Ausgetrockneter Flusslauf im Amazonas-Gebiet in Brasilien
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Ausgetrockneter Flusslauf im Amazonas-Gebiet in Brasilien

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BR-Datenanalyse: Wo deutsche Klimahilfen hinfließen

Deutschland leistet Klima-Entwicklungshilfe in Milliardenhöhe für ärmere Länder. BR Data hat analysiert, wohin diese Gelder fließen und wie die Zahlungen durch einen neuen, weltweiten Klimafonds weiter ausgebaut werden sollen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Das Ziel sind 100 Milliarden Dollar – bis zum Jahr 2025. So viel Geld wollen die Industriestaaten den Entwicklungs- und Schwellenländern zur Verfügung stellen. Auch Deutschland beteiligt sich an den Zahlungen. Im vergangenen Jahr mit mehr als sechs Milliarden Euro. Bezieht man Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) noch mit ein, waren es fast zehn Milliarden.

Dieses Geld geht in zwei Bereiche: Klimaschutz und Klimaanpassung. Das heißt, die Länder kriegen Unterstützung dafür, das Fortschreiten des Klimawandels zu mindern und sich auf die Folgen, wie etwa Hitze und einen steigenden Meeresspiegel, vorzubereiten.

Die Analyse von Daten der Bundesregierung zeigt, dass Indien in den vergangenen zehn Jahren das wichtigste Empfängerland deutscher Klimahilfen war, gefolgt von Indonesien und Marokko. Gerade in Schwellenländern wie Indien und China floss ein großer Teil der Gelder in Infrastrukturprojekte, zum Beispiel in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

Grafik: In diese Länder fließen die meisten deutschen Klimahilfen

Allerdings sei das Geld, insbesondere für die Klima-Anpassung, zu knapp bemessen, meint Jan Kowalzig von der Nichtregierungsorganisation Oxfam: "Inzwischen ist unser Wissen über die Bedarfe in den einkommensschwachen Ländern viel größer. Wir brauchen eigentlich ein Vielfaches davon an Unterstützung, wenn es gerecht zugehen soll."

Auf der Klimakonferenz hat Außenministerin Annalena Baerbock zumindest eine Aufstockung des Fonds für Klima-Anpassung angekündigt. Zusätzliche 60 Millionen Euro hat sie gemeinsam mit Umweltministerin Steffi Lemke versprochen. Schon jetzt ist Deutschland mit großem Abstand der größte Geldgeber für den Anpassungsfonds.

Kowalzig hat aber noch einen anderen Kritikpunkt: Der Anteil der Mittel, die aus Krediten bestehen, sei zu hoch: Das heißt, Entwicklungsländer müssen die Gelder irgendwann zurückzahlen. Sie tragen damit die Kosten des Klimawandels selbst, obwohl sie nicht die Hauptverursacher sind.

Grafik: So viele deutsche Klimahilfen werden als Kredit ausbezahlt

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), aus dessen Etat ein Großteil des Geldes kommt, teilt die Kritik nicht. Eine Sprecherin teilt auf BR-Anfrage mit: "Deutschland vergibt lediglich Kredite für Vorhaben, wo eine wirtschaftliche Rentabilität sicher ist und an Länder in einer realistischen Verschuldungssituation. Die Kredite werden auf Anfrage des Partnerlandes zur Verfügung gestellt."

Fonds zur Behebung von Klimaschäden beschlossen

Pakistan gehört schon heute zu den Ländern, die Klima-Entwicklungshilfe unter anderem aus Deutschland bekommen. Im vergangenen Jahr wurde rund ein Drittel des Landes von heftigem Monsun-Regen überschwemmt, mindestens 1.400 Menschen kamen ums Leben.

Ein neuer Geldtopf soll helfen, solche Schäden zu kompensieren. Details, wie dieser Fonds ausgestaltet werden soll, wurden auf der diesjährigen Klimakonferenz in Dubai besprochen. Die Gelder sollen vor allem von den Industriestaaten kommen, die mit hohen historischen Emissionen Hauptverursacher des Klimawandels sind. Das sei Teil einer globalen Gerechtigkeit angesichts der zu erwartenden Schäden, meint Victor Perli. Er ist Abgeordneter der Linken im Bundestag: "Diese Schäden sind so massiv, dass es die Länder selbst überfordert. Und da kann dieser Fonds einen wichtigen Beitrag leisten. Da ist es wichtig, dass es auch ein Signal der reichen Staaten gibt, große Anteile mitzufinanzieren."

Bundeskanzler Olaf Scholz hat für diesen Fonds bereits am ersten Tag der Klimakonferenz 100 Millionen Dollar zugesagt. Andere Länder ziehen mit.

Gelder fließen trotz Haushaltssperre

Experten und Nichtregierungsorganisationen haben bereits Sorgen geäußert, dass die Einzahlungen in den neu geschaffenen Fonds aus den ohnehin schon zugesagten Entwicklungshilfe-Geldern kommen, also lediglich umgewidmet werden. Dabei sollten sie eigentlich zusätzlich sein, so Reimund Schwarze, vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung: "Ich teile die Auffassung, dass gerade jetzt Mittel umgeschichtet werden. Das liegt daran, dass die Abgrenzung zu dem, was Verluste und Schäden sind und dem, was Anpassung ist, extrem schwierig ist."

Von der Haushaltskrise werde die deutsche Klima-Entwicklungshilfe nicht beeinflusst, teilt das Entwicklungsministerium auf Anfrage des BR mit. Das Geld für die Zusage von Kanzler Olaf Scholz soll aus den Etats für 2024 und 2025 kommen. Die seien von der Haushaltssperre nicht betroffen.

Dieser Artikel ist erstmals am 7.12.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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