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Stimmzettel bei einem Volksentscheid

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Was Volksbegehren bewirken können

Sowohl gegen Straßenausbaubeiträge als auch gegen Flächenfraß werden Volksbegehren vorbereitet - im Wahljahr! Kein Wunder, dass die CSU nervös wird. Volksbegehren haben einiges erreicht - manches sogar, ohne die nötigen Stimmen. Von R. Kirschner

"Ich bin einfach stolz auf das bayerische Volk, das sich nicht kaufen hat lassen, dass man merkt, das Volk kann entscheiden, das hat entschieden, das hat die Kampagne mit entwickelt." Sebastian Frankenberger, Initiator Volksbegehren zum Nichtraucherschutz

Jubel bei den Nichtrauchern rund um Sebastian Frankenberger von der ÖDP. Das Volk hat gesprochen und für einen "echten Nichtraucherschutz" gestimmt - wie das Volksbegehren damals vor neun Jahren hieß. Für die regierende CSU war es eine Niederlage. So wie 1997, als sie - nach erfolgreichem Volksentscheid - den Senat abschaffen musste. Der damalige CSU-Parteichef Theo Waigl: 

"Das Volk hat entschieden. Ich habe damit gerechnet, dass es so ausgeht." Theo Waigl, damaliger CSU-Parteichef

Volksbegehren haben es in sich

Die gleiche Erfahrung hatte die CSU zwei Jahre zuvor schon mal gemacht - als es um Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene ging. Die Unterschriftenlisten in den Rathäusern füllten sich schnell. Die Initiatoren knackten die erforderliche 10-Prozent-Hürde beim Volksbegehren mit links. Somit kam es zum nächsten Schritt, dem Volksentscheid. Die Mehrheit stimmte dabei für die Bürgerentscheide und die Staatsregierung musste gegen ihren Willen das bundesweit größte kommunale Mitbestimmungsrecht zulassen. Ein mächtiges Instrument also, diese Volksbegehren und Volksentscheide.

Kein Wunder, dass die CSU da 2013 lieber vorher die Reißleine zog und sich - trotz großem Koalitionskrach mit der FDP - für die Abschaffung der Studiengebühren aussprach. Damit kam sie einem Volksentscheid zuvor. Die Initiatoren des vorangegangenen Volksbegehrens, die Freien Wähler, konnten das als ihren Erfolg verbuchen und Fraktionschef Hubert Aiwanger konnte damit kräftig Wahlkampf machen.

"Wir haben die Studiengebühren abgeschafft - schwarz-gelb wollte das verhindern. Das heißt, wir haben in der Opposition mehr bewegt als schwarz-gelb in der Regierung. Das Ergebnis zählt." Hubert Aiwanger, Fraktionschef Freie Wähler

Für G9 und gegen Gentechnik

Die Macht der Volksbegehren also. Und die wirkt sogar, wenn nicht die erforderlichen zehn Prozent für ein erfolgreiches Volksbegehren zusammen kommen. Bestes Beispiel: Die Debatte um G8/G9. Zwar scheiterten die Freien Wähler 2014 mit ihrem Volksbegehren, das neunjährige Gymnasium wieder einzuführen. Doch die Diskussion war damit angestoßen und ließ sich von der CSU nicht wieder einbremsen. So verkündete Kultusminister Ludwig Spaenle im vergangenen Jahr:

"Das neue bayerische Gymnasium kommt - das G9 in Bayern ist beschlossen." Ludwig Spaenle, bayerischer Kultusminister

Und das ist nicht das einzige Beispiel: 1998 etwa, das Volksbegehren "gentechnikfreies Bayern" - ebenfalls grandios gescheitert. Und doch hat es was bewirkt. Der damalige Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer setzte sich für eine Kennzeichnung von Genprodukten ein. Auch keinesfalls zu vergessen, 1990, der Kampf gegen die wachsenden Müllberge.

"Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen. In Bayern läuft zur Zeit ein Volksbegehren - das bessere Müllkonzept. Wenn auch Sie sich für weniger Müll und mehr Gesundheit für uns und unsere Kinder entscheiden - machen Sie mit!" Durchsage zum Volksbegehren

Die Hürde Volksbegehren übersprangen die Öko-Gruppen leicht, scheiterten dann aber beim Volksentscheid. Das bayerische Volk sprach sich für den Vorschlag der CSU aus. Denn die hatte sich an die Spitze des Fortschritts gemogelt und ein eigenes modernes Müllkonzept gebastelt. Das beschert uns bis heute die Mülltrennung und die Wertstoffhöfe.

Wichtig gerade im Wahlkampf

Dass sich die CSU mit quasi kopiertem leicht abgeänderten Vorschlag plötzlich an die Spitze der Bewegung stellt - genau das könnte nun auch bei den aktuellen Volksbegehren passieren, glauben Grüne und Freie Wähler. Schließlich ist Wahlkampf. Gut, wenn sich was bewegt, findet Fraktionschef Hubert Aiwanger. Doch dürfe am Ende keine abgeschwächte Mogelpackung stehen, warnt Ludwig Hartmann von den Grünen. Beide, Freie Wähler und Grüne, wollen an ihren Volksbegehren in jedem Fall festhalten - auch sie wissen schließlich: Im Herbst wird gewählt ...