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Vor 25 Jahren nahm die Amigo Affäre in der CSU ihren Lauf

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Vor 25 Jahren nahm die Amigo Affäre in der CSU ihren Lauf

Drei Fernreisen auf Kosten eines Unternehmers, dazu Geld für Testamentsvollstreckungen oder Testmotorräder, all das hatte der frühere Ministerpräsident Max Streibl als Regierungschef mitgenommen. Vor 25 Jahren nahm die Amigo-Affäre ihren Lauf.

Der Aschermittwoch 1993 war einer für die politischen Geschichtsbücher, weil Ministerpräsident Max Streibl allen klarmachte, dass er nichts verstanden hatte. Als er in die Passauer Nibelungenhalle einmarschierte rief er seinen Anhängern zu: "Meine Damen und Herren. Freunde zu haben - ist das eine Schande bei uns in der CSU? Und deshalb. Saludos Amigos."

Und mit diesem Satz war es dann eigentlich vorbei. Streibls flapsiger Satz war auch für die CSU zu viel, weil der Ministerpräsident versucht hatte, die Amigo Affäre ins Lächerliche zu ziehen. Drei Monate später trat er zurück. Ohne Reue, wie man seiner Erklärung entnehmen konnte:

"Heute lege ich mein Amt in ihre Hände zurück. Diesen Schritt tue ich nicht, weil ich dem Freistaat Bayern in irgendeiner Weise geschadet hätte." Max Streibl im Jahr 1993

CSU steht noch hinter Streibl

Die CSU hielt lange zu Streibl. Dass sich der Regierungschef von einem befreundeten Unternehmer nach Brasilien und Kenia einladen ließ, war für den damaligen Fraktionschef Alois Glück zunächst kein Problem. Im Landtag erklärte Glück:

"Die CSU Landtagsfraktion unterstützt weiter solidarisch den Ministerpräsidenten. Wir sehen keinen Anlass uns von ihm zu distanzieren." Alois Glück, ehemaliger Fraktionschef im Bayerischen Landtag im Jahr 1993

Testmotorräder und Honorare für den Ministerpräsidenten

Im Lauf der Monate nahm der Druck ständig zu. Auch weil bekannt wurde, dass Streibl Testmotorräder von BMW bekam und Geld für die Testamentsvollstreckung bei einem fränkischen Versandhaus. Eine Sprecherin der Staatskanzlei erklärte, dass Streibl, wie viele Prominente, auch hin und wieder neue Modelle von BMW Motorrädern getestet habe und vom Angebot des Herstellers "Gebrauch gemacht" habe.

Was Streibl nicht merkte war, dass der Ärger wuchs. Das hat die Leute aufgeregt, erinnert sich der Grüne-Abgeordnete Christian Magerl heute.

"Das Ganze hat sich ja dann erweitert. Dann kam ja auch diese Testamentsvollstreckung. Größenordnung von 250.000 D-Mark jährlich. Man hat kassiert für nix. Das habe ich als wesentlich schlimmer noch empfunden." Christian Magerl, Grünen-Abgeordneter

Streibl ließ sich nicht beirren

Der Ministerpräsident fuhr trotz Kritik und Druck die Taktik: Augen zu und durch. Im Landtag sah er sich schlimmster Verfolgung ausgesetzt. Am Rednerpult klagte er theatralisch: "Dies ist nicht die Stunde der Wahrheitssuche, sondern die Stunde anonymer Verleumder."

Hinter den Kulissen tobt der Machtkampf zwischen Waigel und Stoiber

Die CSU spürte den Ärger der Bevölkerung in den Umfragen. Sie waren auf nur noch 39 Prozent gefallen. Hinter den Kulissen war darum klar, dass Streibl abgelöst werden musste. Im Machtkampf rangen Theo Waigel und Edmund Stoiber um Streibls Erbe.

Der SPD Abgeordnete Franz Schindler erinnert sich noch gut daran: "Ganz klar habe ich Erinnerung an das Gerücht, dass Anhänger von Edmund Stoiber damals den Theo Waigel angeblich angeschwärzt haben beim Erzbischof wegen seiner ungeklärten familiären Verhältnisse."

Das und auch eine geschickte Strategie brachten schließlich Stoiber ins Amt des Ministerpräsidenten. Bei einer Pressekonferenz räumte er eigene Fehler ein und erklärte: "Dies waren meiner Erinnerung nach, etwa fünf Hin- und Rückflüge zum gemeinsamen Urlaubsort von Franz-Josef Strauß und mir, in Frankreich und Italien, an denen auch meine Familie teilgenommen hat."

Stoiber nutzt die Stunde

Edmund Stoiber präsentierte sich auch als Saubermann. Er machte einen harten Schnitt. Verordnete seinen Ministern Verhaltensregeln. Noch heute nennt das Thomas Goppel von der CSU einen äußerst klugen Schachzug.

"Der Edmund Stoiber war der Zeit in der Aufarbeitung voraus. Ich glaube nicht, dass es jemand anderen in der Fraktion gegeben hätte, der in der Geschwindigkeit aktiv geworden wäre. Das war so! Der Max Streibl war in der gleichen Sturheit umgekehrt und hat sich verbarrikadiert." Thomas Goppel, CSU

Die Wähler honorierten Stoibers Kurs. Streibl war offenbar rasch vergessen und bei den Landtagswahlen 1994 holte Stoiber gegen Renate Schmidt wieder die absolute Mehrheit.