteilung wegen Diebstahls und Hausfriedensbruchs. Denn die Lebensmittel gehören bis zur Abholung durch den Müllwagen immer noch dem Besitzer. Oftmals stehen die Container darüber hinaus auf privatem Grund und sind verschlossen. Im Strafgesetzbuch heißt es zu Diebstahl in § 242: "Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Auch der Versuch ist strafbar.

Bayerische Aktivisten prangern Wegwerfmentalität an

Nicht nur bedürftige Menschen containern. Oft drücken Aktivisten mit solchen Aktionen ihren Unmut über den hohen Konsum in der Gesellschaft und die daraus folgende Wegwerfmentalität aus. Der Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt setzt sich immer wieder für die Legalisierung ein und zeigte sich schon selbst wegen Containerns an. Zwei Olchinger Studentinnen sorgten unter anderem mit öffentlichen Kampagnen und einer Petition für Aufsehen, um Containern zu entkriminalisieren.

Justizminister sind gefragt

Da Özdemir Minister für Ernährung ist, liegt es nahe, dass der erneute Vorstoß von ihm kommt. Da jedoch die Rechtslage betroffen ist, wären auch die Justizminister involviert. 2019 diskutierten die Ressortchefs der Länder einen Vorstoß, einigten sich aber nicht auf eine Legalisierung. Die Mehrheit der CDU-Länder lehnte damals einen Antrag ab. Stattdessen forderten sie eine engagierte Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung.

Menschen sollten sich nicht in eine menschenunwürdige und hygienisch problematische Situation begeben, hieß es damals zur Begründung. Außerdem brachten die Gegner der Neuerung Haftungsfragen ins Spiel: Was passiere, wenn jemand verdorbene Lebensmittel aus den Containern esse und anschließend erkranke? Diskutiert wurde damals auch, Staatsanwaltschaften anzuweisen, derartige Fälle wegen Geringfügigkeit einzustellen.

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