Angela Merkel fährt mit einem Schiff der Chiemsee-Schifffahrt auf die Insel Herrenchiemsee und winkt (Archivfoto).
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Angela Merkel (CDU), ehemalige Bundeskanzlerin, will in Ruhe Westdeutschland bereisen (Archivfoto).

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Merkel will in Ruhe Westdeutschland erkunden

Altkanzlerin Merkel will in ihrem "neuen Lebensabschnitt" Touristenziele in Westdeutschland erkunden. Sie sei selten zweckfrei dort gewesen. Nach vielen Jahren in der Politik will sie erleben, was andere ganz selbstverständlich unternehmen würden.

Nach über 30 Jahren in der Politik hat Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) nun viel Zeit. Dass sie mehr reisen wolle, betonte sie schon kurz vor ihrem Ausscheiden aus dem Kanzleramt. Ein Trip nach Italien und mehrere Wochen an der Ostsee liegen nun hinter ihr. In einem Interview mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)" verriet sie jetzt: Auch den Westen Deutschlands will die in Ostdeutschland aufgewachsene Merkel näher kennenlernen.

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Merkel will "einfach so" an die Moselschleife und in den Trierer Dom

"Ich bin selten zweckfrei in den alten Bundesländern gewesen", sagte die Ex-Kanzlerin dem "RND". "Ich bin nie einfach so auf der Loreley gewesen oder an der Moselschleife oder alleine im Trierer Dom oder Speyerer Dom." Typische Touristenziele also, die sie erkunden will - in einem neuen Lebensabschnitt, wie Merkel selbst sagt. Sie habe bisher nur wenig gemacht, was viele Menschen gern und selbstverständlich unternehmen würden.

"Ich gehe jetzt in den Teil meines Lebens, der mir bisher verwehrt war. Als Mensch", hielt Merkel fest. Nach der Amtsübergabe an Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Dezember 2021 war es einige Monate ruhig um die Kanzlerin geworden. Ihr erstes größeres Interview gab sie kürzlich auf der Bühne eines Berliner Theaters. Schon dort wurde deutlich, wie wichtig es ihr ist, nun auch Termine wahrzunehmen, die ihr persönlich Vergnügen bereiten. "Wohlfühltermine", wie sie witzelte.

Außerdem plant Merkel, über ihre Zeit in der Politik, über ihre Kindheit sowie über ihre Jugend in der DDR gemeinsam mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann ein Buch zu schreiben.

Merkel verteidigt Entscheidung zu Nord Stream 2

Merkel verteidigte in dem Interview mit dem RND ihre Entscheidungen zum Bau der Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2. "Ich habe nicht an Wandel durch Handel geglaubt, aber an Verbindung durch Handel, und zwar mit der zweitgrößten Atommacht der Welt", sagte Merkel. Es sei aber keine einfache Entscheidung gewesen. "Die damalige These lautete: Wenn Nord Stream 2 in Betrieb ist, wird Putin durch die Ukraine kein Gas mehr liefern oder sie sogar angreifen." Der Westen habe dafür gesorgt, dass Gas trotzdem durch die Ukraine geleitet worden sei und sie so weiter Transitgebühren erhalten habe.

Merkel wies darauf hin, dass Russland die Ukraine dann am 24. Februar angegriffen habe, als durch Nord Stream 2 noch kein Gas geleitet wurde. "In diesem Sinne war Gas keine Waffe", sagte Merkel.

Flüchtlingskrise als emotionalste Phase ihrer Amtszeit

Für Merkel ist die Zeit der Flüchtlingskrise rückblickend die "emotionalste Phase" ihrer Kanzlerschaft gewesen. "2015/2016 war es eine extrem anstrengende Zeit, in der ich aber innerlich sehr gefestigt war", sagte die CDU-Politikerin. Ihr Handeln im Jahr 2015 habe dem C im Namen ihrer Partei entsprochen sowie dem Artikel eins des Grundgesetzes. Das C in der CDU steht für christlich. Der Grundgesetz-Artikel eins verpflichtet zum Schutz der Würde des Menschen und enthält ein Bekenntnis zu den Menschenrechten.

Als im Spätsommer 2015 viele vor allem syrische Flüchtlinge über Ungarn und Österreich nach Deutschland kamen, entschied Merkel, die deutschen Grenzen nicht zu schließen. Einer ihrer bekanntesten Sätze fiel damals: "Wir schaffen das." Merkels Entscheidung war innerhalb der Union aber auch in der Gesellschaft umstritten. Mit dem damaligen CSU-Chef Horst Seehofer geriet sie danach beim Flüchtlingsthema immer wieder aneinander. Rückblickend sagte sie über diese Zeit und ihre Entscheidung nun dem RND: "Das sehe ich überhaupt nicht als Tiefpunkt. Da hat mich mancher Konflikt um Corona mehr mitgenommen."

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