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Ein Mann trägt eine elektronische Fußfessel

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Gefährder aus Syrien: Mit Fußfessel nach Athen

Ein 35-jähriger Syrer konnte nach Informationen des ARD-Politikmagazins report München trotz Fußfessel nach Athen fliegen. Aus rechtlichen Gründen wurde die Überwachung vor Ort in Griechenland abgebrochen. Von O. Bendixen, S. Kemnitzer und A. Senyurt

Hamburger Flughafen, 11. Oktober. Hussein Z. läuft mit einem Verband durch die Sicherheitskontrolle. Es piepst, immer wieder. Denn Hussein Z., ein 35-jähriger Syrer, trägt eine Fußfessel. Er ist ein den Behörden bekannter Gefährder, wohl auch ein Islamist. Trotzdem darf er in den Flieger nach Athen, auf Anfrage von report München heißt es dazu von der Bundespolizei:

"Eine Fußfessel stellt grundsätzlich keine Gefahr für den Luftverkehr dar. Hingegen durfte die Person nach dem Recht der Europäischen Union nicht grenzpolizeilich kontrolliert werden, da eine Binnengrenze überschritten wurde." Bundespolizei

Überwachung von Fußfessel beendet

Wegen des Fluges sendete die Fußfessel für drei Stunden kein Signal, dann wurde ein Signal aus Athen registriert. Kurz danach wurde nach Informationen von report München die Überwachung aus rechtlichen Gründen abgebrochen und auch nicht wieder aufgenommen. Aber die zuständigen Sicherheitsbehörden in Griechenland und der Türkei wurden durch das Bundeskriminalamt informiert. Der Gefährder hatte zuvor gegenüber den Behörden angegeben, Kontakt mit seinem kranken Sohn in der Türkei aufnehmen zu wollen.

Wer ist der Mann?

Der 35-jährige Hussein Z. kommt wohl im Februar 2015 als Flüchtling nach Deutschland, wird anerkannt, lebt nach seiner Ankunft im Raum Aschaffenburg. In seiner Unterkunft bedroht er mehrfach Mitbewohner. Dazu heißt es auf Anfrage von report München beim zuständigen Polizeipräsidium Unterfranken:

"Aufgrund des von ihm an den Tag gelegten Aggressionspotenzials wurden polizeiliche Maßnahmen ergriffen. Unter anderem wurde infolge seines Verhaltens und seiner persönlichen Hintergründe vorrübergehend ein längerfristiger Gewahrsam durch das Amtsgericht angeordnet, der am 04.10.2017 beendet war." Polizeipräsidium Unterfranken

Gefährder reist von Unterfranken nach Hamburg

Anschließend bekommt der Mann eine Fußfessel. Die kommenden Tage bittet Hussein Z. die Behörden, nach Hamburg fahren zu dürfen, wo sich seine Mutter und seine Schwester aufhalten. Die Fahrt wird gestattet, es kommt zu einem Austausch zwischen der Polizei in Unterfranken und dem LKA Hamburg, nach Angaben der Polizei wurde auch „eine unmittelbare Gefährderansprache vor Ort“ durchgeführt.

Was passiert jetzt?

Der syrische Gefährder kann sich, nachdem er in Athen gelandet ist, überall hinbewegt haben – trotz Fußfessel. Mittlerweile ist Hussein Z. im gesamten Schengenraum zur Festnahme ausgeschrieben, mit dem Ziel, ihn entweder nicht einreisen zu lassen oder ihn umgehend abzuschieben. Sein Status als anerkannter Flüchtling wurde ihm aberkannt. Die Polizei in Unterfranken schreibt auf Anfrage, dass ein „internationaler Informationsaustausch“ stattfinde; wohl auch mit dem Ziel, die Fußfessel wiederzubekommen.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes, Holger Münch, fordert nun Veränderungen:

"Es braucht dringend eine Vereinheitlichung der rechtlichen Voraussetzungen für die Überwachung von sogenannten Gefährdern." Holger Münch, Präsident Bundeskriminalamt

Wie es zu diesem Fall kommen konnte, ist noch unklar. Haben die Behörden versagt? Oder wurde die Ausreise bewusst in Kauf genommen? Klar ist aber: Der Gefährder konnte trotz Fußfessel ein Flugzeug besteigen.