In München gibt es "Wertstoffinseln" statt gelbe Säcke oder Tonnen
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In München werden Leichtverpackungen auf "Wertstoffinseln" entsorgt

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#Faktenfuchs: Wertstoffinsel statt gelber Tonne in München

In Bayern wird Verpackungsabfall unterschiedlich entsorgt: Während die Menschen ihn zum Großteil in die gelbe Tonne oder den gelben Sack werfen, setzt zum Beispiel München auf sogenannte Wertstoffinseln.

Unser #Faktenfuchs zu Plastik-Mythen hat viele Reaktionen hervorgerufen. Darunter kritisiert zum Beispiel Nutzer Johannes, wie der Kunststoffabfall teilweise entsorgt wird.

Wertstoffinseln in München statt gelbe Säcke oder gelbe Tonnen

Denn anders als viele andere Orte in Bayern arbeitet zum Beispiel München nicht mit den gelben Säcken oder Tonnen, die Entsorgungsbetriebe direkt an den Haustüren abholen. Seitdem Johannes vom Land in die Landeshauptstadt gezogen ist, muss er seinen Verpackungsabfall stattdessen zu sogenannten Wertstoffinseln auf der Straße bringen. Er will deshalb wissen, warum er beim Kauf von Verpackungen trotzdem für deren Entsorgung zahlen müsse.

Er schreibt: "Obwohl man mit jeder Verpackung Lizenzgebühren für den Grünen Punkt zahlt, stehlen sich die Stadt und die Entsorger aus der Verantwortung." Hat er Recht? Und wie funktioniert überhaupt die Entsorgung von Verpackungen?

  • Dieser Artikel stammt aus dem Jahr 2019. Alle aktuellen #Faktenfuchs-Artikel finden Sie hier
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Nutzerkommentar auf der Facebook-Seite von BR24

Wer entscheidet über die Entsorgung von Verpackungen?

Während Kommunen für den Rest-, Bio- und Papiermüll zuständig sind, ist die Entsorgung von Verpackungen eine privatwirtschaftliche Aufgabe. Allerdings müssen die Unternehmen laut Gesetz die Entsorgung trotzdem mit den Kommunen abstimmen. Deshalb kann München sich gegen gelbe Säcke oder Tonnen entscheiden - und für die Sammlung von Verpackungsabfall in Containern auf den Wertstoffinseln.

Der Kreislauf der Verpackung

Jeder, der Verpackungen mit Ware befüllt und in Umlauf bringt, soll auch die Kosten für die Entsorgung und das Recycling übernehmen - auch eine Dönerbude, die ihr Essen in Alufolie verpackt. Im Jahr 1991 nahm die Verpackungsverordnung den Handel erstmals in die Verantwortung, sich an der Entsorgung zu beteiligen. Zwei Jahre später wurde eingeführt, dass der Handel auch dafür zahlen muss. Zunächst mussten die Hersteller selbst die Verpackungen zurücknehmen. Seit 2009 müssen sie sich stattdessen an einem sogenannten dualen System beteiligen, sprich: Kunde eines dualen Systems sein.

Duale Systeme sind Unternehmen, also Dienstleister, die den Herstellern die Beseitigung der Verpackungen abnehmen und sie - mit Hilfe weiterer Firmen - entsorgen. Dual heißen sie, weil diese Unternehmen neben den Kommunen das zweite System sind, das Abfall beseitigt. Die dualen Systeme stehen also zwischen dem Handel und jenen Firmen, die den Abfall einsammeln, sortieren und verwerten.

Neun duale Systeme in Deutschland

In Deutschland gibt es laut der "Zentralen Stelle Verpackungsregister" derzeit neun duale Systeme. Ein zehntes - das der Schwarzgruppe, dem Mutterkonzern der Diskounterkette Lidl - befinde sich in der Gründung. Andere Beispiele sind der Grüne Punkt, hinter dem die "Duales System Deutschland GmbH" (DSD) steckt, Veolia oder Reclay.

Deutschlandweit sind in jeder Region mehrere duale Systeme aktiv. Davon will jedes duale System in jeder Region seinen Anteil an Abfall bekommen, um ihn zu verwerten. Der Ablauf ist dabei so: Ein Hersteller eines Produkts schließt für seine Verpackungen einen Vertrag mit einem der dualen Systeme. Die Verbraucher kaufen im Laden aber meist Produkte von verschiedenen Herstellern - die oft Kunden von verschiedenen dualen Systemen sind.

Da es sehr ineffizient wäre, für jedes duale System ein eigenes Müllauto vor die Haustüren der Leute zu schicken, bestimmt eine neutrale Stelle, welches duale System in einer Region ein Entsorgerunternehmen beauftragen darf. Diesen Entsorgungsunternehmen (in München derzeit zwei) gehören zum Beispiel auch die Container auf Münchens Wertstoffinseln. Es sammelt die Verpackungen ein, verteilt sie danach auf einem Umschlagplatz aber wieder - entsprechend ihrer Marktanteile - auf die verschiedenen dualen Systeme.

