Auf einem kleinen Feld in Birkhausen testet Bio-Bauer Dominik Spegel den Anbau von Erdnüssen - als einer der ersten in Deutschland
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Auf einem kleinen Feld in Birkhausen testet Bio-Bauer Dominik Spegel den Anbau von Erdnüssen - als einer der ersten in Deutschland.

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Alternative im Klimawandel? Landwirt testet Anbau von Erdnüssen

Erdnüsse wachsen da, wo es warm ist: in Brasilien oder in Afrika. Aber auch im Nördlinger Ries hat angesichts des Klimawandels ein Bio-Bauer zumindest einen Versuch gestartet. Die niedrigeren Temperaturen sind dabei nicht die einzige Herausforderung.

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"Heute ist der große Tag, jetzt probieren wir, ob wir die Erdnüsse vernünftig aus der Erde bringen", sagt Landwirt Dominik Spegel. Es ist Ende Oktober. Auf dem Erdnuss-Feld muss der Bio-Bauer improvisieren: Weil es hierzulande keine Erntemaschinen für Erdnüsse gibt, will er es mit einem Roder für Kartoffeln probieren. Es ist nicht die einzige Herausforderung bei dem Versuch, subtropische Erdnüsse im gemäßigten Klima Bayerns anzubauen.

Die Erdnüsse als Chance im Klimawandel

Fünf Monate zuvor, es ist Mitte Mai. Dominik Spegel kniet in der prallen Sonne auf seinem Feld und gräbt mit seinen Händen vorsichtig die krümelige Erde zur Seite. Kleine, hellgrüne Blätter tauchen auf. Hier in Birkhausen, ganz im Norden Schwabens, keimen Erdnüsse. "Wir sind ja mal ohne große Erwartungen an das Thema herangegangen und wollen ein bisschen was ausprobieren", sagt der Landwirt. Durch den Klimawandel wolle er sich frühzeitig Gedanken machen, was er in Zukunft anbaue, so Spegel. Dabei geht es um die Frage, welche Feldfrüchte in heißen Sommern noch genug Ertrag liefern. Die wärmeliebende Erdnuss könnte eine Chance sein. Bisher wird sie vor allem in den USA, Brasilien oder in Afrika angebaut – und jetzt auch im Nördlinger Ries. Wobei es heuer erst ein Versuch auf 1.000 Quadratmetern ist. Für Landwirte ist das eine relative kleine Fläche.

Rückschlag im Juni: "Wir fangen bei null an!"

Doch schon im Juni gibt es einen Rückschlag: Auf dem Feld sind nur noch ein paar abgestorbene Pflanzenreste zu sehen. Ende Mai gab es doch noch die eine Nacht, die zu kalt war für die Erdnüsse. "Wir sind mit der Egge drüber, haben alles niedergemacht und fangen jetzt noch mal bei null an", sagt der Bio-Bauer. Das warme Wetter im Mai sei zu verlockend gewesen, die Erdnüsse doch schon relativ früh auszusäen. Er startete also einen zweiten Versuch mit einer erneuten Aussaat. Damit war aber auch klar, dass die Ernte weiter in den vielleicht schon kalten Herbst rücken würde.

Die Erdnüsse wachsen, aber auch das Unkraut

Abgesehen von der Wärme, die die Erdnüsse lieben, ist die Pflanze ziemlich unkompliziert. Sie zählt, wie zum Beispiel Erbsen, zu den Leguminosen. Diese Pflanzen haben die Fähigkeit, Stickstoff aus der Luft zu binden. Düngen muss Dominik Spegel seine Erdnüsse deshalb nicht. Das einzige Problem: Unkraut. Als Bio-Bauer darf der Landwirt keine chemischen Unkrautvernichter spritzen. Zwischen den schnurgeraden Reihen mit Erdnüssen lässt sich mit dem Traktor zwar eine große Unkrauthacke ziehen, aber innerhalb der Reihen, also zwischen den einzelnen Pflanzen, muss das Unkraut – wie bei vielen Bio-Feldfrüchten – wie daheim im Garten mit der Hand gehackt werden. Das verteuert den ökologischen Anbau.

Schülerinnen und Schüler helfen beim Unkrauthacken

Ungewöhnliche Hilfe bekommt der Landwirt dann ausnahmsweise von der Klasse 7d des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Nördlingen. Mehr als 20 Schülerinnen und Schüler arbeiten mit einer Unkrauthacke in der Hand zwischen den Erdnüssen. Projekttage mit Praxisbezug: Die Schüler beschäftigen sich mit Nachhaltigkeit und besuchen deshalb den Bio-Hof von Dominik Spegel: "Wenn ich nur einen Vortrag halte, hat die Hälfte nach einer halben Stunde vielleicht schon abgeschaltet, aber so bekommen sie ein Gespür für den Boden, und wie schwer die Arbeit sein kann." Und gemeinsam ist die Arbeit nach einer knappen Stunde auch schon erledigt. "War eine schöne Erfahrung!" und "War gut, aber anstrengend", so das Fazit zwei der Schüler am Ende.

