Protest vor der iranischen Botschaft in Berlin

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Exil-Iraner besorgt über Politik in ihrer Heimat

Proteste, Ausschreitungen, Tote - viele Iraner demonstrieren gegen ihre Regierung und wehren sich gegen das System eines autoritären Gottesstaates. In Bayern lebende Iraner beobachten die Entwicklungen mit großer Sorge. Von Julia Kammler

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

München. Innenstadt. Nähe Hauptbahnhof: In einer kleinen Straße reihen sich persische Lebensmittelläden, Restaurants und Teppichhändler aneinander. Viele Geschäftsinhaber kommen aus dem Iran, haben Verwandte dort, sind beunruhigt. Was in ihrer Heimat passiert, empfinden sie als Katastrophe: die Gewalt gegen das Volk, die Korruption, die Arbeitslosigkeit, die Armut. Für die Proteste ihrer Landsleute zeigen sie Verständnis - allerdings wollen sie ihre Namen nicht öffentlich nennen.

Vermischung von Politik und Religion

Armut im eigenen Land auf der einen Seite. Auf der anderen ein Staat, der bewaffnete Gruppen in Nachbarländern unterstützt. Dazu kommt noch die starke Vermischung von Politik und Religion in dem islamischen Land.

Die Sozialpädagogin Nuschin Rawanmehr ist eine von schätzungsweise mehr als Hunderttausend Iranisch-stämmigen in Deutschland. Die 39-Jährige floh als Kind mit ihren Eltern aus der Heimat. Viele ihrer Verwandten leben in Teheran. Mit ihnen bangt sie in diesen Tagen. 

"Ja, ich bin einfach total besorgt, weil ich natürlich merke, wie verängstigt und in Sorge alle Menschen sind, die ich kenne und weil ich denke, dass solche Zustände auch keiner haben und ertragen möchte." Nuschin Rawanmehr, Iranerin

Der Kontakt zu Familie und Freunden sei nicht immer einfach, erzählt sie.

"Das war jetzt teilweise so, dass das Internet bei entsprechenden Kontakten und Leuten immer abgebrochen wurde, also blockiert wurde von Seiten der Regierung. Weil man es eben vermeiden wollte, dass das ein größeres Ausmaß annimmt außerhalb der Landesgrenzen." Nuschin Rawanmehr, Iranerin

Trotzdem bekommt Nuschin Rawanmehr so oft es geht Nachricht von ihren Verwandten:

"Ja, die erzählen halt immer andere Sachen als das, was öffentlich berichtet wird. Meistens das, was vor deren Haustüren passiert: Sie erzählen, dass viele Leute verhaftet wurden, dass es sehr gefährlich ist rauszugehen, weil es keine Sicherheit gibt, weil da viele Schlägereien sind und man einfach chaotische Zustände vorfindet." Nuschin Rawanmehr, Iranerin

Verständnis für die Proteste in der Heimat

Nuschin Rawanmehr, die auch Mitglied im Migrationsbeirat der Landeshauptstadt München ist, versteht die Menschen, die aufgebracht sind, ihre Rechte einfordern und sich gegen das System im Iran stellen.

"Meine Cousins sind relativ jung, die sind so siebenundzwanzig, fünfundzwanzig - sie haben studiert und haben jetzt halt auch diese Situation von Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit, und ich weiß von denen, dass sie auch rausgehen und auch mit ihren Freunden rausgehen. Ich weiß aber auch, dass Mütter mit ihren Kindern rausgehen und ältere Menschen - also es gehen alle Menschen raus, die unzufrieden sind mit der Regierung, und das sind fast alle." Nuschin Rawanmehr, Iranerin

Den Iran bezeichnet Nuschin Rawanmehr als Willkürstaat, der nichts von Rechtsstaatlichkeit hält. Rawanmehr hofft für ihr Heimatland auf einen baldigen Regierungsumsturz - und damit ist sie nicht allein.