Dr. Uwe Gretscher, Vorstandsvorsitzender Kliniken Südostbayern AG
Bildrechte: Kliniken Südostbayern AG

Dr. Uwe Gretscher, Vorstandsvorsitzender Kliniken Südostbayern AG

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Klinikchef Südostbayern: Alles tun, um Triage zu vermeiden

Bei den Kliniken Südostbayern herrscht seit Wochen Ausnahmezustand. Laut Vorstandsvorsitzendem Uwe Gretscher wolle man alles tun, um eine Triage zu vermeiden. Die Last bei den Beteiligten sei aber dort jetzt bereits enorm hoch - auch ohne Triage.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Triage bedeutet "Auswahl". In medizinischen Notsituationen wie der aktuellen Corona-Pandemie dürfte sie so aussehen:

Können nicht mehr alle schwer erkrankten Personen auf der Intensivstation aufgenommen werden, empfehlen die Fachgesellschaften das Folgende: Zentral ist die Einschätzung auf klinische Erfolgsaussicht. Das unterscheidet sich von der sonst üblichen Notfallmedizin, bei der im Regelfall zunächst diejenigen versorgt werden, die am dringendsten Hilfe brauchen und am schwersten verletzt oder erkrankt sind.

Die Kliniken Südostbayern wollen alles tun, um eine solche Triage, die letztlich auch eine Entscheidung über Leben und Tod sein kann, zu vermeiden. Das betont Uwe Gretscher, der Vorstandsvorsitzende der Kliniken Südostbayern mit Häusern im Landkreis Traunstein und Berchtesgadener Land in einem Interview mit dem BR-Studio Oberbayern. Gleichwohl bereite man sich intern darauf vor.

Last auch ohne Triage enorm hoch

Tagtäglich versuche man, Betten für die Notfall- und Covid-Versorgung bereit zu stellen. Die Auslastung der Intensivbetten liege in den Kliniken Südostbayern aktuell bei 95 Prozent. Außerdem sei man bemüht, weiterhin Personal zu gewinnen, um die hochkomplexen Beatmungsgeräte zu bedienen, so Gretscher: "Wir schrappen gerade die Leitplanke und wir versuchen ständig, nicht die Leitplanke zu durchbrechen im Sinne einer Triage." Die Situation sei "sehr, sehr ernst."

Planbare Operationen würden schon lange ausgesetzt. Bislang konnte eine Triage vermieden werden. Gretscher betont aber: "Die Last bei den Beteiligten ist auch so schon enorm hoch - auch ohne Triage." Aus Ruhpolding habe man Mitarbeiter nach Traunstein abgezogen, um dort die Bettenkapazität zu erweitern. Unterstützung kommt von der Bundeswehr: In beiden Landkreisen, in Traunstein und im Berchtesgadener Land, seien 75 Soldaten zur Unterstützung im Einsatz, um die Versorgung sicherzustellen.

Kriterium für Triage ist die Überlebensschance

Gretscher versicherte, bei einer Triage gehe es nicht um Alter oder Impfstatus. Das ausschlaggebende Kriterium für diese Entscheidung sei die Überlebenschance des Einzelnen. Eine interne Ethikkommission des Klinikverbunds müsse das nun genau und fokussiert aufarbeiten, so der Vorstandsvorsitzende.

Schon jetzt seien Kriseninterventionsteams und Seelsorger in den Krankenhäusern eingebunden, um die Mitarbeiter an vorderster Front, in den Notaufnahmen und Intensivstationen, zu unterstützen.

Nur massive Kontaktbeschränkungen können Welle brechen

Uwe Gretscher hofft, dass nun auch der Letzte verstanden hat, wie wichtig das Impfen sei, um aus dieser Situation herauszukommen. Das helfe zwar nicht sofort, aber mittel- bis langfristig.

Um die Lage so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen und eine Triage zu verhindern, komme es nun auf jeden Einzelnen an. Der Mensch sei ein soziales Wesen, das verstehe er, aber momentan helfen demnach nur massivste Kontaktbeschränkungen, um diese Welle zu brechen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!