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Bahnübergang

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Unbeschrankte Bahnübergänge: Der lange Weg zu mehr Sicherheit

In Warngau sind sich Gemeinde und Deutsche Bahn eigentlich einig darüber, die unbeschrankten Bahnübergängen besser zu sichern. Doch wie genau, darüber gehen die Ansichten auseinander – und die Umsetzung dauert. Von Tobias Brunner

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Klaus Thurnhuber steht dort, wo es passiert ist. Vor ihm die Gleise, das Andreaskreuz, das Warnschild. Doch das hat alles nichts geholfen. Anfang Januar ist an diesem Bahnübergang in der Gemeinde Warngau ein Auto mit einem Regionalzug zusammengestoßen – trotz blinkendem Warnlicht, trotz freier Sicht.

Thurnhuber ist Bürgermeister von Warngau, für ihn ist es nicht der erste Unfall dieser Art. 2011 krachte es genau an dieser Stelle schon einmal, damals starben zwei Menschen. "In der Gemeinde herrscht große Unzufriedenheit“, sagt Thurnhuber.

"Die Menschen sagen immer: Gemeinde, macht etwas, tut alles, was möglich ist, um da endlich mal einen Durchbruch zu schaffen."

Seit dem Unfall 2011 haben die Gemeinde und die Deutsche Bahn als Netzbetreiber mehrmals über mehr Sicherheit für die Bahnübergänge gesprochen. In einem ersten Schritt hat die Gemeinde damals Warnschilder am Unfall-Übergang angebracht. Doch sie würde gerne noch mehr tun, Halbschranken anbringen. Auch die Bahn findet diesen Vorschlag grundsätzlich sinnvoll. Doch obwohl beide Seiten etwas verändern wollen, verändert sich wenig. Denn beide Seiten wollen es auf ihre eigene Art – das ist das Dilemma von Warngau.

Bahn: Zwei von sechs Übergängen schließen

Die Bahn hat mehrmals Konzepte vorgelegt. Der aktuelle Vorschlag: Von den sechs Übergängen im Gemeindegebiet sollen nur noch vier übrig bleiben. Zwei davon würden technisch mit Halbschranken aufgerüstet, einer zu einer Unterführung oder einer Brücke umgebaut und einer so belassen wie bisher. Die anderen beiden will die Bahn komplett schließen.

Dieses Vorgehen ist für die Bahn nicht unüblich. Das Prinzip dahinter: Weniger Bahnübergänge und die verbliebenen dafür bei Bedarf besser abgesichert. Innerhalb von 25 Jahren hat sie die Anzahl der Übergänge in Bayern so halbiert. Jetzt sind es insgesamt noch etwa 3.100, mehr als die Hälfte davon komplett ohne Schranken. 

"In Warngau haben wir innerhalb von kurzer Zeit sechs Bahnübergänge – an vielen anderen Stellen in unserem sind die durchaus weiter auseinander. Die Zahl der Übergänge zu verringern würde aus unserer Sicht auch die Gefahr für Unfälle reduzieren." Carola Lülsdorf, Leiterin des Regionalnetzes Südbayern bei der Deutschen Bahn

Gemeinde will alle Übergänge erhalten

Bürgermeister Klaus Thurnhuber hat jedoch wenig Verständnis dafür, dass Warngau auf zwei Übergänge verzichten soll:

"Die Straße hier ist nicht aus Jux und Tollerei entstanden, sondern weil sie entsprechend genutzt wird. Und da kann nicht pauschal gesagt werden: Man tut nur etwas für die Sicherheit, wenn man woanders eine Infrastruktur abbaut."

Thurnhuber fordert, alle sechs Übergänge zu erhalten.

Zwar würde die Bahn von einem der dann geschlossenen Übergänge eine direkte Straße zu einem der offenen Übergänge bauen wollen. Dafür bräuchte sie aber wiederum den Grund, der parallel zu den Schienen verläuft – und der gehört Hubert Rimböck. Der Landwirt hat seinen Hof direkt an einem der Übergänge, der wegfallen würde. „Ich gebe nix her vor meiner Haustüre, ich brauch den Grund für meine Viecher. Die müssen im Sommer raus, ich kann sie ja nicht das ganze Jahr einsperren“, sagt Rimböck.

Ohne Einigung bleibt alles beim Alten

Mehrere verschiedene Positionen – doch ein Alleingang ist für keine Seite möglich. Denn bei solchen Baumaßnahmen teilen sie die Kosten zu je ein Drittel: die Bahn, die Gemeinde und der Bund. Und dafür müssen sich alle einigen.

Die Bahn hat bereits signalisiert, die den Status Quo nicht um jeden Preis verändern zu wollen.

"Die Bahnübergänge nach dem Stand der Technik und nach dem Stand der Richtlinien hinreichend ausgerüstet und mit dem Zustand können wir weiterhin leben", sagt Regionalnetz-Leiterin Lülsdorf.

Bürgermeister Thurnhuber will dem Gemeinderat vorschlagen, bereits jetzt Mittel im Haushalt zurücklegen für mögliche Umbauten. Etwa 750.000 Euro dürfte allein ein umgerüsteter Übergang mit Halbschranken kosten – 250.000 Euro davon fielen also für Warngau an. Thurnhuber hofft, damit vielleicht wieder Bewegung in die Gespräche zu bringen. Immerhin: Noch im Laufe des Jahres ist eine neue Verkehrsschau geplant mit allen Beteiligten.