Polizei und Geheimdienste haben den Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, nach Recherchen der "Welt am Sonntag" viel früher und intensiver überwacht als bislang bekannt. Dies gehe aus Tausenden Akten, Dutzenden V-Mann-Berichten und den Protokollen von Telefon- und Internetüberwachungen hervor, die dem Blatt nach eigenen Angaben vorliegen.
Bereits am 24. November 2015, also mehr als ein Jahr vor dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz, meldete der V-Mann "Murat" alias "VP01" konkrete Anschlagspläne Amris an das LKA Düsseldorf. Diese seien - wie alle weiteren Erkenntnisse - von dort an BKA, Generalbundesanwalt und das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergereicht worden. Spätestens seit dem 3. Dezember 2015 seien deshalb die Mobiltelefone Amris abgehört und seine Internetverbindungen überwacht worden. Mitte Dezember soll Amri mit seinem rund um die Uhr überwachten Smartphone detaillierte Anleitungen zum Bombenbau heruntergeladen haben.
Verwicklung internationaler Geheimdienste
Die Recherchen belegen demnach ferner, dass Amri schon vor seiner Ankunft in Italien im April 2011 enge persönliche und familiäre Verbindungen zu Kämpfern und Führungsleuten des IS in Libyen gehabt habe. Diese Kontakte seien zumindest dem tunesischen Geheimdienst seit Jahren bekannt gewesen. Auch BKA und Bundesanwaltschaft hätten spätestens im März 2016 davon erfahren.
Am 19. Dezember 2016 war Amri mit einem Laster in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast. Bei dem bislang schwersten islamistischen Anschlag hierzulande waren zwölf Menschen getötet und annähernd 100 Menschen verletzt worden. Amri wurde später auf der Flucht von italienischen Polizisten erschossen.