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Die Charité-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

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Wie sich die CSU mit dem Psychiatriegesetz quält

Das geplante Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz stößt bei Verbänden, Ärzten und Opposition auf viel Kritik. Öffentliche Sicherheit gegen Heilung und Hilfe – so verlaufen die Fronten. Die CSU-Regierung hat sich in eine schwierige Lage manövriert.

Zunächst waren sich alle einig, auf dem Weg zu einem neuen bayerischen Psychiatriegesetz: die Sozial- und Gesundheitspolitiker, die Bezirke als Zuständige für die psychiatrische Versorgung und die Staatsregierung. Kathrin Sonnenholzner (SPD), Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bayerischen Landtag, lobt die vorbereitenden Runden Tische.

"Das war schwierig, weil die Betroffenen und die psychiatrischen Klinikdirektoren nicht immer einer Meinung sind. Man hat sich da sehr gut verständigen können und gute Eckpunkte erarbeitet." Kathrin Sonnenholzner

Höheres Sicherheitsbedürfnis nach Münchener OEZ-Anschlag

Aber dann tötete im Juli 2016 ein psychisch labiler Jugendlicher beim Münchner OEZ-Anschlag neun Menschen mit Migrationshintergrund. Daraufhin nahm die enge Zusammenarbeit von Gesundheits-, Sozial-, Justiz- und Innenministerium am Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz neue Fahrt auf.

"Jeder hat seine Maximalforderungen reingebracht, und diese kommen sicherlich aus Justiz und Innen, und die sind dann wohl so übernommen worden. Und das ist jetzt unser Riesenproblem, dass man nicht an die psychisch kranken Menschen gedacht hat - sondern nur an psychisch kranke Straftäter." Josef Mederer, CSU-Bezirkstagspräsident

Für diese gibt es das sogenannte Maßregelvollzugsgesetz. Das bestimmt, wie etwa psychisch kranke Sexualstraftäter dauerhaft in der forensischen Psychiatrie untergebracht werden können. Für die CSU-Staatsregierung stand also nach dem OEZ-Anschlag beim neuen Gesetz die Gefahrenabwehr im Vordergrund - eine klare politische Richtungsentscheidung.

Bayerische Paragraphenbremse verhindert maßgeschneidertes Gesetz

Mit ins Spiel kommt aber auch noch die sogenannte Bayerische Paragraphenbremse. 2013 hatte der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer angekündigt: Pro Legislaturperiode - also bis Herbst 2018 - dürften neue Gesetzes-Paragraphen nur entstehen, wenn eben so viele wegfallen. Bezirkstagspräsident Mederer kritisiert die Folgen - genauso wie SPD-Frau Sonnenholzner am Donnerstag bei der Debatte zum frisch eingebrachten Gesetz im Bayerischen Landtag.

"Ok, dann nehmen wir Teile des Maßregelgesetzes ins Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz mit rein, dann sparen wir Paragraphen. Das führt zu dem, dass wir eben kein reines Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz bekommen." Josef Mederer
"Und es ist egal, ob der Grund dafür diese völlig bescheuerte Paragraphenbremse ist, oder ob der Grund ist, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln. Die Psychiatrie und der Maßregelvollzug sind nicht gleiche Sachverhalte. Und weil sie nicht gleiche Sachverhalte sind, gehören sie auch unterschiedlich geregelt!" Kathrin Sonnenholzner

Regierung Söder zeigt sich kompromissbereit

Dass wegen der Paragraphenbremse also kein maßgeschneidertes Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz entstehen konnte, bestreitet auch die frischernannte CSU-Sozialministerin Kerstin Schreyer nicht. Die gelernte Sozialpädagogin betont aber, dass ein Hauptpunkt der Kritiker schon so gut wie gelöst sei, nämlich die geplante fünfjährige Speicherung aller Patientendaten von Zwangseingewiesenen. 

"Ich habe das Gesetz ja übernommen. Und für mich ist wichtig, dass wir jetzt in Gesprächen schauen: Wo können wir nochmal ein Stück mehr rütteln? Und jetzt zum Beispiel bei der Datei, da habe ich ja bereits runterverhandelt, dass wir nicht mehr von fünf Jahren ausgehen, wir gehen von wenigen Monaten mittlerweile aus." Kerstin Schreyer

Sozialministerin hofft auf Sicherheitsminister mit Herz

Und mit Blick auf die Expertenanhörung nächsten Dienstag im Bayerischen Landtag und die noch zu überwindenden Widerstände im parlamentarischen Verfahren mit den CSU-Sicherheits- und -Rechtspolitikern sagt Schreyer:

"Ich habe den großen Luxus, dass in diesem Kabinett - mit Winfried Bausback als Justizminister und mit Innenminister Joachim Herrmann - zwei sitzen, die das Herz am rechten Fleck haben. Und neben aller justiz- oder innenpolitischen Kompetenz weiß ich, dass die mir so weit helfen werden, dass wir gute Lösungen für dieses Gesetz entwickeln." Kerstin Schreyer