Eine Frau mit einem grünen Kittel und einer Brille gießt Pflanzen in einem Gewächshaus.
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Nicht mehr wirtschaftlich: Traditions-Gärtnerei muss schließen

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Weltkulturerbe: Gärtnerstadt verliert Traditionsbetrieb

Inflation, Kaufverhalten, sinkende Nachfrage: Lebensmittelhändler und Familienbetriebe verzeichnen Umsatzeinbußen. Auch Traditionsgärtnereien in der Bamberger Gärtnerstadt, einem Unesco-Weltkulturerbe, sind betroffen. Nun muss eine weitere schließen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Carmen Dechant und ihr Mann arbeiten jeden Tag an der frischen Luft. Seit 27 Jahren führen die beiden die Hofstadt-Gärtnerei in der Welterbestadt. Die Gärtnerei sei ihr Lebenstraum gewesen, so Carmen Dechant. Doch dieses Jahr muss der Betrieb schließen. "Wir haben unser letztes Jahr, wir hören auf", erzählt Dechant und schaut über die teils leeren Anbauflächen. "Wir produzieren nichts Neues mehr, sondern verkaufen nur noch den Altbestand." Die Gärtnerei hat nur noch zwei Tage in der Woche geöffnet.

Kunden kaufen Blumen beim Discounter

Die Dechants arbeiten auch heute noch größtenteils mit der Hand und ohne moderne Geräte. Neben Blumen baute das Ehepaar unterschiedlichste Kräuter, Obst- und Gemüsesorten sowie Stauden an. Für das Ehepaar lohne sich die Gärtnerei nicht mehr. Es müsse zu viel investiert werden, um den Betrieb wirtschaftlich weiterführen zu können. Die Gründe für die frühzeitige Auflösung sind vielfältig: "Der Klimawandel, das Kaufverhalten, Corona und die Preisexplosion", erzählt Carmen Dechant. "Die Leute reden immer von Regionalität und Klimaschutz, aber kaufen Erdbeeren aus Südamerika und nicht regional." Zu viele Kunden gingen inzwischen auch für den Blumenkauf zum Discounter, die Umsätze stimmten nicht mehr.

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Auch die heißen Sommer hätten sich extrem bemerkbar gemacht. In den vergangenen Jahren hätten die Dechants so viel bewässern müssen, wie lange nicht mehr.

Das Auflösen der Gärtnerei ist nicht einfach für das Ehepaar, denn der Familienbetrieb wurde seit Generationen weitergeführt. Die Hofstadt-Gärtnerei gibt es seit 1876. "Das war unser Lebensmittelpunkt, unsere Leidenschaft, unsere Liebe hier zu arbeiten", erzählt Carmen Dechant wehmütig. In dem Moment, in dem sie den Schlüssel abgeben müssten, würde ihnen der Verlust wahrscheinlich erst richtig bewusst werden.

Gärtnerstadt ist Unesco-Weltkulturerbe

Seit dem Mittelalter wird in Bamberg Gemüse angebaut und weit über die Stadtgrenzen hinaus verkauft. Seiner Lage im Tal, umgeben von sieben Hügeln, verdankt die Welterbestadt ein besonders günstiges Klima. Einige Kartoffel- und Zwiebelsorten oder auch Süßholz gelten als typisch für die oberfränkische Stadt, auch der Ingwer gedeiht in Bamberg prächtig.

Seit 1993 ist Bamberg Unesco-Weltkulturerbestadt – unter anderem auch wegen des Gärtnerviertels. Die mittelalterlichen Strukturen der Hausgärten sind dort noch sichtbar erhalten. Bundesweit sind solche Anbauflächen inmitten einer Stadt einmalig.

Gärtnerei-Gelände soll Wohnraum werden

Die Welterbestadt verliert mit der Schließung der Hofstadt-Gärtnerei einen traditionellen Familienbetrieb. Und es ist lange nicht der erste. Ende des Zweiten Weltkriegs gab es in Bamberg über 100 Gärtnereien, heute sind es noch knapp über 20. Auf dem Gelände der Hofstadt-Gärtnerei soll Wohnraum mit privaten Anbauflächen entstehen.

Gemüsekiste von Sebastian Niedermaier in ihrer Gärtnerei in der Bamberger Gärtnerstadt
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Bereits seit dem 14. Jhdt. wird in der Bamberger Gärtnerstadt Gartenbau betrieben.

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