Erster Erdnuss-Versuch auch bei der Landesanstalt für Landwirtschaft

Laut seinem Ökoanbau-Verband ist Dominik Spegel der erste Demeter-Landwirt in Deutschland, der Erdnüsse anbaut. Im Supermarkt sucht man Erdnüsse aus Deutschland bisher vergeblich. Das könnte sich in einigen Jahren ändern. Auch die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) sieht in der Erdnuss Potenzial. Schon im vergangenen Jahr gab es dort einen Anbau-Versuch – auf 100 Quadratmetern und damit deutlich kleiner als bei Landwirt Dominik Spegel. Aber das Ziel bei der LfL ist klar: "Wir sind auf der Suche nach neuen Kulturarten für die bayerische Landwirtschaft und bringen Kulturarten aus anderen Gebieten nach Bayern und schauen, ob die wachsen. Wir haben eine Klimaveränderung und wollen eine diverse Landwirtschaft, deshalb schauen wir, was so geht", sagt Klaus Fleißner von der Landesanstalt für Landwirtschaft. Wenn man die Anbaumethode noch verfeinere, könne die Erdnuss für die Landwirte durchaus eine Alternative sein, so das Fazit bei der LfL.

Ernte mit der Hand ist mühsam

Um die richtige Anbaumethode geht es auch bei Dominik Spegel. Weil es Erdnuss-Erntemaschinen hierzulande nicht gibt, kommt Ende Oktober der kleine Kartoffelroder zum Einsatz. Der hebt die Pflanzen aus der Erde und bringt die Nüsse an die Oberfläche. Denn wie der Name schon sagt: Die Erdnüsse wachsen unter der Erde. Doch so ganz perfekt klappt das noch nicht. "Vielleicht schüttelt die Maschine die Pflanzen zu arg aus. Hier sieht man, wie die Nüsse abgerissen werden", sagt Dominik Spegel. Sie müssen in der jetzt aufgelockerten Erde per Hand gesucht werden. Auch der Rest der Ernte ist Handarbeit. Die Erdnüsse müssen einzeln von den Pflanzen gepflückt werden.

Das Ergebnis: Knapp 40 Kilo Erdnüsse

Erst das Unkrauthacken und jetzt die Ernte per Hand. Der Erdnuss-Anbau braucht viele Helfer – und das ist teuer. "Wenn man den Anbau wirtschaftlich betreiben will, muss das alles professioneller sein, das ist uns klar", sagt Dominik Spegel. Erntemaschinen für die Erdnüsse gehören in den USA zum Alltag. Aber so eine Investition lohnt sich eben nicht für ein kleines Versuchsfeld. Am Ende kommen auf den 1.000 Quadratmetern knapp 40 Kilo Nüsse zusammen. Unter optimalen Bedingungen, im günstigen Klima, hätten es bis zu 300 Kilo auf einer gleich großen Fläche sein können. "Dafür, dass das ein Versuch war, sind wir in Summe zufrieden. Es war nicht alles ideal, aber wir werden über die Jahre lernen", sagt der Landwirt.

Bio-Bauer sucht sich Nischen auf dem Lebensmittel-Markt

Denn der Bio-Bauer will mit den Erdnüssen weitermachen. Das liegt auch daran, dass sein Hof vergleichsweise klein ist. Dominik Spegel sieht sich genau an, für welche Produkte am Markt Bedarf besteht. So stieg er vor drei Jahren erst in die Haltung von Legehennen ein und sorgte mit einer 40 Meter langen Brücke für seine Hühner für Aufsehen. Auf den Auslaufflächen für die Legehennen wachsen nun Haselnuss-Sträucher. Denn Nüsse aus heimischer Produktion sind Mangelware. Die Erdnüsse passen laut Dominik Spegel deshalb gut zu seinem Hof. Vielleicht investiert er sogar in eine eigene Maschine zum Rösten der Hasel- und Erdnüsse.

Erdnüsse im nächsten Sommer in Erddämmen anbauen

Doch bis es soweit ist, dauert es noch. Mit den Erfahrungen aus diesem Jahr will der Landwirt im nächsten Sommer wieder Erdnüsse anbauen. Eine Idee zur Verbesserung hat er schon: Die Erdnüsse in Erddämmen anpflanzen, wie es bei Kartoffeln üblich ist. Und die Dämme mit einer Maisstärke-Folie abdecken. Die hält das Unkraut in Schach und die Temperaturen im Erddamm gehen schneller hoch. Weil die Folie aus Maisstärke und nicht aus Plastik besteht, zersetzt sie sich nach dem Anbau und belastet die Umwelt nicht. Und vielleicht gibt es dann irgendwann Erdnüsse aus Schwaben im Supermarktregal.

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