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Von Sommer- auf Winterzeit Zeitumstellung am 29. Oktober – So klappt's leichter!

Es ist ein anstrengendes Hin-und-her: Am 29. Oktober stellen wir wieder die Uhren um – von der Sommerzeit auf die Winterzeit, also die Normalzeit. Welchen Einfluss hat eine solche Umstellung? Was kann man tun, um den verschobenen Rhythmus gut zu verkraften?

Von: Julia Richter

Stand: 20.10.2023

Jedes Jahr drehen wir an der Uhr – im Sommer vor und im Herbst zurück. Dieses Mal stellen wir die Uhren am 29. Oktober in der Nacht um 3 Uhr auf 2 Uhr zurück. So können wir morgens eine Stunde länger schlafen. Was sich damit ändert: Morgens ist es im Winter früher hell und abends früher dunkel.

Zeitumstellung 1980 beschlossen, um Energie zu sparen

Ursprünglich wurde die Umstellung 1980 beschlossen, um Energie zu sparen. Mittlerweile weiß man, dass das nicht stimmt. Die EU hat 2019 die Abschaffung der Umstellung beschlossen, doch seit der Pandemie liegt das Projekt auf Eis. Dabei befürwortet laut EU-Umfrage eine klare Mehrheit der Bürger das Ende der Zeitumstellung.

Besonders Familien mit Kindern und Jugendliche leiden, etwa Familie Fabre mit ihren zwei Kindern. Für Mutter Andrea ist es jeden Morgen ein Kampf, bis sie alle endlich wach hat.

"Im Sommer ist es total nervig. Ich hab zwei Nachteulen zu Hause, die morgens sowieso super schlecht aus dem Bett kommen. Und im Sommer merkst du, es fehlt eine Stunde. Da musst du fünf Mal klopfen, und es kommt keiner in die Pötte. Jedes Mal kommen wir zu spät in die Schule. Das ist wirklich ein Drama bei uns."

Andrea Fabre, Mutter

Die geschilderten Probleme haben viele – das zeigt eine Umfrage im Auftrag der DAK aus dem Jahr 2021: Demnach gab ein Viertel an, nach der Zeitumstellung schon einmal gesundheitliche Probleme gehabt zu haben. Rund 85 Prozent der Befragten waren müde und abgeschlagen, 70 Prozent hatten in der Folgezeit Einschlafprobleme. Fast jeder Zweite konnte sich schlechter konzentrieren.

Die innere Uhr: Warum wir unter sozialem Jetlag leiden

Deutschlands bekanntester Chronobiologe weiß, wie wir ticken. Prof. Dr. Till Roenneberg sagt: Die Umstellung macht uns krank, weil unsere innere Uhr im Körper dabei gar nicht mitspielt.

"Diese innere Uhr richtet sich, um sich zu stellen, nur nach Licht und Dunkelheit und nicht nach irgendwelchen Zeigern auf irgendwelchen Uhren. Deshalb werden wir im Frühjahr, wenn man die Uhren umstellt, letztendlich ohne dass wir München verlassen, nach Moskau zum Arbeiten verfrachtet. Und das dürfen wir dann im Herbst wieder aufhören."

Prof. Dr. Till Roenneberg, Zentrum für Chronobiologie, LMU Klinikum, München

Unser Taktgeber ist also unsere innere Uhr: Jede Zelle des Körpers besitzt diese eine innere Uhr. Sie bestimmt, ob wir wach oder müde sind. Klaffen innere und äußere Uhr auseinander, entsteht ein sozialer Jetlag – und der hat Folgen.

Studien zeigen, dass es kurzfristig Effekte gibt:

  • So gaben viele der Befragten an, nach der Umstellung gereizter und schlechter gelaunt zu sein.
  • Viele sind unkonzentrierter und weniger leistungsfähig.
  • Statistiken konnten zeigen, dass es vermehrt zu Unfällen kam.
  • Andere Statistiken konnten belegen, dass es nach der Umstellung verstärkt zu Behandlungsfehlern von Ärzten kam, vor allem im Frühjahr.

"Es ist tatsächlich ein Stress. Der verkürzte Schlaf und die Störung führen dazu, dass die Katecholamine – also Adrenalin und Noradrenalin – ansteigen können. Das kann den Blutdruck verändern, das kann das Herzinfarkt-Risiko steigern und zu Immunphänomen und vermehrter Infektneigung führen. Vermehrte Krankschreibungen gibt es auch. Verdauungsprobleme – all das kann als kurzfristiger Effekt auftreten."

