Die Stimmung sei sachorientiert, hochkonzentriert und auch in einem sehr freundlichen Ton verlaufen. So berichtet Staatskanzlei-Minister Marcel Huber aus der heutigen Kabinettssitzung, die Ministerpräsident Horst Seehofer betont sachlich geführt habe. Der übers Wochenende eskalierte Richtungsstreit in der CSU um die Seehofer-Nachfolge und die dabei gefallenen Beleidigungen waren im Ministerrat kein Thema, sagte Huber. Heute sei keine Kritik geübt worden.
Stewens: Streit hat neue Dimension
Professionell aber eisig, so schildern andere die Stimmung im Kabinettsaal. Tenor: Die Arbeit muss eben weitergehen: auch wenn etwa Kultusminister Ludwig Spaenle seine Wirtschaftsminister-Kollegin Ilse Aigner am Samstag scharf angegangen hatte. Er hatte ihr ein "Stück politisches Leichtmatrosentrum" vorgeworfen. Das an sich gute Instrument der Mitgliederbefragung werde aus durchsichtigen Gründen diskreditiert, befand Spaenle.
Andere aus dem Söder-Lager hatten Aigner beschuldigt, ihre Idee der Mitgliederbefragung ziele nur darauf ab, Markus Söder als Ministerpräsident zu verhindern. Der Freisinger CSU-Abgeordnete Florian Herrmann warf Aigner sogar scheinheiliges, parteischädigendes Verhalten vor.
Während die Nachfolgediskussion also im bayerischen Kabinett ausgeklammert wurde, war sie Hauptthema unter den ehemaligen CSU-Landtagsabgeordneten, die heute zufällig im Maximilianeum zusammenkamen. Darunter die frühere Sozialministerin Christa Stewens und der ehemalige Fraktionschef Alois Glück. Stewens sagte, Streit habe es schon immer gegeben - aber hinter verschlossen Türen. Diese "ausufernden Verbalattacken" derzeit seien neu. Glück äußerte sich schockiert darüber, in welcher Wortwahl Ilse Aigner von führenden Parteipolitikern abgewertet worden sei. Er bezeichnete die Situation als "vergiftet".
Am Donnerstag wird's spannend in der CSU
Glück und Stewens stehen mit ihrem Entsetzen über die Spaltung in der CSU nicht allein. Auch der frühere Übergangs-Ministerpräsident Günther Beckstein meint: Jetzt muss schnell was passieren in der CSU. Er sprach von einer schwierigen Situation: "So etwas kann man nicht lange ungestraft machen."
Donnerstagmittag treffen sich zunächst die CSU-Landtagsabgeordneten und am Abend der CSU-Parteivorstand. Die CSU-Senioren erwarten von Horst Seehofer, dass er sich dann endlich zu seinen Plänen erklärt. Erika Görlitz aus Pfaffenhofen hat das Gefühl, dass ein Riss durch die Partei gehe. Das tue einerseits keinem gut; andererseits müssten Konflikte auch ausgetragen werden.
Die Angst vor dem Absturz im Jahr 2018
Wen sie lieber als künftigen Ministerpräsidenten sehen - Markus Söder, Ilse Aigner oder einen anderen Kandidaten -, dazu hielten sich die ehemaligen CSU-Abgeordneten bedeckt. Christa Stewens und Alois Glück machten aber klar: Die dringlichste Aufgabe sei es, wieder zueinander zu finden. Und Glück prognostiziert: Ohne geschlossene Mannschaftleistung könne die CSU im nächsten Jahr bei der Landtagswahl und auch bei einer möglichen Wiederholung der Bundestagswahl abstürzen.