David Ben Gurion erklärt die Gründung Israels am 14.5.1948
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David Ben Gurion erklärt die Gründung Israels am 14.5.1948

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75 Jahre Israel: Demokratie in der Krise feiert Geburtstag

Am Unabhängigkeitstag feiern jüdische Israelis die Gründung des Landes. Doch im Hintergrund schwelt es - Israel steckt durch die geplante Justizreform in der schwersten innenpolitischen Krise seiner Geschichte. Ein Schatten auf den Feierlichkeiten.

Über dieses Thema berichtet: Die BR24 Reportage am .

Als Ben Gurion am 14. Mai 1948 die Gründung des Staates Israel ausrief, war klar, was die Folge sein würde. Mehrere arabische Armeen griffen an. Der junge Staat musste sofort um seine Existenz kämpfen. Es sollte nicht der letzte Krieg in der israelischen Geschichte sein. Der Kampf ums Bestehen des jüdischen Staates prägte die ersten Jahrzehnte seiner Existenz. Grundlage für die Staatsgründung 1948 war die Annahme des Teilungsplans für Palästina durch die Vereinten Nationen. Der UN-Plan sah vor, im bis dahin britischen Mandatsgebiet einen jüdischen und einen arabischen Staat zu errichten. Es kam dann allerdings nur zur jüdischen Staatsgründung.

Heimat für ein verfolgtes Volk

Nach den Schrecken des Holocausts und der Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden durch die Nazis wurde Israel zur Heimstatt des jüdischen Volkes. Heute leben dort rund 46 Prozent der jüdischen Weltbevölkerung. Es ist ein Land, dessen Bevölkerung stetig wächst. Aktuell hat es rund 9,7 Millionen Einwohner. 2048, wenn sich die Staatsgründung zum 100sten Mal jährt, werden es, Schätzungen zufolge, 15,2 Millionen sein.

Dieser Bevölkerungszuwachs stellt das schon jetzt sehr dicht besiedelte Israel mit seinen begrenzten Ressourcen vor große Herausforderungen. Aufgrund einer hohen Geburtenrate nimmt vor allem der Anteil der streng-religiösen Juden zu. Machten sie bei der Staatsgründung noch rund ein Prozent der Bevölkerung aus, sind es nun 15 Prozent.

Nicht für alle ein Grund zum Feiern

Die größte nicht-jüdische Minderheit ist mit rund 20 Prozent die Bevölkerungsgruppe der arabischen Israelis. Sie fühlen sich im Land bis heute mehrheitlich nicht gleichberechtigt und angekommen. Für die Palästinenser ist der Jahrestag der israelischen Staatsgründung kein Anlass zum Feiern.

Sie bezeichnen den nach der Gründung ausgebrochenen ersten Nahostkrieg bis heute als "Nakba" – als Katastrophe. Hunderttausende flüchteten aus dem heutigen israelischen Staatsgebiet oder wurden vertrieben.

Erfolgsgeschichte in vielerlei Hinsicht

Für die jüdischen Israelis, die die Gründung nach dem hebräischen Kalender feiern und damit in diesem Jahr am 26. April, ist die Entwicklung ihres Landes eine Erfolgsgeschichte. Jüdische Einwanderer aus aller Welt wurden in die Gesellschaft integriert. Das Land ist kulturell vielfältig, wirtschaftlich erfolgreich und militärisch stark.

Den Unabhängigkeitstag werden die meisten jüdischen Israelis voraussichtlich feiern wie immer. Die Leute haben frei und es wird zahllose private Grillfeste geben sowie eine landesweite Flugshow der Luftwaffe, an der in diesem Jahr auch ein Kampfjet der Bundeswehr beteiligt ist. Vielen Israelis ist an diesem Unabhängigkeitstag allerdings weniger nach Feiern zumute als in den Vorjahren.

Justizreform spaltet und überschattet Geburtstag

Der erbitterte Streit um die von der rechts-religiösen Regierung geplante Justizreform spaltet die israelische Gesellschaft tief. Die Reform sieht eine Schwächung des Einflusses der Gerichte auf die Regierung und das Parlament vor. Gerichtsurteile sollen mit einer einfachen Parlamentsmehrheit aufgehoben werden können. Kritiker sehen darin einen Angriff auf die Gewaltenteilung und das demokratische System des Landes.

Hunderttausende Israelis gingen in den vergangenen Monaten auf die Straße. Es sind die größten und längsten Proteste in Israels Geschichte. Der unter Korruptionsanklage stehende Premierminister Netanjahu hat den Gesetzgebungsprozess für die Justizreform vorerst gestoppt, sich aber bisher nicht von den Plänen verabschiedet.

Spaltung der jüdischen Gesellschaft

Der Streit verdeutlicht die immer größer werdende Kluft zwischen säkularen jüdischen Israelis auf der einen Seite und national- und streng-religiösen Einwohnern auf der anderen. Ihnen war der Einfluss der Gerichte in der Vergangenheit zu groß und sie sind für die Reform. Die Säkularen dagegen fürchten um die Unabhängigkeit der Justiz und die israelische Demokratie, so wie sie sie kennen und erhalten wollen. Die verschiedenen Gruppen der jüdischen Gesellschaft Israels müssen ihr Miteinander neu aushandeln. Das überschattet die Feiern zum 75. Geburtstag.

Im Audio: 75 Jahre Israel

Die israelische und die palästinensische Flagge wehen im Wind
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Nahaufnahme 75 Jahre Israel

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