Eine intubierte Corona-Patienten auf Intensivstation
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Viele Kliniken sind an der Belastungsgrenze. Medizinstudentinnen und -studenten helfen mit.

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Überlastete Kliniken: Medizinstudenten helfen in Corona-Pandemie

Medizinstudierende können in den Kliniken zwar keine Ärzte ersetzen. Aber sie sind in der angespannten Corona-Lage ein "kleiner Teil der Lösung", wie der Studiendekan des LMU-Klinikums sagt. Für die Studierenden selber bedeutet das: voller Einsatz.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die ersten Arbeitstage auf der Intensivstation im Klinikum Großhadern waren nicht leicht, sagt Lisa Schmidhuber. Sie studiert Medizin im 11. Semester an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Schon beim ersten Aufruf im März 2020 hatte sie sich als studentische Hilfskraft gemeldet und gleich mit Covid angesteckt bei einer Kollegin: "Ich bin dann erstmal zwei Wochen ausgefallen, und als ich dann zurückkam war die Station voller Covid-Patienten", berichtet die Studentin. Dann habe sie mit dem Personal im Covid-Bereich über Walkie Talkie kommuniziert. Wenn zum Beispiel Medikamente oder Geräte gebraucht wurden, habe sie dann versucht, "das irgendwie außen herum als gute Fee zu organisieren".

Vorerfahrung als Rettungssanitäterin

Schmidhuber hatte schon Vorerfahrung. Die Studentin hatte bereits als Rettungssanitäterin gearbeitet. Sie unterstützt bis heute die Intensivstation in Großhadern 20 Stunden die Woche und wird dafür auch als Werkstudentin bezahlt. "Also ich helfe im Grunde bei Sachen, die anfallen und die ich gut erledigen kann. Ich kann ja nicht selber einen Patienten versorgen, ich bin weder fertiger Arzt noch habe ich eine abgeschlossene Pflegeausbildung." Sie könne zum Beispiel der Pflege beim Betten von Patientinnen und Patienten helfen oder auch in den Covid-Bereich mit reingehen und mithelfen den Patienten in die Bauchlage zu drehen. Das heißt Schutzausrüstung anziehen, Handschuhe, FFP2-Maske und Gesichtsvisier aus Plexiglas.

Händeringende Suche nach Verstärkung

Die Situation in Großhadern ist angespannt, wie in den anderen bayerischen Kliniken auch. Händeringend wird nach Verstärkung gesucht, sagt der Studiendekan der LMU-Klinik Martin Fischer: "Das eine ist die Intensivmedizin, wo wir speziell Studierende aus dem letzten Jahr, die schon fast wie junge Ärzte und Ärztinnen arbeiten, einbauen wollen." Das LMU-Klinikum wolle eine neue Intensivstation aufmachen. Dafür seien die weit fortgeschrittenen Studierenden speziell angefragt worden. "Da haben sich auch eine ganze Menge gemeldet", so Fischer. Bei all den anderen Stationen, also Normalstation, Logistik, oder Labor, seien das in der Regel Studierende mit weniger Vorerfahrung.

Dauerstress und Erschöpfung

Überall fehlt es an Pflegepersonal. Ärztinnen und Mitarbeiter sind nach fast zwei Jahren Pandemie ausgelaugt und erschöpft sagt der Studiendekan. "Es ist ein Dauerstress, und jemanden da sterben zu sehen, das sind ja auch dramatische emotionale Belastungen, neben der ganzen Schufterei in den Schichtdiensten. Das ist ein Riesendefizit im Moment", sagt Fischer. Studentinnen und Studenten könnten das sicher nicht auffangen. "Das ist ein Teil, aber nur ein kleiner Teil der Lösung."

Nicht immer einfach mit dem Studium zu vereinbaren

Auch Medizin-Student Julius Poppel hat sich gemeldet. Er studiert im 10. Semester Medizin an der LMU und arbeitet als Aushilfe in der Inneren Medizin, bei einem Kreiskrankenhaus in Erding. An sich sei der Aufruf eine sinnvolle Sache, sagt er, aber die Arbeit in der Klinik und das Studium seien nicht immer gut unter einen Hut zu bringen. Viele Veranstaltungen an der Uni sind wieder in Präsenz, wenn die Studierenden einspringen, verpassen sie Seminare und Vorlesungen. Der Student wendet auch ein: "Ich habe über tausend Stunden auf Station gearbeitet. Warum kann man das nicht in irgendeiner Weise aufrechnen mit Unterricht?"

Dennoch jederzeit wieder

Trotzdem würde Julius Poppel immer wieder einspringen. Genauso die Studentin Lisa Schmidhuber. Ihrer Ansicht nach profitieren beide Seiten davon. "Ich habe Sachen gesehen auf der Intensivstation, die sieht ein normaler Student nicht", so die Studentin. Es mache einfach Spaß mit Patienten zu arbeiten und natürlich auch, die gut ausgegangenen Fälle zu sehen: Wenn Patienten nach schwerster Krankheit wieder so weit sind, die Klinik verlassen zu können.

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