Fast eineinhalb Stunden – so lange dauerte heute die Verlesung der Anklageschrift im Fall um drei mutmaßliche Online-Betrüger. Schließlich sind es über 1.800 Betrugsfälle, die ihnen und weiteren Komplizen aus dem Frankfurter Raum zur Last gelegt werden. Für die drei jungen Männer im Alter von 20 und 21 Jahren startete heute der Prozess vor dem Würzburger Landgericht. Der Vorwurf, mit dem die seitenlange Anklageschrift schließlich endet: banden- und gewerbsmäßiger Betrug und der Missbrauch von Ausweispapieren.
Nicht vorhandene Ware verkauft: Beute von 900.000 Euro
Über die mittlerweile umfirmierte Plattform "eBay-Kleinanzeigen" soll die Bande aus dem Frankfurter Raum fast eine Million Euro erbeutet haben. Laut Anklageschrift inserierten die Beschuldigten hochpreisige Ware auf fremden Nutzerprofilen, erbrachten jedoch bei Bezahlung keine Gegenleistung. Die Zugangsdaten zu den Accounts sollen sie illegal erworben haben. Die weitere Kommunikation fand laut Informationen der Staatsanwaltschaft dann zumeist auf Whatsapp statt, sodass potenzielle Kunden nicht zu schnell misstrauisch wurden. Um darüber hinaus Vertrauen zu erwecken, sollen die jungen Männer sich zudem mit falschen Ausweisdokumenten ausgewiesen haben.
Beteiligten streben Verständigung zum 2. Prozesstag an
Die Beschuldigten äußerten sich am ersten Prozesstag nicht. Nach einer internen Unterredung zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigern gaben die Beteiligten jedoch bekannt, eine Verständigung anzustreben. Diese könnte zum zweiten Prozesstag am 11. Juli förmlich zustande kommen. Welchen Strafrahmen die Einigung umfassen könnte, ist jedoch nicht bekannt.
Je nach Strafrahmen: Bis zu zehn Jahren Haft denkbar
Laut Boris Raufeisen, dem stellvertretendem Pressesprecher am Würzburger Landgericht, hängt das Strafmaß auch davon ab, ob Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht Anwendung findet. Der Strafrahmen im Erwachsenenstrafrecht sieht eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vor, im Jugendstrafrecht wären es drei Monate bis fünf Jahre. Zum Tatzeitraum war einer der Männer unter 18 Jahre alt, die anderen beiden zwischen 18 und 20 Jahren. Bei Letzteren kann somit das Gericht entscheiden, welcher Strafrahmen Anwendung findet.
Geld verprasst – Opfer gehen wohl leer aus
Für die Opfer bedeutet der Prozess jedoch nicht, dass sie bald mit einer Rückzahlung ihres Geldes rechnen können. Tatsächlich räumt Gerichtssprecher Raufeisen ein, dass die Chancen dafür eher gering seien. Zwar besteht die Möglichkeit, wenn der Fall bei den Strafverfolgungsbehörden angezeigt wird. "Die Praxis lehrt jedoch, dass bei den meisten Straftätern nichts mehr zu holen sein wird", so Raufeisen. Der Schaden belaufe sich in den einzelnen Fällen auf niedrige dreistellige Summen. Zumeist wurden besonders nachgefragte Gegenstände wie Spielekonsolen und Küchengeräte inseriert.
Die Angeschuldigten selbst sollen das erbeutete Geld in großem Stil verprasst haben. In der Anklageschrift ist von Besuchen bei Prostituierten, Auslandsreisen, der Anmietung von Sportwagen der Oberklasse sowie dem Kauf teurer Markenkleidung die Rede.
Fahren ohne Führerschein wird zum Verhängnis
Zum Verhängnis wurde den nun Angeklagten wohl ausgerechnet eine Fahrt ohne Fahrerlaubnis. Laut Anklageschrift war einer der Beschuldigten im Mai 2021 in Würzburg ohne Führerschein erwischt worden. Dabei sei bei ihm ein Geldbetrag von 900 Euro aus den Warenbetrugstaten sichergestellt worden. Bei einer Wohnungsdurchsuchung am selben Tag wurden knapp 2.700 Euro aufgefunden. Erst nach und nach wurde ein weitläufiges Netz an Betrugstaten aufgedeckt. Unter anderem soll Geld auf zahlreiche Konten Dritter geflossen sein, die diese wohl gegen Bezahlung für die Frankfurter Bande eröffnet haben.
Urteil Ende Juli zu erwarten
Für den Prozess vor dem Würzburger Landgericht sind bislang fünf weitere Verhandlungstage bis Ende Juli anberaumt. Aufgrund der großen Zahl an Anklagepunkten sollen Zeugenaufnahmen lediglich beispielhaft erfolgen. Zu den nächsten Terminen sind hierfür Personen geladen, die Konten für die mutmaßlichen Betrüger eröffnet haben sollen. Zum Teil sollen auch Geschädigte aussagen. Im Falle einer Verständigung kommt auch eine Verkürzung des Verfahrens infrage.
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