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Schweinfurt

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Wirtschaftsaufschwung: Wie reich ist Schweinfurt wirklich?

Schweinfurt ist die viertstärkste Wirtschaftsstadt in Deutschland. Wichtige Player der Automobilindustrie produzieren hier. Aber bekommen die Stadt und ihre Bewohner davon etwas mit? Norbert Steiche hat nachgeforscht.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Morgens um 6.00 Uhr, nachmittags um 14.00 Uhr und am Abend um 22.00 Uhr: Genau zum Schichtwechsel in den Fabriken sind viele der Menschen unterwegs, die dazu beitragen, dass die Automobilzulieferer SKF, Schaeffler oder ZF im Augenblick gut verdienen.

Über 53.000 Arbeitsplätze gibt es in Schweinfurt. Fast so viele, wie Menschen in der Stadt leben. Fast 40.000 Leute pendeln täglich zum Arbeiten in die Stadt am Main. Aber lassen sie auch das verdiente Geld in der Stadt? Schön wär's, sagt Axel Schöll, der Kreisvorsitzende des Handelsverbands Bayern in Schweinfurt. Der Geschäftsmann betreibt selbst ein Schuhgeschäft.

"Kaufkraft hat damit zu tun, wieviel Geld hier ausgegeben wird. Und da ist Schweinfurt mit einem Wert von 100 etwa im Bundesdurchschnitt. Natürlich, das Geld, das hier erwirtschaftet wird, fließt nicht komplett in die Stadt. Wünschenswert wär's, aber es sind natürlich viele, die im Landkreis wohnen, die einpendeln und hier arbeiten, die ihr Geld in den Landkreisgemeinden ausgeben. Schweinfurt kann also nicht alles von diesem wirtschaftlichen Reichtum abhaben. Aber es muss weiter daran gearbeitet werden: Dass die Kaufkraft steigt in der Stadt. Dass Schweinfurt attraktiv das Oberzentrum bleibt. Und da gibt es eben viele Sachen, die getan werden müssen." Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbandes Bayern in Schweinfurt

Investitionen und Ambitionen auf Kulturstadt

Vor allem in der Industrie wird das Geld verdient, von dem Schweinfurt lebt. Die Betriebe sorgen im Augenblick dafür, dass die Gewerbesteuereinnahmen sprudeln. Alleine im letzten Jahr sind 70 Millionen Euro in die Stadtkasse geflossen. Und die Stadt hat investiert: in die Sanierung der Altstadtviertel beispielsweise, in denen Häuser zu verfallen drohten. Und Schweinfurt versucht sich auch einen Namen als Kulturstadt zu machen, unter anderem mit dem Museum Georg Schäfer oder mit einem zur Kunsthalle umgebauten Hallenbad. Dort, wo noch bis vor ein paar Jahren Kasernen der US-Armee waren, entsteht ein Internationaler Campus der Fachhochschule. Die Stadt hat sich entwickelt, da sind sich Einheimische und Zugereiste einig.

"Da sieht man, dass überall von Seiten der Stadt aus gebaut wird. Straßen sind also einigermaßen in Schuss." Ein Schweinfurter
"Man merkt, dass in Schweinfurt einige Projekte angegangen werden, also dass investiert wird. Aber dass Schweinfurt reich ist, kann man jetzt als Normalbürger nicht direkt feststellen." Schweinfurter
"Ich bin zugezogen; von daher war's für mich am Anfang gar nicht so leicht, Schweinfurt gut zu finden, weil es eben doch eine Industriestadt ist. Aber Schweinfurt ist eine Stadt, die sich unheimlich viel Mühe gibt. Eine Stadt, die industriell ihre Wurzeln hat, aber eben auch viel für Kunst und Kultur tut. Und sie hat einfach eine wunderschöne Umgebung." Schweinfurter

Reichtum kommt bei vielen Schweinfurtern nicht an

Ein hohes Bruttoinlandsprodukt bedeutet aber nicht, dass die Menschen hier über die Maßen verdienen, sagt Peter Kippes, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Schweinfurt. Er kämpft mit seiner Gewerkschaft regelmäßig dafür, dass die Mitarbeiter in der Industrie gut bezahlt werden.

"Bei dem Großteil der Beschäftigten kommt es ganz entscheidend darauf an: Wo arbeiten sie? Welches Beschäftigungsverhältnis haben sie? Dann können sie entweder ein gutes Auskommen haben oder es ist knapp. Reiche Beschäftigte haben wir auch in der Metall- und Elektroindustrie nicht." Peter Kippes, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Schweinfurt

Die Schweinfurter Innenstadt präsentiert sich wie viele andere Städte: Auch hier gibt es leerstehende Geschäfte. Das hat aber auch etwas mit einem veränderten Einkaufsverhalten zu tun. Viele Leute bestellen heute halt online, sagt Axel Schöll als Vertreter der Schweinfurter Einzelhändler.

"Es ist schön, dass Schweinfurt die viertreichste Stadt ist, dass hier viel erwirtschaftet wird, in der Industrie, aber auch im Handel und in Dienstleistungen - ob jetzt letztendlich auch alles in Kaufkraft ummünzt, das können wir wirklich nicht so feststellen." Axel Schöll, Kreisvorsitzender des Handelsverbandes Bayern in Schweinfurt

Und auch wenn Städte wie Ingolstadt, Wolfsburg oder München eine höhere Wirtschaftskraft haben - das macht mir gar nichts, sagt diese junge Frau:

"Ich habe zum Beispiel Freunde in Berlin, die brauchen eine Stunde bis zur Arbeit. Ich brauche fünf Minuten mit meinem Fahrrad, das ist natürlich genial. Auch der Kindergarten ist gleich um die Ecke. Man hat alles ganz in der Nähe - das ist das Schöne an Schweinfurt!" Junge Frau