Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek
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Bayerns Gesundheitsminister kann sich vorstellen, Ungeimpfte stärker zur Kasse zu bitten

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Kritik an Holetscheks Impf-Malus-Idee: "Nicht mit Feuer spielen"

Bayerns Gesundheitsminister kann sich vorstellen, Ungeimpfte stärker zur Kasse zu bitten. Wer gegen die geplante Corona-Impfpflicht verstoße, könnte demnach nicht nur Bußgelder zahlen, sondern auch höhere Beiträge. Der Vorstoß ist umstritten.

Eine Corona-Impfpflicht könnte kommen, so jedenfalls der Plan der Regierung. Nur: Wie die dann durchsetzen? Neben Bußgeldern hatte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) vorgeschlagen, bei Verstößen auch finanzielle Konsequenzen bei der Krankenkasse zu erwägen. Also zum Beispiel durch höhere Krankenkassenbeiträge oder indem man Ungeimpfte an den Kosten beteiligt, die sie im Krankheitsfall verursachen. Ob dies möglich sei, müsse aber der Bund prüfen, sagte Holetschek. Doch die Impf-Malus-Überlegungen von Bayerns Gesundheitsminister stoßen auf Kritik.

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Landrat kann sich Streichung des Krankengeldes vorstellen

Das SPD-geführte Bundesgesundheitsministerium teilte mit, es sei für diese Diskussion zu früh. Es gehe aktuell darum, über die allgemeine Impfpflicht zu debattieren. Erst dann könne man sich im "nächsten Schritt Maßnahmen überlegen, wie man Sanktionen durchsetzt", sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums BR24.

Sebastian Gruber, CSU-Landrat des Landkreises Freyung-Grafenau, wo die Impfquote mit 60 Prozent unterdurchschnittlich niedrig ist, warnt vor einer Erhöhung der Krankenkassenbeiträge. Dies sehe er "skeptisch", denn das könnte dazu beitragen, die Lager der Impfbefürworter und der Impfgegner noch weiter zu trennen. Die Beteiligung an den Kosten zur Behandlung oder Streichung des Krankengeldes finde er hingegen "durchaus auch angemessene Instrumente", erklärte er im BR.

Montgomery: "Wir behandeln auch Raucher und Skifahrer"

Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sagte im BR-Interview, auch er wünsche sich, dass man mit allen Mitteln mehr Menschen dazu bekomme, sich impfen zu lassen. Mit Holetscheks Vorschlag sei er jedoch nicht "uneingeschränkt einverstanden". Der Vorschlag sei ein "einfach gedachtes Gerechtigkeitsempfingen".

Man gebe damit ein Grundprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland auf. "Nämlich, dass wir nicht danach fragen, wie jemand zu seiner Erkrankung gekommen ist. Wir behandeln ja auch den Raucher. Wir behandeln den Skifahrer, der sich den Haxen gebrochen hat", sagte Montgomery.

Würde man diese Regelung für eine einzige Erkrankung verändern, wäre das, wie wenn man "die Axt an die Grundfesten unseres Sozialversicherungssystems" lege.

Gesetzliche Krankenversicherung ist "solidarisch"

Auch die AOK Bayern kritisierte den Vorschlag. Auf BR-Anfrage teilte sie mit, die gesetzliche Krankenversicherung sei seit "über 100 Jahren solidarisch" und versichere Menschen unabhängig von ihrem Krankheitsrisiko. Es gebe keine Risikozuschläge, der Beitragssatz sei für alle Mitglieder gleich. Das hat sich nach Auffassung der AOK Bayern "bestens bewährt".

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte sich etwas schärfer: Holetschek sollte nicht mit dem Feuer spielen, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presseagentur. "Das setzt Fliehkräfte frei, die wir nicht mehr beherrschen können." Wenn man eine Beteiligung an den Behandlungskosten bei Ungeimpften in Erwägung ziehe, müsse alles auf den Prüfstand, was ein Risiko für den Menschen bedeute. Dies fange bei Sport an und gehe beim Rauchen und Übergewicht weiter.

Holetschek: Will nicht Solidargedanken der Krankenkassen aushöhlen

Der Bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek relativierte am Montagnachmittag seinen Vorstoß: Er habe ja nicht gesagt, es müsse so kommen. Es gehe darum, vieles zu diskutieren und sich verschiedene Optionen anzuschauen, wie man Verstöße gegen die Impfpflicht ahnden könne, so der Minister. "Eine Impfpflicht ohne Sanktion ist ein zahnloser Tiger", so der Minister. Es dürfe in einer Pandemie keine "Denkverbote" geben.

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Holetschek betonte aber auch, dass es ihm nicht darum gehe, den Solidargedanken der Krankenkassen auszuhöhlen. Solidarität sei aber keine Einbahnstraße, diese wolle er auch "auf der anderen Seite sehen". Impfen ist aus Holetscheks Sicht keine Privatsache, sondern "Fremd- und Gemeinschutz".

Bayerns Gesundheitsminister Holetschek, CSU
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