Wohncontainer, in die 48 Flüchtlinge einziehen sollen.
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Wohncontainer, in die 48 Flüchtlinge einziehen sollen.

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Syrgenstein: Wohncontainer für Flüchtlinge sorgen für Diskussion

48 weitere Geflüchtete sollen im Syrgensteiner Ortsteil Landshausen untergebracht werden. Wie auch in anderen Gemeinden im Landkreis Dillingen machen sich Bürger deshalb Sorgen. Ein Missgeschick bei der Kommunikation sorgt für noch mehr Ärger.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Rund 250 Bürgerinnen und Bürger sind zur Informationsveranstaltung in die Syrgensteiner Bachtalhalle gekommen. Zu der hatte Bürgermeisterin Mirjam Steiner (SPD) eingeladen, nachdem in den sozialen Medien bereits heftig diskutiert worden war. Der Grund: Auf einem privaten Grundstück im Ortsteil Landshausen hatte ein Unternehmen Wohncontainer aufgestellt. Für Flüchtlinge, so der erste Gedanke vieler Bürger, der auch richtig war.

Das Problem: Die Gemeinde hatte die Bürger zuvor nicht informiert. Dafür entschuldigte sich Bürgermeisterin Steiner bei der Infoveranstaltung mehrmals: Der Bauausschuss habe sich für das Projekt ausgesprochen. Sie hätte darüber im nächsten, 14 Tage später erscheinenden, Amtsblatt ausführlich informieren wollen. Der Unternehmer allerdings kam ihr zuvor, indem er bereits Container quasi provisorisch aufstellte. Damit, so Steiner, habe sie nicht gerechnet.

Diskussionen um Flüchtlingsunterkunft - Emotionen kochen in den sozialen Medien hoch

Über 120 Kommentare sind dazu auf Facebook zusammengekommen. Still und heimlich habe man das gemacht, wird der Gemeinde vorgeworfen, bei solchen Aktionen brauche die AfD keine Wahlwerbung mehr zu machen, von Enteignung und einem Wertverlust der Grundstücke ist die Rede und von "Sozialschmarotzern". Kurz: Die Stimmung ist hochgekocht, auch wenn einige Kommentatoren versuchten, dagegenzuwirken.

Auch ein anonymer "Leserbrief" wurde verteilt. Man habe "Verständnis für hilfsbedürftige Menschen in Not", hier sei man aber "einen Schritt zu weit gegangen", heißt es in dem Brief. Unter anderem wird moniert, dass der neu geschaffene Wohnraum nicht für die eigenen Bürger genutzt werde. Dann allerdings wird infrage gestellt, ob diese Art der Unterbringung "menschenwürdig" sei. Gefragt wird außerdem, wie die Integration der Familien gelingen soll, wer für die Sicherheit und die Kosten zuständig sei und ob es in den Kindergärten und Schulen genügend Platz für die Kinder gebe.

Bürgermeisterin informiert über aktuellen Planungsstand

Deshalb die Veranstaltung, bei der Bürgermeisterin Steiner neben ihrer Entschuldigung die genauen Pläne, die Einflussmöglichkeiten der Gemeinde und die Gründe für eine weitere Unterkunft darstellte. In der Verwaltungsgemeinschaft Syrgenstein gibt es bisher Plätze für 120 Geflüchtete. Diese Unterkünfte gibt es bereits seit 2015/2016. Bürger berichten, ihnen seien hier keine Probleme bekannt.

In einer freiwilligen Übereinkunft hätten sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis dafür entschieden, fünf Flüchtlinge je hundert Einwohner aufzunehmen. Für die Verwaltungsgemeinschaft Syrgenstein hätte man mit der neuen Unterkunft und damit rund 160 Plätzen diese Fünf-Prozent-Quote erfüllt. Man müsse sich solidarisch zeigen, so Bürgermeisterin Steiner. Der Prozentsatz an Geflüchteten sei etwa in den Städten Dillingen und Lauingen schon weit höher.

Steiner betonte aber auch, sie habe die Zusage vom Landratsamt, dass dann vorerst keine weiteren privaten Wohnungen für Flüchtlinge im Ort angemietet würden. Auch habe sie so verhindern können, dass eines der beiden Flüchtlingszelte, die im Sechs-Monats-Rhythmus in Gemeinden im Landkreis aufgestellt wird und in dem 120 Flüchtlinge beherbergt werden können, auch nach Syrgenstein kommt. Die Bürgermeisterin betonte auch: Die Entscheidungsbefugnis liege bei einem derartigen Vorhaben beim Landratsamt, die Gemeinde werde hier lediglich gehört.

