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"Lifeline"-Kapitän Reisch vor Gericht auf Malta

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Lifeline-Kapitän Reisch stellt sich dem Prozess in Malta

Der Kapitän des Rettungsschiffes "Lifeline" Claus Peter Reisch muss sich Ende Juli auf Malta weiter vor Gericht verantworten. Bevor der Prozess fortgesetzt wird, kommt er noch einmal nach Hause nach Landsberg. Im Interview mit dem BR berichtet er.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Reisch: Es geht mir ganz gut. Ich kann mich auf Malta ja frei bewegen und kann am Montag nach Hause fliegen für zwei Wochen und werde mich dann natürlich auch am 29. hier wieder einfinden. Der nächste Gerichtstermin ist am 30. Juli und den möchte ich nicht verpassen. Ich werde das durchstehen. Ich laufe vor nichts davon.


MIchael Weberpals (BR): Mit 230 Flüchtlingen eine Woche lang auf dem Mittelmeer zu dümpeln: Was waren denn das für Zustände an Bord?


Claus Peter Reisch: Die Situationen auf dem Schiff waren nicht immer einfach. Auch hier muss einfach der Crew unserer Mission Sechs den allerhöchsten Respekt zollen. Die Leute haben wirklich hervorragend gearbeitet bis zur Selbstaufgabe. Ob das jetzt die Küchen-Truppe war: Wir haben 5.000 warme Essen am Tag produziert. Das muss man sich mal vorstellen - in der Küche kaum größer als die vom Appartement.

Das Schiff ist 33 Meter lang und acht Meter breit. Der Platz ist relativ begrenzt. Da gab es zum Schluss am letzten Tag, das war wirklich heftig, 150 schwer seekranke Leute auf dem Schiff, drei davon in unserem Bord-Krankenhaus mit Infusionen versorgt. Weil die fallen dann in den Unterzucker. Die schlafen einfach ein komatös - und dann sterben sie einfach an Unterzuckerung. Aber wir haben nicht einen Menschen verloren. Nicht einen einzigen. Wir haben alle lebend an Land gebracht. Da habe ich auch kein Problem damit, dass ich mich vor den Richter stelle. 

Vielleicht gibt es noch einen ganzen anderen Richter ein Stück weit über uns. Letztendlich wird der das Urteil fällen.


Michael Weberpals (BR) : Herr Reisch jetzt heißt es, Ihr Schiff, die Lifeline hätte keine richtige Zulassung. Im schlimmsten Fall droht ihnen nach maltesischen Recht eine Strafe von einem Jahr Haft. Wie gehen Sie damit um?


Claus Peter Reisch: Mir ist wichtig daran, festzustellen, zum einen, ob dieses Schiff tatsächlich ein Zulassungs-Papier hat, was nicht gültig ist. Was ich bestreite. Ich habe das Ding im Original. Man hat auf dem Gericht auch zugeben müssen, das ist ein Original, was ich habe. Aber es wäre nicht gültig.

Jetzt sage ich mal so: Wie Sie haben einen Kraftfahrzeugschein von der Zulassungsstelle und dann hält sie der Polizist auf und sagt: Na ja, ist zwar nett, dass du so einen Fahrzeugschein hast, aber er gilt nicht. Da fällt mir erst mal nichts dazu ein. Ich kann das nicht so wirklich verstehen.

Mittlerweile sind ja auch mehrere private Seenotrettungs-Schiffe vor Malta stillgelegt worden. Die dürfen nicht mehr auslaufen.


MIchael Weberpals (BR) Glauben Sie, Herr Reisch, dass da ein Masterplan da hinter steht, dass der die private Seenotrettung auf dem Mittelmeer eventuell ganz unterbinden möchte? 


Claus Peter Reisch: Ja, das sehe ich durchaus so. Hier liegt zum Beispiel die Sea Watch 3. Die Sea Watch 3 wäre jetzt eine Mission gefahren. Man lässt sie jetzt einfach nicht aus dem Hafen - mit der Begründung. Sie bekommen keine Ausfahrtsgenehmigung. Dann fragt man auch, warum, dann kriegt man keine Antwort. Es gibt hier auf Malta ein Suchflugzeug, das heißt Moon Bird. Moon Bird darf nicht starten, bekommt keine Starterlaubnis.

Und auf Lampedusa gibt es ein weiteres Flugzeug. Das steht da rum. Und es bekommt einfach keinen Treibstoff, dem verweigert man schlicht das Benzin zum Starten. Warum macht man das? Wenn man die Flugzeuge und die Schiffe von da weg hält, dann ist es so, wie wenn der Theatervorhang zugeht. Und dahinter findet das Drama weiter statt. Man will nicht, dass die Weltöffentlichkeit das weiter sieht. Und das ist ein großes Problem - auf bayerisch gesagt: eine große Schweinerei.