Prof. Dr. med. Harald Schneider, Zentrum für Endokrinologie und Stoffwechsel, München

Eine Studie der Universität Lübeck unter Leitung von Prof. Dr. Oster konnte zeigen, dass etwa in den Tagen nach der Zeitumstellung – vor allem im Sommer – die Krankschreibungen wegen chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen zunehmen. Oster und seine Kollegen haben dazu einen großen Patinten-Datensatz über eine längere Zeit ausgewertet.

Wer ist besonders betroffen?

Manche Menschen sind nach ein paar Tagen wieder fit, aber nicht alle: Denn es gibt unterschiedliche Chronotypen. Am extremsten sind die sogenannten Lerchen – diese Frühtypen sind abends eher müde und morgens früher wach. Eulen schlafen gerne später ein, morgens dafür länger. Dazwischen gibt es noch die sogenannten Tauben, die sind "zwischen" diesen beiden Extremen. Generell sind mehr Menschen "Spättypen" als Frühtypen in Deutschland.

"Wenn wir biochemisch messen, wie sehr sich Leute umstellen, dann stellen wir fest, dass die meisten Leute sich gar nicht umstellen. Und das ist natürlich für Spättypen am extremsten, denn die sind ja innerlich auch schon sehr spät dran, und die stellen sich nicht um, und haben jetzt zusätzlich noch eine Stunde auf dem Buckel mit der sie zurecht kommen müssen."

Prof. Dr. Till Roenneberg, Zentrum für Chronobiologie, LMU Klinikum, München

Ein Problem: Ist es abends länger hell, verzögert sich die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin – viele kommen kaum ins Bett. Darunter leiden vor allem Teenager wie Sidonie. Für die Nachteule klingelt der Wecker immer zu früh, vor allem im Sommer: "In der Sommerzeit fühle ich mich müder als im Winter. Ich bin am Morgen, wenn ich früh aufstehe, meistens ziemlich grummelig. Wenn man mir sagen würde, ich soll um 9 Uhr das Licht ausmachen, dann würde das einfach nicht klappen, weil ich einfach weiterlesen muss. Ich lese ultra gerne, die Bücher fesseln mich dann auch immer, und ich kann einfach nicht aufhören."

Heute weiß man: Das ist ganz normal – mit Faulheit, hat das nichts zu tun. Die Jugendlichen können biologisch gar nicht aus ihrer Haut.

"Jugendliche haben eine innere Uhr, die über die gesamte Kindheitsentwicklung hinweg immer später geworden ist und ihren Spätheits-Gipfel so mit 20 Jahren erreicht. Die Biologie dieser Jugendlichen, die Uhren dieser Jugendlichen, machen bei dieser Uhrenumstellung nicht mit. Deswegen müssen die praktisch mitten in der Nacht aufstehen. Das kann ein Erwachsener, dessen innere Uhr etwas früher dran ist, nur verstehen, indem man ihn – den Lehrer zum Beispiel – um drei Uhr in die Schule jagt und sagt, jetzt mach mal einen Unterricht." Prof. Dr. Till Roenneberg, Zentrum für Chronobiologie, LMU Klinikum, München

Aber auch für alle, die generell Schwierigkeiten mit dem Ein- und Durchschlafen haben, ist die Umstellung eine zusätzliche Belastung. Immerhin leidet etwa jeder Zehnte in Deutschland unter chronischen Schlafproblemen. Für diese Patienten ist die Umstellung eine besondere Herausforderung.

Was würde eine dauerhafte Sommerzeit bedeuten?

Experten zufolge wäre eine dauerhafte Sommerzeit tatsächlich problematisch: "Wenn wir eine dauerhafte Sommerzeit hätten, dann haben wir diese ganzen Stoffwechselprobleme eben früher und verstärkt, das heißt: mehr Übergewicht, mehr Diabetesrisiko, mehr Krebsrisiko und ein kürzeres Leben", sagt Professor Schneider.

Auch der Schlafforscher Till Roenneberg warnt vor einer dauerhaften Sommerzeit: "Wenn wir zu falschen Zeiten schlafen müssen, und jetzt nicht sieben sondern zwölf Monate, dann essen wir zu den falschen Zeitpunkten, wir schlafen zu kurz und das ist wirklich die Gesundheit mit Füßen treten."

Unsere Tipps für den Übergang

Gerade im Sommer gilt: Am besten die "innere Uhr" unterstützen, indem man morgens raus ans Tageslicht geht und sich bewegt. Abends sollte man Licht meiden, vor allem blaues. Wer sehr empfindlich ist, kann in den Tagen vor der Umstellung jeden Tag etwas früher ins Bett gehen, um den Übergang "sanft" zu gestalten – außerdem am besten auf einen Mittagsschlaf verzichten. Und jetzt im Herbst einfach genießen, dass man wieder eine Stunde länger schlafen kann!

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