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Präventionskampagne: Trickbetrüger

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Falsche Polizisten: Kein Freund und Helfer am Telefon

Die echte Polizei in Bayern ruft niemals von der 110 an. Es sind Betrüger, die das Telefon manipulieren und sich als falsche Polizisten ausgeben. Am Ende wollen sie an das Ersparte ihrer betagten Opfer. Von Verena Schälter

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Das Telefon klingelt bei Familie Lotter. Es ist etwa sieben Uhr abends, als bei dem Ehepaar im schwäbischen Leitershofen bei Augsburg das Telefon läutet.

"Da bin ich hin: Hallo, hier ist die Polizei. Herr Lotter, wir haben in ihrer Straße grad einen festgenommen - der zweite ist noch flüchtig. Haben Sie Bargeld zu Hause?"

Anton Lotter

Der Festgenommene gehöre zu einer Einbrecherbande, erzählt der Polizist am Telefon. Und: Es gebe Hinweise darauf, dass die Bande es auch auf das Haus der Lotters abgesehen hat. Anton Lotter und seine Frau Marion sind beunruhigt.

"Ich hatte Angst, weil wenn der auf der Liste steht, dann haben die ja was vor", meinte Anton Lotter.

Deswegen bietet der Anrufer an, Bargeld und Wertgegenstände in Sicherheit zu bringen. Nur: Der Anrufer ist gar kein Polizist. Anton Lotter wird das gerade noch rechtzeitig herausfinden.

Nicht der einzige Fall

München-Schwabing, vergangener Monat, eine 67-Jährige. Auch hier beginnt es mit einem Anruf. Jemand meldet sich als “Kriminalbeamter Beckmann“. Er erzählt ihr, dass es Betrügern gelungen sei, wertvolle Münzen in ihrem Bank-Schließfach auszutauschen - gegen Fälschungen. Die "Polizei“ bittet die Frau um Mithilfe bei der Aufklärung des Falls: Sie soll zur Bank gehen, ihr Schließfach leeren und den Inhalt den Beamten übergeben, damit sie die gefälschten Goldmünzen auf Spuren untersuchen können. Alles klang echt: Kurze Zeit später übergibt die Frau seltene Münzen im Wert von 100.000 Euro – an falsche Polizisten.

Die Rentnerin ist aber keine Ausnahme. Im vergangenen Jahr haben falsche Polizisten in Bayern 9,1 Millionen Euro erbeutet. Die Zahl der gemeldeten Betrugsversuche ist im Vergleich zum Vorjahr um das Zehnfache angestiegen.

"Man kann sich’s immer so schlecht vorstellen – medial kommt’s manchmal bissl schlecht rüber, nach dem Motto: Wie kann man so dumm sein? Man muss sich das anhören, das kann jedem passieren und je älter, desto gefährlicher.“ Clemens Merkl, Polizei München

Polizei rät: misstrauisch bleiben

Clemens Merkl, Kriminaldirektor bei der Münchner Polizei, gehört zur Sondereinheit, die sich ausschließlich mit den falschen Polizisten befasst. Er weiß: Im Telefonbuch suchen sie gezielt älter klingende Namen. Und: Die Täter manipulieren ihre Nummer – bei dem Opfer ist die "110“ im Display zu sehen. Auch wenn die "echte Polizei“ nie von dieser Nummer anrufen würde - viele gehen dann davon aus, mit richtigen Beamten zu sprechen. Dabei imitieren die Täter nicht nur Polizisten.

"Am häufigsten ist die Kombination aus verschiedenen Amtsträgern. Es ruft die vermeintliche Polizei an, dann der Staatsanwalt, Bundeskriminalamt wird manchmal gemacht, manchmal der Richter. Und dann sind die auch bereit, Geld auszugeben - bei Nacht und Nebel." Clemens Merkl, Polizei München

Merkl rät daher: Nicht unter Druck setzen lassen und vor allem: misstrauisch bleiben.

"Wenn jemand meint, da stimmt was nicht, lieber ein Anruf zu viel bei 110 und dort kann man feststellen, ob sich's wirklich um Polizei handelt. Immer rückversichern, vielleicht auch Bekannte, Verwandte hinzuziehen, aber als erstes bei uns aufschlagen. Ein Fehlanruf macht nichts, das ist unsere Arbeit, dafür werden wir bezahlt. Und natürlich keinerlei Wertgegenstände aushändigen.“ Clemens Merkl, Polizei München

Sofort selbst die 110 wählen

Wichtig ist hier: Auf keinen Fall die "Rückruf“-Funktion benutzen, sonst landet man nämlich wieder bei den Betrügern. Stattdessen selber direkt die 110 wählen. Auch Anton Lotter aus Leitershofen ist skeptisch geworden. Nachdem er von den "falschen Polizisten“ kontaktiert wurde, sprach der 81-Jährige mit der echten Polizei. Und half: Er tat so, als würde er machen, was die Betrüger verlangten. Dann vereinbarte er mit den Betrüger die Geldübergabe bei sich zuhause:

"Hinter mir ist ein Polizist mit Panzerweste gewesen, in den Büschen saßen drei. Ich bin dann rausgegangen an mein Gartentor. Dann kam mir ein junger Mann entgegen. Dann hab ich gefragt: Sind Sie der Bote? Dann hat er gesagt: Ja. Dann darf ich Ihnen das Geld übergeben. Drei Sekunden später ist der auf der Straße gelegen, von allen Seiten sind die Polizisten über ihn hergefallen, haben ihn an mein Gartentor gelehnt und haben gesagt: Alles was Sie jetzt sagen, kann gegen Sie verwendet werden.“ Anton Lotter

Für Anton Lotter ist die Sache gerade nochmal gut gegangen. Der Bote ist mittlerweile verurteilt worden, die Hintermänner aber nicht.