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"Anti-Abschiebe-Industrie": Dobrindt legt mit Kritik nach

Mit seiner Bemerkung über eine gescheiterte Abschiebung in Ellwangen hat Dobrindt viel Empörung ausgelöst. Den CSU-Politiker scheint das nicht zu kümmern. Er spricht jetzt in einem Interview gar von "Abschiebe-Saboteuren". Von Vera Cornette

"Die Anti-Abschiebe-Industrie nutzt die Mittel des Rechtsstaates, um ihn durch eine bewusst herbeigeführte Überlastung von innen heraus zu bekämpfen", sagt Dobrindt in der "Bild am Sonntag". 2015 seien die Grenzen überrannt worden, jetzt versuchten "Abschiebe-Saboteure" das Gleiche mit den Gerichten.

Kritik vom Bayerischen Flüchtlingsrat

"Das ist absurd und gefährdet den Rechtsstaat", sagt dagegen Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat dem BR. Der CSU gehe langsam auf, dass entgegen vollmundiger Ankündigungen Abschiebungen weder schneller noch zahlreicher durchzusetzenden sind. Für Dünnwald eröffne Dobrindt jetzt die "Jagd auf Sündenböcke".

Mit dem heutigen Interview in der BamS legt der CSU-Landesgruppenchef mit seiner Kritik nach der missglückten Abschiebung eines Asylbewerbers Ellwangen nach: Anfang Mai konnte der ein 23-jähriger Mann aus Togo nicht abgeschoben werden, weil Bewohner der Flüchtlingsunterkunft dies verhinderten.

Gesellschaftlicher Friede gefährdet

Nach einem Großeinsatz der Polizei wurde der Mann festgenommen und sitzt inzwischen in Abschiebehaft. Gegen die drohende Abschiebung hat der 23-Jährige am Freitag Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, morgen rechnet der Asylanwalt des jungen Mannes mit einer Entscheidung.

Auf Verfahren wie dieses zielt Dobrindts Kritik: Wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden, sagte er der "Bild am Sonntag".

Dass durch Klagen wie die des Asylbewerbers aus der Ellwanger Unterkunft Abschiebungen verhindert oder verzögert werden, wies Rechtsanwalt Stephan Hocks zurück. Der Vorsitzende des Ausschusses für Asyl- und Ausländerrecht der Bundesrechtsanwaltskammer sagte dem Spiegel, dass Dobrindt mit seiner Kritik impliziere, "dass jemand aus anderen Gründen als aus rechtsstaatlichen Interessen Verfahren führt." Dies sei nicht der Fall.

Hocks verärgerte auch der Begriff der "Anti-Abschiebe-Industrie": "Sie unterstellt, dass es Anwälte und Berater gibt, die aus kommerziellen Interessen Abschiebungen verhindern".

Lischka lehnt Klageweg-Einschränkung ab

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, forderte eine Stichtagsregelung für gut integrierte Flüchtlinge. "Die deutsche Politik muss sich ehrlich machen. Wir schieben teilweise gut integrierte Menschen ab, die seit vielen Jahren hier leben und arbeiten. Für diese Leute sollte eine Stichtagsregel gelten, damit sie bleiben können", sagte er der "BamS". Zugleich verlangte er eine konsequentere Abschiebung von Menschen, auf die dies nicht zutreffe. Eine Einschränkung des Klageweges lehnte Lischka aber ab.