Situation im Landkreis Dillingen

Um die Lage im Landkreis Dillingen zu schildern, war ein Vertreter des Landratsamts vor Ort. Die Flüchtlinge würden dem Landkreis durch die Regierung von Schwaben zugewiesen, der Landkreis sei verpflichtet, sie unterzubringen, so Abteilungsleiter Peter Alefeld. Es sei schwer abzuschätzen, wie viele Flüchtlinge in Zukunft kämen, man müsse jedoch davon ausgehen, dass die Ströme wegen der vielen Krisenherde weltweit nicht abreißen.

Je 100.000 Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, muss der Landkreis 100 aufnehmen. Im Jahr 2023 habe es insgesamt 350.000 Asylanträge gegeben, im Januar 2024 hätten 28.000 Menschen Asyl beantragt. Der Landkreis sucht weiter nach freien Wohnungen oder Plätzen, auf denen Wohncontainer oder - für die Dauer von sechs Monaten - eines der Flüchtlingszelte aufgestellt werden können. So will Landrat Markus Müller (FW) verhindern, dass Turnhallen geschlossen werden.

Kindergartenplätze gibt es - aber ehrenamtliche Flüchtlingshelfer fehlen

Der Quartiersmanager, der sich bereits seit Jahren um die anderen Unterkünfte in der Verwaltungseinheit kümmert, werde auch die Flüchtlinge in den Wohncontainern betreuen. Man wolle auf dem Platz auch Spielgeräte aufstellen, rundherum gebe es genügend Möglichkeiten, sich auch draußen aufzuhalten. In den Kindergärten in der Verwaltungsgemeinschaft gebe es ebenfalls noch freie Plätze.

Wovon es zu wenige gibt in Syrgenstein, sind Ehrenamtliche. Auch eine Vertreterin des Landratsamts, die sich um die Belange der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer kümmert, warb für diese Tätigkeit. Genau wie ein Bürger, der seit 2015 Flüchtlinge unterstützt: Die Arbeit erfülle ihn, ihm sei immer ein Dank sicher, ob ein Lächeln oder ein paar Worte, das erfülle ihn. Ein anderer Ehrenamtlicher kritisierte die Behörden scharf. Die vielen Formulare, die vielen Gänge zu den Ämtern sowie der Umgang mit den Ehrenamtlichen wie den Geflüchteten: Das zermürbe die Ehrenamtlichen. Er habe die Arbeit deshalb - fürs erste - aufgegeben.

Harte Worte in sozialen Medien - Infoveranstaltung sachlich

Nach gut zwei Stunden war die Veranstaltung zu Ende. Ja, sie seien jetzt besser informiert, sagten einige Bürger. Sorgen mache sie sich keine, so eine Frau und ein Mann schließt sich an: "Wir müssen halt in den sauren Apfel beißen. Die kommen ja nicht freiwillig, kann man schon verstehen, wenn man sieht, was in den Ländern da abgeht".

Eine Zuhörerin wundert sich: Im Internet seien so harte Worte gefallen, die Veranstaltung dagegen so ruhig abgelaufen: In der Öffentlichkeit traue man sich wohl nicht, sich hinzustellen, vermutet sie. Einige wollen sich nach der Veranstaltung gar nicht vor dem Mikrofon äußern.

Kritik an Flüchtlingsunterkünften auch in anderen Orten

Kritik an geplanten Flüchtlingsunterkünften gibt es nicht nur in Syrgenstein. Bei der Infoveranstaltung waren auch Bürger aus Burghagel: Dort hat die Regierung von Schwaben ein ehemaliges Hotel im Dorfzentrum angemietet. In dem 500-Einwohner-Dorf sollen hier 50 Flüchtlinge untergebracht werden. Das sei viel zu viel, kritisieren Bürger.

In Holzheim hatte es Proteste und mehrere Demonstrationen gegeben, weil ein Unternehmer ein Grundstück neben einem Supermarkt für ein Flüchtlingszelt zur Verfügung gestellt hat. Bis heute war es nicht nötig, dort ein weiteres Zelt aufzustellen, weil dem Landkreis laut Landratsamt zuletzt weniger Flüchtlinge zugewiesen worden waren. Die Proteste allerdings waren laut, die Ängste und Sorgen groß.

Die Betreiber des Supermarktes etwa fürchteten um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter, die Angst vor einer Zunahme an Diebstählen war groß. Auch ein Umsatzrückgang wurde befürchtet, weil die Menschen Angst haben könnten, wenn Flüchtlinge sich in der Nähe aufhielten. Laut der Pressestelle von Edeka Südbayern haben die Betreiber sich allerdings entschieden, den Markt nicht mehr weiterzuführen.

BR-Informationen zufolge war diese Entscheidung bereits vor der Diskussion um das Flüchtlingszelt angekündigt. Ein solches Zelt steht derzeit auch in Wertingen, ein anderes in Buttenwiesen. Bisher gab es dort laut Landratsamt keine besonderen Vorfälle.

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