Gospel-Chöre und Soul-Vibes prägen dieses außergewöhnliche Hip-Hop-Album. Es ist die Platte, die das Werden und Wachsen von Killer Mike zeigt. Sie erzählt vom Vertrauen, das er von seinen Großeltern, seinen Eltern und der Gemeinde, in der er aufwuchs, bekam.

Ein zentrales Stück auf dem Album ist dabei „Run“. Geschrieben für all die namenlosen schwarzen Sklaven, die sich auflehnten und starben. Der Song beginnt mit einem Monolog des umstrittenen Comedians Dave Chappelle, der diese harte „Black Experience“ mit dem Sturm auf die Strände der Normandie im Zweiten Weltkrieg vergleicht. Für Killer Mike eine Verbeugung vor den Helden, die sein Land, zu dem gemacht haben, was er in seiner Erziehung zu hören bekam: „Helfe mit, dass die Welt ein besserer Ort wird“.

„Sucht jeden Tag zehn wunderbare Dinge in eurem Leben“

„Michael“ ist die Platte, die helfen will, dass wir uns trauen, uns an diesem positiven Weg zu beteiligen. Laut Killer Mike zeigt sie den Kampf, den seine Leute geführt haben, aber auf eine positive und Mut machende Art und Weise. „Ich höre immer wieder: ‚Egal, was uns auch an Gutem passieren mag, es gibt mindestens zehnmal so viel Schlechtes auf der Welt.‘ Auch deshalb gebe ich euch eine Herausforderung mit: Sucht jeden Tag zehn wunderbare Dinge in eurem Leben. Und lauft mit dem Kopf durch die Wand. Für eure Ziele“, sagt er.

Im Gegensatz zu seinem Duo Run The Jewels sind an Killer Mikes Solo-Album verschiedene Produzenten und viele Gast-Rapper und Sängerinnen am Werk. Zum Beispiel André 3000 von OutKast, die im Jahr 2000 Killer Mike auf ihrer Stankonia-LP erstmals gefeatured hatten. Wenn Killer Mike über seine Solo-Platte spricht, dann klingt er wie ein Prediger, der seine Gemeinde, seine Gläubigen mitreißen will. Und wie das funktionieren kann, das weiß er: der Song „Slummer“. Er fußt auf einem Sample eines alten Carpenters-Songs, der von einem kalifornischen Kirchen-Chor gecovert wurde. Michael Render aka Killer Mike klingt wie besessen, um den Zweifelnden Mut zuzusprechen. Seine Erklärung: „Um geboren zu werden, hast du den Kampf des Lebens auf dich genommen. Du musstest dich gegenüber, sagen wir, 23 Millionen anderen Samenzellen deines Vaters durchsetzen. Aber du wolltest eben gewinnen, du hast ums Geboren-Werden gekämpft. Das zeigt doch schon, dass du zäh genug bist. Ich mag es, wenn Menschen um mich sind, die aufgeregt sind, weil sie am Leben sind und Dinge anstoßen können.“

Ein Mann mit genug Charisma, um die Politik in den USA zu verbessern

„Ich erinnere mich noch an die Tage, als ich gerade mal den Mindestlohn verdient habe, ich setze mich für Veränderung ein“, rappt Killer Mike im Song „Exit 9“. Je länger man die Platte hört, desto mehr freut man sich, dass es so positive Künstler wie Killer Mike gibt. Und man fragt sich schon, was Bernie Sanders wohl gerade treibt? Killer Mike hatte ihn als demokratischen Kandidaten unterstützt. Und andererseits: was wohl politisch passiert wäre, wenn Sanders tatsächlich Kandidat, geschweige denn Präsident geworden wäre? Und dann mit Killer Mike, diesem Rapper, Sohn eines Polizisten und einer Floristin aus Atlanta, der genug Charisma und Überzeugungskraft hat, um die Politik in den USA zu verbessern. Das fragt sich Killer Mike manchmal selbst: „Es gibt einen Kampf, der jeden Tag mit uns geführt wird. Ich kann dir nicht sagen, warum gerade ich es als schwarzer Mann geschafft habe. Ich weiß nicht, warum mein Kumpel Rudolph dagegen schon mit 19 sterben musste. Ich weiß nicht, warum meine Mutter, die mich mit 16 bekam und mich nicht großziehen konnte, mich an ihre Mutter weitergab, während sie anderen jungen Menschen half, die auf der Straße leben mussten. Ich habe dafür keine Antworten, aber eines weiß ich: wenn ich aufgegeben hätte, wäre ich im Dreck stecken geblieben und hätte es nicht geschafft“.

Die klarste Stimme im US-Hip-Hop

Der musikalische Höhepunkt von Killer Mikes Mission ist für mich „Don´t Let The Devil“, bei dem sein Run The Jewels-Kollege El-P mitgeholfen hat: mit einem 60er-Jahre-Soul-Sample und einer weiteren klaren Botschaft: „Die Platte steht für unseren Kampf gegen das Böse. Und am Ende gewinnen für. Nicht so wie in all den Filmen, in denen am Ende die Guten im Kampf sterben müssen. Ich glaube das ganz ehrlich: am Ende wird das Gute das Böse besiegen“, sagt Killer Mike.          

Killer Mike ist mit seinem Duo Run The Jewels die klarste politische Stimme im US-Hip-Hop. Bei seinem ersten Solo-Album seit über zehn Jahren lernen wir nun den Menschen Michael Render besser kennen, sind einmal mehr angetan, welche Energie und Leidenschaft er ausstrahlt. Und merken, dass der private Michael Render mindestens so politisch ist wie seine Rap-Figur „Killer Mike“. Sein Album „Michael“ ist schon jetzt eines DER Rap-Statements des Jahres.