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Das duale System: Der Weg einer Milchtüte

Der einsame Weg Münchens: die Wertstoffinsel

München entschied sich als eine von wenigen Städten in Bayern gegen die gelbe Tonne oder den gelben Sack. Ein Grund sei die hohe Fehlwurfquote in anderen Städten, sagt Evi Thiermann, Sprecherin des Abfallwirtschaftsbetriebs München. Auswertungen des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung, kurz BVSE, zeigen, dass in einigen Regionen Deutschlands 40 bis 60 Prozent des gesamten Mülls in der falschen Tonne landen. Die bayerische Landeshauptstadt argumentiert, dass der Abfall in den Containern der Wertstoffinseln sortenreiner als im gelben Sack sei.

Dass über die Wertstoffcontainer weniger Material falsch entsorgt werde, bezweifelt der BVSE-Sprecher. Fest stehe, dass auf Wertstoffinseln insgesamt weniger recyclingfähiges Material als im gelben Sack lande: "Das System 'Container' führt dazu, dass erheblich mehr Verpackungsabfälle in der Restmülltonne und damit in der Verbrennung landen."

Führen Container zu mehr Verpackungen im Restmüll?

Laut dem Grünen Punkt ist die Menge an Verpackungsabfällen mit dem Container-System tatsächlich deutlich geringer als im Rest Deutschlands: Werden in München nur fünf Kilogramm Leichtverpackungen pro Kopf im Jahr gesammelt, sind es im Bundesdurchschnitt 30 Kilogramm.

Dieses Problem beschreibt auch Johannes in seinem Kommentar, wenn er schreibt: "In der Praxis landet das meiste [des Verpackungsabfalls] logischerweise im Restmüll."

Dem BVSE ist nach eigenen Angaben deshalb besonders eines wichtig: Dass der Verbraucher den kürzesten Weg gehen und seine Verpackungen so einfach wie möglich abgeben kann.

In Bayern gibt es neben München noch in Rosenheim, in Teilen des Landkreises Ebersberg und im Landkreis Hof Containersammlungen von Leichtverpackungen. Sonst sind in Bayern überwiegend die gelbe Tonne oder der gelbe Sack verbreitet.

Was kostet mich die Entsorgung des Verpackungsabfalls?

Ein duales System wie der Grüne Punkt oder Veolia erhält von seinen Kunden - den Herstellern - eine Gebühr und bezahlt mit einem Teil davon Entsorgungsunternehmen, die den Abfall bei den privaten Verbrauchern einsammeln. Die Gebühr, die Hersteller an die dualen Systeme bezahlen, ist abhängig von Material, Menge und Größe. Der Grüne Punkt bekommt nach eigenen Angaben für einen Joghurtbecher zum Beispiel eine Gebühr von etwa einem halben Cent für die Entsorgung. Diese Kosten sind Teil der Preiskalkulation bei den einzelnen Herstellern und können an den Verbraucher weitergegeben werden.

Nachdem die Verpackung beim Verbraucher im Abfall landet, wird es dort von Entsorgungsunternehmen abgeholt - oder, wie in München, zu einem Container gebracht. Die Entsorgungsunternehmen werden von dualen Systemen beauftragt, die das Recycling des Abfalls organisieren. Das Verpackungsregister geht im Jahr von 900 Millionen Euro aus, die für die komplette Entsorgung - etwa für die Abholung, Sortierung und das Recycling - des Verpackungsabfalls aufgewendet werden.

Dass sich mit den Wertstoffinseln die Stadt und Entsorger aus der Verantwortung ziehen, so wie es Nutzer Johannes formulierte, sieht die Sprecherin des Verpackungsregisters nicht: "Die Stadt München hat ausdrücklich kein Holsystem gewollt, sie ist damit eine bundesweite Ausnahme. Aber auch hier wird der Abfall des privaten Endverbrauchers gesammelt." Und auch wenn Wertstoffe zu den Inseln gebracht und nicht vor den Haustüren abgeholt werden, entstünden zudem Kosten für die anschließende Sortierung und das Recycling.

Fazit: In München müssen die Bürger ihren Verpackungsabfall aus Plastik oder Alu zu Containern auf der Straße bringen, weil die Stadt sich gegen gelbe Säcke oder Tonnen entschieden hat. Ihr Argument: Die Sammlung auf den Wertstoffinseln sei sortenreiner. Experten sehen das zwar auch so - wenden aber ein, dass dafür deutlich weniger Leichtverpackungen im Recycling landen statt im Restmüll. Der Verbraucher zahlt dabei nicht direkt für die Entsorgung der Verpackungen - das tun die Hersteller. Diese aber können die Kosten dafür auf den Verbraucher umlegen.