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Analyse: Der Union sterben die Wähler weg

Analyse: Der Union sterben die Wähler weg

Das Albtraum-Ergebnis für die CSU, der Zickzack-Kurs Seehofers, die polarisierende Asylpolitik Merkels – aber: Das schlechte Ergebnis für die Union hat noch einen ganz anderen Grund. Von Florian Haas

33 Prozent. Das Ergebnis für die Union bei der Bundestagswahl war schlecht, keine Frage, Darin sind sich alle Meinungsforscher einig. Die Gründe liegen für die Wahlforscher der großen Meinungsforschungsinstitute auf der Hand.

Die Gründe für das Desaster

Erstens: Die CSU, das einstige Stimmen-Zugpferd aus dem Süden, hat in Bayern ein katastrophales Ergebnis verbucht. Zweitens: Gerade die Endphase des Wahlkampfs lief für die Union miserabel, womöglich auch, weil es erst dann der SPD gelang, einige Themen gut zu positionieren (Pflege, Rente) und weil viele aus dem konservativen Lager spät zur FDP koalitionsorientiert wechselten. Drittens: Die eigentlich als moderat geltende Kanzlerin hat wegen ihrer Asylpolitik in der Bevölkerung polarisiert. Viertens: Im Vergleich zu 2013 hat die Union zwar stark verloren – aber im Vergleich zu 2009 war der Verlust fast marginal.

Verhältnis zur Kanzlerin wechselhaft

Sprich: 2013 war eine Ausreißerwahl im positiven Sinne, mit Blick auf den langfristigen Negativ-Trend für die einstigen Volksparteien CDU und SPD steht vor allem die CDU gar nicht so abnormal weit unten – anders als die CSU, in der es jetzt brodeln dürfte. Zumal Horst Seehofer nach Ansicht der Meinungsforscher klare Mitschuld trägt am Unionsergebnis: Zunächst diskreditierte er Merkel, dann wurde sie im Wahlkampf zur Speerspitze der CSU, man warb für sie auf den Plakaten, machte Wahlkampf mit ihr. Wie sollte der wegen der Asylpolitik ohnehin irritierte Wähler da noch mitkommen? Viele entschieden sich halt für die AfD.

Der Union werden die Wähler knapp

Aber es gibt noch einen anderen Grund, unter der die CDU und CSU viel, viel stärker leidet als alle anderen Parteien – und der bisher kaum zur Sprache gebracht wurde. Dieser Grund ist simpel, in gewisser Weise traurig und ziemlich relevant: Der Union werden die Wähler knapp. Nico Siegel, Geschäftsführer vom ARD-Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap, spricht stellvertretend für alle anderen etablierten Meinungsforscher sehr höflich und sprachlich korrekt von einer „extrem hohen Mortalitätsrate“.

Vom Aussterben bedroht?

Konkret: Der Union sterben pro Legislaturperiode ungefähr eine Million Wähler weg. Das sind viel, viel mehr als bei anderen Parteien. Die Altersstruktur der Unions-Wähler ist zwar seit langem so hoch. aber sie war es nicht immer, sagt Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach. Bis in die frühen 60er-Jahren seien die Unionswähler im Schnitt eher jung gewesen. Danach wurde sie eine immer mehr altersgebundene Partei. Das ist sie bis heute.

Köcher erwartet hier in den nächsten zehn bis 15 Jahren weitere demographisch bedingte Probleme für die Union. CDU und CSU müssen also viel stärker gegen einen demographischen Trend arbeiten als andere Parteien. Insofern schränkt Köcher auch ein Es sei abhängig von Themen und Personen, inwieweit die Union unter ihrer Wähleraltersstruktur leidet. Frei übersetzt: Mit einem jüngeren Spitzenpersonal und auf Jüngere angelegte Themen könnte sie versuchen, ihrer Altersstruktur zu verjüngen. Dafür müsste aber etwas passieren. Horst Seehofer ist 68 Jahre alt, Angela Merkel 63.  

Auf lange Sicht wird auch der rechte Rand besetzt

Was übrigens die AfD betrifft, so gilt ihre Zukunft als ungewiss. Für Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen steht jedoch fest: Langfristig wird im Bundestag eine rechte oder klar rechtsorientierte Partei sitzen. Das sei auch gar nicht so falsch, sagt Jung. Vielmehr eine natürliche Konstellation, dass es einen linken und rechten Rand gebe in einem Parlament. Übrigens: Für die Meinungsforschungsinstitute in Deutschland war es aus deren Sicht eher eine gelungene Wahl. Anders als bei der Wahl Donald Trumps oder dem Brexit gab es keine großen Überraschungen, die Parteienergebnisse wurden in etwa so erwartet. Abgesehen vom Ergebnis der Union.