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Die Pfarrerin von Veitshöchheim ist Pfarrer

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Die Pfarrerin von Veitshöchheim ist nun ein Pfarrer

Am Sonntag informierte Silke Wolfrum ihre Gemeinde in Veitshöchheim, dass sie nun ein Mann wird, dass aus der Pfarrerin damit ein Pfarrer wird. Die evangelische Landeskirche stehe zu ihr, auch der Kirchenvorstand habe ihr das Vertrauen ausgesprochen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am .

Die Pfarrerin von Veitshöchheim im Landkreis Würzburg ist seit Sonntag ein Pfarrer: im Gottesdienst informierte Silke Wolfrum die Gemeindemitglieder über ihre Geschlechtsanpassung. Zukünftig wird er als Pfarrer Finn Wolfrum Gottesdienste mit den etwa 3.000 evanglischen Christen in den Gemeinden Veitshöchheim, Thüngersheim und Güntersleben Gottesdienste feiern.

"Ich bin erleichtert, dass die Nachricht draußen ist. Ich freue mich total über die Solidarität, die ich heute Morgen gespürt habe - aus dem Kirchenvorstand, Kreis der Kollegen, meine Freunde hier vor Ort… Für mich persönlich kann ich sagen: Es ging mir noch nie so gut in meinem Leben, wie es mir jetzt geht. Ich komme an, bin endlich bei mir, spüre ganz tiefen Frieden, zuhause sein… Worte sind eigentlich zu klein, um zu beschreiben, was ich fühle!" Finn Wolfrum, evangelischer Pfarrer Veitshöchheim

Beruflich werde sich nichts ändern, freut sich Pfarrer Wolfrum. Die Landeskirche stehe zu ihm, der Kirchenvorstand habe ihm einvernehmlich das Vertrauen ausgesprochen.

"Ich kann in meinem Beruf als Pfarrer bleiben. Ein Beruf, den ich liebe, der mich erfüllt. Und ich kann hier in Veitshöchheim bleiben." Auch privat rechnet Finn Wolfrum nicht mit großen Änderungen:
"Ich höre nur auf einen anderen Namen, ich höre auf eine andere Anrede. Im Laufe der nächsten zwei Jahre wird sich mein Aussehen verändern. Aber ich bin der, der ich bin. Und das bin ich schon seit 46 Jahren". Finn Wolfrum, ehemals Silke Wolfrum

In psychotherapeutischer Behandlung ist der Pfarrer schon, eine hormonelle Behandlung und chirurgische Eingriffe stehen an. Parallel werde der Antrag beim Familiengericht auf Vornamensänderung und Personenstandsänderung eingereicht. Dies sei ein "unwürdiger Weg", denn transidente Menschen müssten zwei unabhängige psychiatrische Gutachten einreichen.

"Es gibt kein anderes Strafverfahren in Deutschland, wo mehr als ein Gutachten erforderlich ist. Da ist noch bisschen Arbeit vor uns." sagt Finn Wolfrum.

Kein normales Leben

Schon im Kindergarten erkannte Silke, dass "irgendwas anders, irgendwas falsch“ ist: "Alle Mädchen sollten ihre Lieblingspuppen mitbringen. Mein Problem war: ich hatte keine!" sagt Finn Wolfrum heute.

In der Schule war sie/er ein Außenseiter. Dennoch versuchte Wolfrum ein „Leben in klassischen Bahnen“ zu führen: "Ich war verheiratet. Die Ehe hat nicht funktioniert, weil ich zu sehr Mann war."

Vor 10 Jahren ging Silke Wolfrum zu einer Therapeutin. Diese beriet sie, als ob sie lesbisch wäre. Doch auf für ihre langjährige lesbische Partnerin war Wolfrum "zu sehr Mann." Der Pfarrer erkannte seine Transidentität: Vom Körper her war er eine Frau, vom Geist und Geschlechtsidentität her war er ein Mann. Pfingsten 2017 entschloss sich Silke/Finn, dem Versteckspiel ein Ende zu bereiten. Das Luther-Jahr spielte dabei eine Rolle. Luther stand 1521 vor dem Reichstag in Worms - auch vor einer Gewissensentscheidung. Er soll gesagt haben: 'Hier stehe ich, ich kann nicht anders.'

"Für mich war die Beschäftigung damit wegweisend. Zu sagen: Ich kann nicht anders. Ich kann nicht mehr zurück. Zurück geht nicht! Das würde ich nicht aushalten, das würde mich kaputt machen!" Finn Wolfrum, evangelischer Pfarrer Veitshöchheim

Pfarrer Finn Wolfrum wünscht sich für die Zukunft, "dass mir die Menschen weiterhin offen und ehrlich begegnen. Und dass ich weiter diesen Segen und dieses Angenommen-Sein spüren kann, was ich jetzt erlebe."