Demnach informierte der Leiter der Außenstellen Friedland und Oldenburg mehrere Führungskräfte über Auffälligkeiten, Konsequenzen für die damalige Leiterin der Bremer BAMF-Stelle habe es nicht gegeben. Fortan soll der Mann auffällige Asylentscheidungen der Bremer Kollegin dokumentiert und mit den Aktenzeichen nach Nürnberg geschickt haben. "Dort geschah offenkundig nicht viel", schreibt das Magazin.
Mindestens 1.200 Asylbescheide mutmaßlich manipuliert
Mitte April war bekannt geworden, dass eine frühere Leiterin der Bremer BAMF-Stelle zwischen 2013 und 2016 mindestens 1.200 Menschen Asyl gewährt haben soll, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Frau und fünf weitere Beschuldigte wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. Unter den Beschuldigten sind drei Rechtsanwälte und ein Dolmetscher. "Die Auswertung der Akten dauert an, die Zeugen werden vernommen", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Claudia Kück am Freitag. Sollten die Beschuldigten verurteilt werden, drohen ihnen bis zu zehn Jahren Haft.
Nürnberger BAMF in Erklärungsnot
Das BAMF in Nürnberg gerät zunehmend in Erklärungsnot. Jüngst hatte die Nachfolgerin der beschuldigten Außenstellenleiterin schwere Vorwürfe gegen die Zentrale erhoben. Es entstehe der Eindruck, dass an einer echten Aufklärungsarbeit kein gesteigertes Interesse bestehe, schrieb Josefa Schmid in einem internen Bericht. Auch sie sprach davon, dass es beim BAMF schon länger Hinweise auf Unregelmäßigkeiten in Bremen gegeben habe.
Kurz nach ihrer Kritik wurde Schmid zurück in ihre bisherige Dienststelle im bayerischen Deggendorf beordert. Die Frau, die die Außenstelle seit Anfang des Jahres leitete, wehrte sich mit einem Eilantrag vor dem Bremer Verwaltungsgericht vergeblich gegen die Versetzung. Die Abberufung sorgte vielerorts für Unverständnis. Wolfgang Kubicki (FDP), Vizepräsident des Bundestags, forderte eine Erläuterung durch den Bundesinnenminister vor dem Innenausschuss.
"Weder Ausmaß noch strafrechtliche Relevanz erkennbar gewesen"
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies heute darauf, seine Behörde sowie das BAMF arbeiteten mit Hochdruck an der Aufarbeitung der Vorgänge in Bremen. Ihm zufolge gab es seit 2016 disziplinarrechtliche Untersuchungen gegen die damalige Außenstellenleiterin, die damals von ihren Aufgaben entbunden wurde. "Zu diesem Zeitpunkt waren weder das Ausmaß, noch die strafrechtliche Relevanz des Fehlverhaltens der Mitarbeiterin erkennbar", so Harald Neymanns. Hinweisen vom Juni 2017 sei das BAMF sofort nachgegangen.
Nachdem tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat erkennbar waren, habe die Behörde Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft gestellt. "Die Staatsanwaltschaft und das Bundesamt führen seitdem umfangreiche Ermittlungen zu den gesamten Vorfällen durch." Ob es, wie nun vom "Spiegel" berichtet, bereits 2014 Hinweise auf Auffälligkeiten in Bremen gab, sagte der Sprecher nicht.