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Horst Seehofer

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CSU vor Machtwechsel: Seehofer im Schneckenhaus?

CSU vor Machtwechsel: Seehofer im Schneckenhaus?

Horst Seehofer hat sich rar gemacht in Fraktion und Landtag. Die Verletzungen der Vergangenheit scheinen nachzuwirken. Der Noch-Ministerpräsident schmolle, sagt so mancher CSU-Abgeordneter hinter vorgehaltener Hand. Von Sebastian Kraft

Am Mittwoch nicht in der Fraktion, am Donnerstag nicht im Landtag - Ministerpräsident Horst Seehofer macht sich im Bayerischen Landtag rar. Von einer Entfremdung zwischen ihm und der Fraktion sprechen viele, auch Verletzungen der Vergangenheit sollen eine Rolle spielen.

Quasi zwei Ministerpräsidenten und keiner ist am Donnerstag im Landtag wirklich da. Markus Söder hat sich vermutlich aufgrund der neuesten Berichterstattung rund um den GBW-Verkauf nicht so offensiv blicken lassen wie sonst üblich, war aber für die Fraktionsmitglieder trotzdem präsent: Am frühen Morgen war er bei einer internen Sitzung, am Nachmittag machte er in einem Nebenraum Fotos mit den CSU-Abgeordneten für den Landtagswahlkampf. Bildlich gesehen hat er damit die neue Zeitrechnung in der CSU eingeläutet, die für die meisten ohnehin längst angebrochen ist.

Keine Bindung mehr zu den CSU-Abgeordneten?

Formal ist Horst Seehofer vermutlich bis Mitte März noch Ministerpräsident, doch - wie so häufig in letzter Zeit - blieb sein Stuhl im Landtagsplenum auch am Donnerstag leer. Bisher hat das Seehofer immer mit seinem Wirken in Berlin begründet. Als er auf der CSU-Klausur in Banz nach den Sondierungen mit der SPD nur einen Tag bei der Fraktion blieb, argumentierte er, seine Staatskanzlei wieder auf Vordermann bringen zu müssen. Jetzt fehlte er erst am Mittwoch bei der Fraktionssitzung und am Donnerstag im Plenum. Nach einer Begründung wird gar nicht mehr groß gesucht, weil CSU-Abgeordnete längst hinter vorgehaltener Hand aussprechen: Er ist beleidigt, er schmollt, hat keine Bindung mehr zu den 100 Abgeordneten und ziehe sich in sein Schneckenhaus zurück - so wie immer, wenn es mal nicht läuft.

Das Verhältnis von Seehofer zur "Herzkammer" der Fraktion war ohnehin nie einfach. Doch jetzt, wo die Koalitionsverhandlungen in Berlin abgeschlossen sind, wird immer deutlicher: Im Machtkampf, wo Teile der Fraktion mehr oder weniger offensiv an seinem Stuhl gesägt haben, ist etwas zerbrochen, was nicht mehr zu kitten ist. Von Vertrauten sei ihm sogar nahe gelegt worden, am Donnerstag in den Landtag zu kommen - vergeblich. Weil er dies nicht tat, entsteht bei vielen der Eindruck, er habe mit seinem Amt als bayerischer Ministerpräsident, das er oft als das schönste der Welt pries, bereits abgeschlossen.

Kritik: kaum inhaltliche Impulse

Viele bemängeln, dass von Seehofer in den letzten Monaten kaum inhaltliche Impulse gekommen sind, auf den Tagesordnungen der Kabinettssitzungen fehlten große Themen. Für landespolitische Impulse sorgte seit Jahresbeginn vor allem Markus Söder, während Seehofer sich mit Repräsentationsterminen begnügte. Aber auch hier, wie am letzten Montag mit Vertretern der evangelischen Kirche, sei außer warmen Worten nicht viel herum gekommen, bemängelt ein Kabinettsmitglied.

Wunsch aus der CSU-Fraktion: frühere Übergabe an Söder

Viele in der CSU-Fraktion wünschen sich, dass Seehofer lieber heute als morgen an Söder übergibt. Doch der CSU-Chef hat unmissverständlich klar gemacht, den Mitgliederentscheid in der SPD am 4. März abzuwarten. Seehofers Versprechen war das erste Quartal 2018, als mögliche Termine bleiben somit nur noch die Plenartage am 14. März (Vereidigung) und 22. Mätz (Kabinettsumbildung). Theoretisch sind auch Sondersitzungen möglich.

Die Besonnenen in der CSU mahnen zur Ruhe, wünschen sich einen ordentlichen Umgang mit Horst Seehofer in seinen letzten Tagen als bayerischer Ministerpräsident. Das bedeutet, ihm auch die nötige Zeit für den Übergang nach Berlin zu geben. Die neu gewonnene Einigkeit dürfe nicht aufs Spiel gesetzt werden. Das diszipliniert wiederum diejenigen, denen es jetzt nicht schnell genug gehen kann. Seehofer bleibt so Herr des Verfahrens, auch wenn der Unmut unüberhörbar ist.