Tauschbox in der Würzburger Wredestraße
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Tauschbox in der Würzburger Wredestraße

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Würzburger Tauschboxen: Ehrenamt stößt an bürokratische Grenzen

In den Würzburger Tauschboxen können Menschen Kleidung und Gegenstände umsonst mitnehmen oder Dinge ablegen, die sie nicht mehr brauchen. Eine ehrenamtliche Initiative, die bisher aber nicht offiziell genehmigt wurde.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Kleidungsstücke, Geschirr, Spielzeug – all das findet sich in den Würzburger Tauschboxen, vier selbst zusammengezimmerte Häuschen in den Stadtteilen Zellerau, Sanderau und Grombühl. Wem hier etwas gefällt oder wer etwas gebrauchen kann, der darf es umsonst mitnehmen. Die drei Initiatoren Paul, Sarah und Marie haben die öffentlichen Tauschstellen als Angebot für die Gemeinschaft aufgestellt – bei der Beantragung sind sie jedoch an ihre bürokratischen Grenzen gestoßen.

Tauschboxen werden gut angenommen

In der Würzburger Zellerau befindet sich die Tauschbox gleich hinter der Post-Filiale. Die drei Initiatoren Paul, Sarah und Marie schauen hier regelmäßig vorbei, um Ordnung zu schaffen, heruntergefallene Kleidungsstücke sorgfältig auf Bügeln anzuordnen oder Unbrauchbares wegzuwerfen. Bereits Ende letzten Jahres haben die drei hier den ersten Schrank aufgestellt. Paul hatte das Konzept in Hamburg beobachtet und wollte die Idee auch nach Würzburg bringen. Dass die Schränke tatsächlich so intensiv genutzt würden, hätten die drei jedoch nicht erwartet. Es zeige, dass der Bedarf hier enorm groß sei, so Marie, auch in Würzburg wohnen eben nicht nur Gutverdiener. Gerade notwendige Ausstattung wie Wintermäntel oder Mützen seien momentan sofort wieder weg, stimmt Sarah zu, eine Entlastung für Menschen, die sich neue Klamotten nur schwer leisten können. Zudem gehe es ihr aber auch um den Nachhaltigkeitsgedanken: Viele Kleidungsstücke, die noch gut sind, bekämen ein zweites Leben. Statt weggeworfen zu werden oder in der Kleidersammlung zu landen, blieben Klamotten in der Region und helfen direkt vor Ort.

Unklare Zuständigkeiten: Initiatoren verzweifeln an Beantragung

Das Problem jedoch: Wer etwas im öffentlichen Raum aufstellt, muss dies zuvor offiziell beantragen. Eine Prüfung sei aus Gründen der Verkehrssicherheit notwendig, erklärt Pressesprecherin Claudia Lother von der Stadt Würzburg, damit beispielsweise keine Fußgängerwege blockiert werden und Fußgänger auf die Straße ausweichen müssen. Initiator Paul wandte sich daher mit seinem Anliegen an das Amt für Öffentliche Ordnung, wurde jedoch an das Straßenbauamt und von dort weiter an das Gartenamt verwiesen, so Paul. Kein Amt hätte sich zuständig gefühlt, sodass sie die Boxen schließlich einfach aufgestellt hätten - versehen mit einem Hinweis an die Stadt.

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Schild an der Tauschbox in der Würzburger Sanderau

Antrag auf Sondernutzung öffentlichen Raumes

Die Lösung sei laut Lother ein Antrag auf Sondernutzung öffentlichen Raumes, zu stellen beim Fachbereich Tiefbau und Verkehrswesen – zumindest für längerfristige Nutzung. Andernfalls wäre die Fachabteilung Ordnungsaufgaben zuständig. Es sei denn, die Tauschbox stehe in einem Bereich, der offiziell als Grünanlage zählt, dann wäre das Gartenamt der richtige Ansprechpartner.

Als Laie sei es schwer, sich hier zurechtzufinden, so Paul. Privatpersonen hätten kaum Ressourcen, sich durch die bürokratischen Anforderungen zu kämpfen. Hier müsse die Bürokratie wieder in sinnvollere Bahnen gelenkt werden.

Bürokratische Hürden: "So sterben viele Projekte“

Zudem ist eine bewilligte Sondernutzung dann mit monatlichen oder jährlichen Gebühren verbunden. Das Aufstellen eines Zigarettenautomaten kostet beispielsweise jährlich 250 bis 350 Euro pro Automat. Unter welche Kategorie die Tauschboxen fallen, müsse jedoch erst spezifisch geprüft werden, so Pressesprecherin Lother. Für Paul, Marie und Sarah, die die Boxen ehrenamtlich ins Leben gerufen haben, würde das ein Aus ihres Projektes bedeuten. Verschenken, Tauschen, Solidarität mit den Mitmenschen - das sei der Kern des Konzeptes, macht Paul deutlich. Hierfür Gebühren einzufordern würde der Sache nicht gerecht. "So sterben viele Projekte", befürchtet er. "Das Viertel hier und auch andere Viertel in Würzburg könnten viel bunter und auch viel lebenswerter sein."

Mehr als nur tauschen: Kommunikation zwischen allen Generationen

Das zeigt sich auch daran, dass die Idee sehr gut angenommen werde und mittlerweile fast ein Selbstläufer sei, so Sarah. Die Anwohner hätten gemerkt, dass die Boxen eine Chance sind, ihr eigenes Viertel mitzugestalten. Viele würden von selbst mit aufräumen, brächten kleine Aufmerksamkeiten wie Obst oder Marmelade vorbei und die Wand der Zellerauer Box zählt mittlerweile schon fast als schwarzes Brett: Wer ein größeres Möbelstück abzugeben hat, das nicht in das Häuschen passt, hängt hier einen Zettel auf. Auch kleine Dankesnachrichten von Menschen, die sich über einen besonders schönen Fund gefreut habe, finden sich. Generell seien die Plätze rund um die Tauschboxen viel kommunikativer geworden, so Marie. Menschen aller Altersgruppen und sozialer Schichten kämen vorbei und blieben dann auch stehen, um sich zu unterhalten.

Nachhaltigkeitsgedanke unterstützenswert: Einigung mit der Stadt?

Auch die Stadt gibt an, der Nachhaltigkeitsgedanke hinter den Boxen sei unterstützenswert. Tatsächlich unterstützt Würzburg bereits ähnliche kostenfreie Angebote wie die öffentlichen Bücherschränke oder die Tauschbörse. Zudem sehe man, dass sich um die Tauschboxen gut gekümmert werde, so Lother. Die drei Initiatoren werden sich nun erneut um einen offiziellen Antrag bemühen und hoffen dann auf eine Einigung mit der Stadt.

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