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Bürgerentscheid Moschee Kaufbeuren

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Bürgerentscheide können Moscheebauten nicht stoppen

Nachdem sich die Kaufbeurer in einem Bürgerentscheid gegen den Bau eines islamischen Gotteshauses ausgesprochen haben, suggerieren Islamgegner, Moscheebauten könnten per Bürgerentscheid verhindert werden. Ein Trugschluss.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Neben einem Reifenhändler und einem Chemiefaserkonzern steht ein moderner Bau, ganz in weiß mit viel Glas und großen, zuckerhutförmigen Fensterfronten. Die neue Moschee der türkisch-islamischen Gemeinde ist seit gut einem Monat im Industriegebiet West in Bobingen bei Augsburg eröffnet. Für viele Einheimische ist sie eine Sehenswürdigkeit, erzählt der Gemeindevorsteher Senol Isci: "Sie kommen spontan rein, dann schauen wir gemeinsam die Moschee an."

Islamgegner machen Stimmung gegen Moscheebau

Der Bau der Moschee wurde zuletzt auch von nichtmuslimischen Bürgern und den Kirchengemeinden unterstützt, vor allem als Islamkritiker gegen den Neubau Stimmung machten, sagt Aykan Inan, Landesbeauftragter der DITIB Südbayern: "Es war eine AfD-Demo angemeldet. Zum Glück haben die Kirchen und auch die Stadtgesellschaft eine Gegendemo organisiert, da mussten sie umkehren."

Dem Moscheebau gingen allerdings jahrelange Streitigkeiten voraus um den Bau eines Minaretts, auf das die Ditib-Gemeinde nun erst einmal verzichtet. Rund 15 neue Moscheen werden derzeit in Bayern gebaut, schätzt Aykan Inan. Die DITIB ist allein Bauherr von zehn laufenden Moschee-Neubauprojekten. Überall gebe es Probleme, trotz umfangreicher Informationsveranstaltungen im Vorfeld.

"Wir müssen immer wieder erleben, dass wir als Moscheegemeinde und auch die Bürgermeister und Stadträte immer mehr Anfeindungen ausgesetzt sind. Zum Beispiel in Regensburg stand die Bürgermeisterin sehr hinter dem Projekt und hat dann an einem Tag 10.000 Emails von Moscheegegnern bekommen." Aykan Inan, Landesbeauftragter der DITIB Südbayern

Automatisierte Hassmails

Oft sind das automatisierte Hassmails, die Politiker einschüchtern und den Eindruck erwecken sollen, hier laufe eine große Mehrheit Sturm gegen die Moscheen. Tatsächlich stecken oft kleine, aber gut organisierte islamfeindliche Gruppen dahinter, die inzwischen vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet werden.

Bezeichnend auch ein Vorfall wie der im schwäbischen Mindelheim: Auf der Baustelle eines Ditib-Neubaus stand dort kürzlich ein überdimensionales Pappschwein mit der Aufschrift: "Schweinerei am Volk vorbei". Mit völkischen Sprüchen wie diesem suggerieren die Islamgegner, Moscheeneubauten seien per se nicht rechtens. Falsch, sagt Elisabeth Merk, Stadtbaurätin in München und als solche mit der Planung und Genehmigung religiöser Bauten vertraut.

"Wenn im Grundgesetz die Religionsfreiheit verankert ist, haben alle Religionen natürlich das Recht, ihre Religion auszuüben und auch in angemessener Form." Elisabeth Merk, Stadtbaurätin in München

Religiöse Bauten: Kein Thema für Bürgerentscheide

Ob nun Moscheen, orthodoxe oder mormonische Kirchen - religiöse Bauten können grundsätzlich durch keinen Bürgergentscheid verhindert werden. Auch im Fall Kaufbeuren konnten die Bürger nur gegen die Vergabe des kommunalen Grundstücks an die DITIB abstimmen. Diese könnte ihr Projekt nun auf privatem Grund verwirklichen und hat dabei im Rahmen der Baufreiheit auch gestalterisch freie Hand.

In Großstädten wie München werden bei der Städteplanung sogar standardmäßig Flächen für die Religionsausübung reserviert. Die Gemeinschaften müssen sich die Grundstücke dann allerdings leisten können. Generell seien religiöse Bauten für die Stadtentwicklung enorm wichtig, sagt Elisabeth Merk: "Einrichtungen aller großer Religionen, sind von der Stadtentwicklung her positiv zu sehen, weil sie in der Regel auch eine soziale Infrastruktur, Nachbarschaftskonzepte mitbringen."

Vielleicht müssen Religionen sich noch mehr der Gesellschaft öffnen, regt Elisabeth Merk an: "Die Politik und wir können versuchen einen guten Rahmen dafür zu schaffen." Eigentlich gute Voraussetzungen auch für den Bau neuer Moscheen in Bayern. Dennoch sind viele Muslime im Freistaat ernüchtert, angesichts der feindlichen Stimmung, die vor Ort und vor allem im Netz gegen die Bauprojekte geschürt wird.